Polens Parlament bestimmt Tusk zum künftigen Regierungschef
11. Dezember 2023Polens Parlament hat den bisherigen Oppositionsführer Donald Tusk zum künftigen Ministerpräsidenten bestimmt. Für den Chef der liberal-konservativen Bürgerkoalition (KO) stimmten 248 der 449 anwesenden Abgeordneten. Dessen Dreier-Bündnis zusammen mit dem Dritten Wege und der Neuen Linken hat seit der Wahl vom 15. Oktober die Mehrheit im Parlament in Warschau. Am Montagnachmittag hatte der amtierende Ministerpräsident Mateusz Morawiecki - erwartungsgemäß - eine Vertrauensabstimmung im Parlament verloren.
Morawieckis nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte trotz der veränderten Machtverhältnisse in der Volksvertretung zunächst den Auftrag zur Regierungsbildung von Präsident Andrzej Duda erhalten. Dieser stammt ebenfalls aus den Reihen der PiS und ist ein Gegner des Regierungswechsels. Bei der Vertrauensfrage erhielt Morawiecki jedoch nur 190 Stimmen, während 266 Abgeordnete gegen ihn votierten.
Mit dem Machtwechsel hin zu Tusk könnte auch ein jahrelanger Streit zwischen der Europäischen Union und Polen etwa über die umstrittene Justizreform und die Zuteilung von eingefrorenen EU-Mitteln in Milliarden-Höhe zu Ende gehen. Der 66-jährige Tusk war bereits von 2007 bis 2014 Ministerpräsident sowie von 2014 bis 2019 Präsident des Europäischen Rates und hat deshalb noch gute Kontakte nach Brüssel. Er hat wiederholt betont, er wolle Polens Position in Europa "wieder aufbauen". Tusks politische Gegner werfen ihm allerdings vor, ausländische Interessen über die Interessen Polens zu stellen.
"Im Widerspruch zur polnischen Verfassung"
Parallel zur Machtprobe im Warschauer Parlament wurden vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen Polen verhängte Zwangsgelder vom polnischen Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Die Zwangsgelder wegen der umstrittenen Justizreform und nicht eingehaltener Umweltauflagen beim Kohle-Abbau stünden "im Widerspruch zur polnischen Verfassung", hieß es zur Begründung. Das Verfassungsgericht steht unter dem Einfluss der nationalkonservativen PiS. Der Europäischen Kommission zufolge erfüllt es nicht mehr die Anforderungen an eine unabhängige Justiz. Grund für diese Einschätzung war unter anderem ein Urteil von 2021, bei dem die Richter den Vorrang von Europa-Recht gegenüber nationalem Recht infrage gestellt hatten.
sti/wa (afp, dpa, rtr)
Redaktionsschluss 20.45 Uhr (MEZ). Dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert!