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Politik

Wie laufen die deutschen Rückkehrerprogramme in Afrika?

Daniel Pelz Berlin
20. Juli 2018

Jobs und Perspektiven in den Herkunftsländern - mit dem Programm "Perspektive Heimat" unterstützt die Bundesregierung Migranten, die Deutschland freiwillig verlassen. Doch gerade in Afrika ist das besonders schwierig.

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Flüchtlinge aus der Elfenbeinküste warten am Flughafen auf den Rückflug in ihre Heimat
Migranten aus der Elfenbeinküste, die freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/M. Turkia

Nach vier Jahren hatte Derrick Adamson genug. Er lebte illegal in Deutschland, der Traum vom besseren Leben war ohne gültige Papiere längst geplatzt. "Ich habe gehört, dass Menschen aus Ghana, denen es in Deutschland schlecht geht, Hilfe bekommen, wenn sie heimkehren", erzählt der 28-jährige im DW-Interview. Er ging zurück - und bekommt nun Unterstützung vom deutschen Migrationsberatungszentrum in der ghanaischen Hauptstadt Accra. Dort wurde ihm ein Existenzgründer-Coaching vermittelt. Ein Jahr lang hilft ihm auch ein Berater beim Schritt in die Selbstständigkeit. "Ich gehe nicht mehr einfach ohne jeden Plan an die Dinge heran, ich weiß zum Beispiel jetzt, dass man eine solide Finanzplanung braucht", sagt Adamson.

Das Beratungszentrum ist Teil des Programms "Perspektive Heimat". Rund 277 Millionen Euro lässt es sich die Bundesregierung kosten - sie hofft auf viele Erfolgsgeschichten wie die von Adamson. Allein 4000 ausreisepflichtige Menschen aus Ghana leben in Deutschland. Abschiebungen sind teuer und scheitern oft - weil Papiere fehlen oder die jeweilige Person untergetaucht ist. "Wir setzen auf freiwillige Ausreisen", sagte Bundeskanzlerin Merkel bei einem Besuch des ghanaischen Präsidenten Nana Akufo-Addo im Februar.

Doch auch die Regierung weiß: Niemand geht zurück, der zuhause keine Perspektive hat. "Perspektive Heimat" soll helfen, sie zu schaffen. Freiwillige Rückkehrer werden bei der Jobsuche oder dem Sprung in die Selbstständigkeit unterstützt. Offen ist das Programm auch für alle, die keine Chancen haben, legal nach Europa zu kommen. "Wichtig ist, dass Menschen sich nicht aufs Geratewohl auf den Weg machen, viel Geld an Schleuser und Schlepper verlieren, sondern das Geld bei sich behalten und versuchen, etwas in ihrem jeweiligen Land anzufangen", sagt Martin Jäger, Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium.

Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo und Bundeskanzlerin Merkel schütteln sich bei einem Besuch die Hand
Bundeskanzlerin Merkel will die Zahl freiwilliger Ausreisen erhöhenBild: picture-alliance/dpa/B.von Jutrczenka

Elf Zielländer gibt es bereits, sie liegen in Afrika, dem Nahen Osten und auf dem Balkan. In acht Ländern, darunter Ghana, existieren Beratungszentren. Das Büro in Accra weihte Bundespräsident Steinmeier vergangenen Dezember ein. Im Senegal ist ebenfalls bereits ein Beratungszentrum aktiv, ein weiteres in Nigeria soll in diesem Jahr folgen. Entwicklungsminister Gerd Müller will den Etat des Programms künftig auf 500 Millionen Euro aufstocken. "Das ist viel preiswerter, als die Menschen hier in Deutschland zu versorgen", sagte Müller im April.

