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Petersberger Klimadialog: Löst Corona Klimakrise?

27. April 2020

Der Petersberger Klimadialog ist diesmal virtuell. Minister und Experten aus 30 Ländern diskutieren in Videokonferenzen wie Corona- und Klimakrise zusammen gelöst werden können. EU und China könnten Führung übernehmen.

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Petersberger Klimadialog: Bundesumweltministerin Svenja Schulze auf der Pressekonferenz
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

"Die Corona-Pandemie erlaubt kein business-as-usual, auch nicht in der Klimapolitik. Zugleich macht diese Krise einmal mehr deutlich, wie wichtig multilaterale Zusammenarbeit ist", sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze zum Auftakt des Petersberger Klimadialog, der am Montag begann und Dienstag Nachmittag endet. 

Schulze wirbt auf der Konferenz die weltweiten Starthilfen nach der Corona-Krise mit der Lösung der Klimakrise zu verbinden. "Ich möchte, dass wir den anstehenden Neustart mit einem Update für unsere Volkswirtschaften verbinden. Ein Update, das unsere Volkswirtschaften moderner und klimaverträglicher macht und so Jobs sichert und schafft. Das Pariser Abkommen zeigt den Weg auf in eine klimaneutrale Weltwirtschaft. Das sollte unser Kompass sein", betont Schulze.

Die Konferenz gibt es inzwischen zum elften Mal. Sie bietet Raum zum vertrauensvollen konstruktiven Austausch zwischen Ministern verschiedener Staaten und dient zugleich der Vorbereitung der nächsten UN-Klimakonferenz, die allerdings in diesem Jahr ausfällt und erst Ende 2021 in Glasgow stattfinden wird. Beim diesjährigen Klimadialog sind erstmals auch nicht-staatliche Akteure wie Unternehmer, Gewerkschafter, Vertreter von NGO und Wissenschaftler eingeladen.

Krisenbewältigung mit Investitionen für Klimaneutralität  

Nach Ansicht des britischen Regierungsberater und Ökonom Nicholas Stern wird es eine globale wirtschaftliche Depression von historischem Ausmaß geben. Nun sei es wichtig nicht auf alte Modelle der Sparpolitik zurückzugreifen, sondern mit "klaren Richtlinien" gegenzusteuern. "Wenn wir wieder in die alten Muster zurückfallen, dann wird es schwieriger für die Umwelt und unseren Zusammenhalt", warnt Stern per Videoschalte beim Klimadialog.

Was gebraucht würde seien klare Ziele die Investoren Sicherheit geben würden, Programme für Effizienz und saubere Energien, für Eisenbahnprojekte, Elektromobilität auf der Straße und  Ladeinfrastruktur. "Wir können in die Dämmung für Häuser investieren, in die Infrastruktur für Fußgänger und Radfahrer in den Städten und in Wiederaufforstungen, auch das geht sehr schnell", so Stern.

Petersberger Klimadialog: Ökonom Nicholas Stern per Videokonferenz zugeschaltet. ER wirbt für Investitionen in Klimaneutrale Technologien.
Ökonom Nicholas Stern wirbt auf der Petersberger Klimakonferenz für Investitionen in Klimaneutralität Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Keine Investition in Technologien der Vergangenheit

Stern wirbt für einen Marshallplan für die ganze Welt. Er warnt davor, noch Geld in "Technologien der Vergangenheit" zu investieren. Das wären sogenannte stranded Investments, das investierte Geld ginge verloren. "Erneuerbare Energien sind billiger als fossile Energien", betont Stern. "Vor allem wenn wir noch die Umweltkosten berücksichtigen." 

Investitionen in erneuerbare Energien seien jedoch oft schwieriger als in Investitionen in Projekte mit Kohle, Öl und Gas sagt Stern. Aus diesem Grund müssten die Investitionen umgelenkt werden. "Fluggesellschaften müssen in Zukunft andere Kraftstoffe nutzen. Das ist die Art des Wiederaufbaus."

Schulze unterscheidet zwei Phasen von Hilfsprogrammen. Derzeit seien wir noch mitten in der Pandemie und derzeit ginge es vor allem um Liquiditätshilfen für Unternehmen, damit deren Überleben gesichert werden könne. In der Zeit nach der Corona-Krise würde es dann einen Neustart geben und die Hilfen müssten einen "sozialökologischen Fortschritt" bringen.

Hier ginge es um die Frage wie die Gelder dann eingesetzt werden. Schulze nennt ein Beispiel: "Kurbeln wir mit staatlichem Geld die Nachfrage nach fossilen Verbrennungsmotoren an, die anschließend noch 10, 15 Jahre auf unseren Straßen fahren? Oder wagen wir das Update und investieren in neue Mobilität, emissionsfreie Fahrzeuge und die entsprechende Ladeinfrastruktur?"

