Gedenken an DDR-Volksaufstand vor 60 Jahren
17. Juni 2013In einer offiziellen Feierstunde hat Deutschland der Opfer des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 gedacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) legte mit weiteren hohen Repräsentanten des deutschen Staates auf dem Berliner Friedhof Seestraße Gedenkkränze nieder. Zum 60. Mal jährt sich die blutige Niederschlagung des DDR-Volksaufstands durch sowjetische Panzer. In mehr als tausend Betrieben und Genossenschaften hatten am Morgen des 17. Juni 1953 die Mitarbeiter ihre Arbeit niedergelegt. Hunderttausende Bürger schlossen sich dem Protest an und forderten Freiheit und Demokratie. Innerhalb weniger Stunden entwickelte sich der Aufstand zum Massenprotest gegen die politische Führung des Arbeiter- und Bauernstaates. Die sozialistische Regierungspartei SED ließ Panzer anrollen und schlug den Aufstand mithilfe der Truppen der sowjetischen Besatzungsmacht brutal nieder. Zahlreiche Demonstranten wurden getötet.
"Politisch war die DDR damals am Ende“
Die Bundeskanzlerin hob in Anwesenheit von Zeitzeugen hervor, dass die DDR damit kaum vier Jahre nach ihrer Gründung politisch bereits am Ende gewesen sei. "Dieser Tag sollte zeigen, dass sich das System nur mit Gewalt und Unterdrückung aufrechterhalten ließ.“ Die unterdrückte Freiheit vom 17. Juni 1953 könne deshalb auch nachkommenden Generationen eine Ahnung davon geben, welcher Schatz ein Leben in Freiheit und in freier Gestaltung sei, sagte Merkel. Auch für Repräsentanten des Staats trage dieser Aufstand eine Botschaft in sich, betonte Merkel. So müsse sich staatliches Handeln stets vor den Bürgern legitimieren, immer wieder von Neuem. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erinnerte bei der Gedenkveranstaltung daran, dass in Berlins Innenstadt tags zuvor im Gedenken an die Opfer ein zentraler Platz des damaligen Aufstandes umbenannt wurde. "Mit dem Namen ‚Platz des Volksaufstandes von 1953’ bezeugt Berlin all jenen tiefen Respekt, die vor 60 Jahren gegen Diktatur und Unterdrückung und für Freiheit und Selbstbestimmung demonstriert haben“, sagte Wowereit.
Neben der Bundeskanzlerin und dem Regierenden Bürgermeister von Berlin nahmen auch weitere hohe Repräsentanten des Staats teil, darunter Bundespräsident Joachim Gauck und die Präsidenten von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht. Zum stillen Gedenken platzierten sich alle Vertreter vor die in schwarz-rot-goldenen Nationalfarben geschmückten Kränze und hielten inne. Auf dem Friedhof im Stadtteil Wedding ist neben Einzelgräbern und einer Kriegsgräberanlage für Opfer des Nationalsozialismus ein Sammelgrab für elf Todesopfer des Aufstands vom 17. Juni zu finden. Noch am selben Tag lud Bundespräsident Joachim Gauck Zeitzeugen des Volksaufstandes in seinen Amtssitz Schloss Bellevue zu einem gemeinsamen Mittagessen ein.
Mehr Raum für Erinnerung
Bereits am vergangenen Freitag (14.06.2013) hatte der Deutsche Bundestag mit einer Feierstunde an die Ereignisse vom 17. Juni erinnert. Es sei damals "um nichts weniger als um die Freiheit" gegangen, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert. Der 17. Juni 1953 sei damit "ein Schlüsseldatum der europäischen Geschichte". Er sei Anfang zahlreicher Aufstands- und Freiheitsbewegungen gewesen: in Ungarn, der Tschechoslowakei, in Polen und letztlich auch der DDR mit dem Fall der Mauer 1989. Bundespräsident Joachim Gauck, der den Volksaufstand in der DDR als 13-jähriger in Rostock erlebte, sagte in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag, der 17. Juni 1953 sei mehr als ein Arbeiteraufstand gewesen. "Der Aufstand entsprang der millionenfach empfundenen Wut über Unrecht und unhaltbare Zustände - Arbeiter im Blaumann folgten ihm genauso wie Studenten, Landwirte und Hausfrauen."
Gauck regt an, den 17. Juni als Symbol der Freiheitstradition aus der "Erinnerungsreserve" herausholen. Er wünsche sich, "dass das Wissen über den 17. Juni in der DDR zum Allgemeingut aller Deutschen wird und dieser Tag damit jene Anerkennung erfährt, die ihm als Volksaufstand gebührt". Dem Tag, der vor dem Fall der Mauer in der Bundesrepublik ein Feiertag war, sollte im Sinne eines "Denktages" in Schulen und Bildungseinrichtungen wieder mehr Raum gegeben werden. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, sprach sich dafür aus, den 17. Juni wieder zu einem regulären gesetzlichen Feiertag zu machen. Es sei ein Fehler gewesen,den Feiertag abzuschaffen, sagte Jahn einer deutschen Tageszeitung.