Opposition spricht von reinem Aktionismus

Doch die Opposition ist nicht überzeugt. "Perspektive Heimat" sei reiner Aktionismus, wettert Uwe Kekeritz, entwicklungspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. "Deutschland bildet sich plötzlich ein, Jobvermittlung in afrikanischen Ländern betreiben zu können", sagt er der DW. Im Juni fragte Kekeritz beim Entwicklungsministerium nach, wie viele freiwillige Rückkehrer bisher in Arbeit vermittelt wurden. Die Antwort des Ministeriums: Zwischen Juli 2017 und April 2018 erhielten 54 Prozent aller Menschen, die freiwillig aus Deutschland in ihre Heimatländer zurückgekehrt waren, eine Beratung. Von ihnen wurden nach Ministeriums-Angaben 25 Prozent nach durchschnittlich einer Beratung in eine Beschäftigung vermittelt.

"Wir haben öfter nachgefragt, was mit Beschäftigung genau gemeint ist, aber nie eine vernünftige Antwort bekommen", sagt Kekeritz. "Es kann sein, dass es wirklich eine Vollzeitstelle ist, aber auch nur eine Vollzeitstelle mit einem Vertrag für 4 Wochen und dann ist die Perspektive wieder unsicher." Das Menschen in Ländern mit einer schwierigen Wirtschaftslage nach nur einer Beratung eine dauerhafte Beschäftigung finden, hält er für wenig wahrscheinlich. "Wenn die Zahlen stimmen, müsste man sagen: Die Jobcenter in Deutschland sollten unbedingt mal nach Ghana oder Marokko fliegen und sich zeigen lassen, wie so etwas funktioniert."

Bundespräsident Steinmeiner durchschneidet ein gelbes Band bei der Einweihung des Beratungszentrums in Accra
Im Dezember weihte Bundespräsident Steinmeiner das Beratungszentrum in Ghana einBild: picture-alliance/dpa/B.von Jutrczenka

Das Entwicklungsministerium gibt sich dagegen zufrieden. Dass nur etwas über die Hälfte aller freiwilligen Rückkehrer die Beratungszentren aufsuchen, erklärt man sich damit, dass sie gar nicht darüber Bescheid wüssten. Das soll künftig anders werden: "Wenn jemand aus Ghana in sein Heimatland zurückgekehrt, dann würde ich mir wünschen, dass jeder dieser Rückkehrer von uns schon in Deutschland beraten und wo es Sinn ergibt, auch qualifiziert wird", sagt Jäger.

Fehlende Arbeitsplätze sind ein Problem

Auf DW-Anfrage teilt das Entwicklungsministerium mit, dass zwischen März 2017 und Mai 2018 in den elf Zielländern weltweit insgesamt 3200 Menschen einen Job gefunden hätten - das schließt auch Menschen mit ein, die keine freiwilligen Heimkehrer sind. Im Ministerium ist man mit dem Programm zufrieden - 25 Prozent aller beratenen Rückkehrer in eine Beschäftigung vermittelt zu haben sei "beachtlich", sagt Staatssekretär Jäger. Aber er räumt ein, dass die Vermittlungsquoten stark von den wirtschaftlichen Faktoren im jeweiligen Herkunftsland abhängen.

In Afrika südlich der Sahara ist eine Vermittlung demnach weitaus schwieriger als zum Beispiel in Serbien. "Auf dem Balkan haben wir eine andere Wirtschaftsstruktur, dort haben wir auch eine größere Präsenz deutscher Unternehmen", sagt Jäger. In Afrika dagegen gibt es in vielen Ländern kaum Arbeitsplätze im formellen Sektor, sondern nur im informellen. Eine stärkere Förderung der Privatwirtschaft durch andere Programme und eine neue Ausbildungsinitiative sollen Abhilfe schaffen. "Das heißt, wir wollen ganz gezielt in den Ländern Nordafrikas und Afrikas Ausbildungsmöglichkeiten eröffnen und von Anfang an so ausbilden, das es die Bedarfe von Unternehmen deckt. Die Menschen sollen direkt von der Ausbildung ins Unternehmen wechseln können", sagt Jäger. Partner könnten dabei sowohl deutsche wie auch lokale Unternehmen sein. Doch noch sind diese ambitionierten Pläne größtenteils in der Anfangsphase.

Mitarbeit: Isaac Kaledzi (Accra)