Infografik Konjunkturprogramm für Klimaschutz. Der Stimulus für die Wirtschaft aus der Corona-Krise entscheidet ob die gesetzten Klimaziele erreicht werden können.
Konjunkturprogramme nach Corona sind entscheidend für die Klimaziele. Climate Action Tracker zeigt in aktueller Studie mögliche Pfade.

Wirtschaftsvertreter appellieren für grünes Konjunkturprogramm 

Schulze zeigt sich optimistisch, dass Beharrungskräfte in der Wirtschaft gegen einen Umbau überwindbar sind. "Ich kann nur empfehlen auf die Wissenschaft zu hören", so Schulze und anders als beim Kampf gegen das Coronavirus seien die Lösungen gegen die Klimakrise auch sehr gut bekannt.

Rückenwind für eine klimafreundlichere Wirtschaftsweise gibt es aber auch bei einigen Unternehmen. Eine Allianz von 68 namhaften deutschen Unternehmen fordert in einem Appell eine ambitionierte Klimapolitik von der deutschen Regierung. Die Unternehmen befürworten die ambitionierte Ausgestaltung eines Green Deal in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimavertrag. (DE): Petersberger Kli...

"Die enormen Anstrengungen von Staat und Gesellschaft zum Schutz der Bevölkerung sowie der Wirtschaft im Zuge der Corona-Pandemie zeigen uns, was wir gemeinsam zur Bekämpfung einer globalen Bedrohung bewegen können", sagt Michael Otto,  Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Group und Mitinitiator des Appells. "Klimaschutz als Modernisierungsprojekt für die Wirtschaft zu begreifen, kann jetzt eine wichtige Rolle zur Bewältigung der Folgen der Corona-Krise spielen – und gleichzeitig dazu beitragen, tiefgreifende Auswirkungen der Klimakrise zu vermeiden", so Otto.

Was man jetzt brauche sei eine "Stärkung der Investitionskraft und klare Perspektiven", sagt Mitunterzeichner Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstands, thyssenkrupp Steel Europe AG. "Leitmärkte für CO2-neutrale Produkte und der Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft sind dafür zentral. Ein Klima-Konjunkturprogramm ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung."

Deutschland 10. Petersberger Klimadialog 2019 Angela Merkel  diskutiert mit den Ministern aus anderen Staaten. Auf dem Foto: Angela Merkel, Svenja Schulze, Maria Caolina Schmidt und Jochen Flasbarth.
Ohne Videoschalte: Angela Merkel diskutiert beim Petersberger Klimadialog 2019 mit Ministern aus anderen Staaten. Bild: Reuters/F. Bensch

Welt braucht gute Führung, Orientierung und Kooperation

Einig sind sich viele Experten beim Petersberger Klimadialog, dass es für den Aufbau einer klimafreundlichen Wirtschaft klare Vorgaben, Führungspersönlichkeiten, Führungsstaaten bedarf und multilaterale Organisationen wie UN, Weltbank und Regionalbanken, die diesen Prozess weltweit unterstützen.

"Wir brauchen einen Dialog am runden Tisch" sagt Sharan Burrow, Generalsekretär des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC). Und an diesen Tisch gehörten auch die Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft. "Wir müssen an die Zukunft denken und hier gibt es Möglichkeiten mit Jobs in der Solar- und Windbranche. Wir brauchen diese Jobs", so Burrow per Videoschalte auf der Konferenz. 

Eine wichtige Rolle bei der globalen Führung zum Umbau der Wirtschaft könnten nach Ansicht von Teilnehmern die EU und China übernehmen. Auch Deutschland könne hier die Richtung mit vorgeben. Mit großer Spannung wird deshalb auch die Rede von Merkel erwartet, ebenso wie die Rede von UN Generalsekretär António Guterres.

Entwicklungs- und Umweltorganisationen erwarten von Merkel, dass sie das EU-Klimaziel für 2030 auf "zumindest minus 55 Prozent weniger CO2 im Vergleich zu 1990 anheben will", sagt Christoph Bals, Geschäftsführer von Germanwatch. Dies hatten auch EU-Parlament und neun EU-Staaten vorgeschlagen.

Zudem müssten sich die reichen Länder nun solidarisch mit den ärmsten und verletzlichsten Menschen zeigen. "Eine gemeinsame Unterstützung in der Dimension des Marshallplans wird zum Aufbau von Widerstandsfähigkeit gegen alle Krisen benötigt – gegen den Klimawandel, den Biodiversitätsverlust und Pandemien. Denn sie alle bedrohen Menschen ganz elementar", so Bals.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion