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Personenkult um Putin

Manfred Götzke16. November 2007

Statt für sichere Renten oder niedrigere Steuern demonstrieren Hunderte Russen für ihren Präsidenten. Bewegungen wie die nun gegründete "Pro-Putin" wollen, dass er im Amt bleibt - obwohl es die Verfassung verbietet.

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Wahlplakat in Moskau mit dem schlichten Slogan "Für Putin" (Quelle: AP)
Das überdimensionierte Plakat zeigt den Zweck der Parlamentswahl - "für Putin"Bild: AP

Das Ziel der Bewegung ist unmissverständlich wie ihr Name: "Pro Putin". Die Gruppierung, am Donnerstag (15.11.2007) in der Provinzstadt Twer gegründet, sammelte nach eigenen Angaben 30 Millionen Unterschriften – nicht um den Bau eines Flughafens zu verhindern oder die eigene Innenstadt verkehrsberuhigen zu lassen – es geht ihr um die Macht schlechthin. Die Macht Wladimir Putins. Die soll ihm erhalten bleiben, am besten, indem der russische Präsident, obwohl es die Verfassung verbietet, weiterhin Präsident bleibt.

Parteichef von "Geeintes Russland", Boris Gryslow
Boris Gryslow will Putin als "nationalen Führer"Bild: picture-alliance/dpa

"Wir sehen Gelegenheiten dafür, dass Wladimir Putin ein Staatenführer bleibt", sagte Pawel Astachow, der die Bewegung zusammen mit 600 weiteren Putin-Freunden in der Nähe von Moskau ins Leben gerufen hat. Seit sich Wladimir Putin Anfang Oktober als Spitzenkandidat der Kreml-Partei "Geeintes Russland" für die Duma-Wahlen aufstellen ließ, wird das ganze Land von frisch gegründeten Organisationen und Bewegungen mit einer Kampagne für den Machterhalt des Präsidenten überzogen. Der Chef der Partei, Boris Gryslow, gibt ihnen die Richtung vor. Da die Verfassung ihm eine dritte Amtszeit als Präsident verbietet, soll Putin als "nationaler Führer" die Strippen in der Hand behalten, in welchem Amt auch immer – ob als Regierungschef oder Parlamentspräsident, Hautsache weiter an der Macht.

Wahlprogramme bleibt Staatsgeheimnis

Der eigentliche Wahlkampf, in dem es nicht um den russischen Präsidenten, sondern um die Besetzung der Duma, das russische Parlament geht, wird von dieser Kampagne völlig überlagert, sagt Falk Bomsdorf, Leiter des Moskauer Büros der Friedrich Naumann Stiftung. "Von einem Parlamentswahlkampf kann man eigentlich nicht mehr sprechen. Es gibt keine Parteien, die ihre Programme zur Abstimmung stellen, es gibt keine politischen Debatten, keine Alternativen, zwischen denen der Bürger wählen könnte." Die Kreml-Partei "Geeintes Russland" weigere sich sogar beharrlich, an politischen Debatten teilzunehmen und sich zu ihrem Programm zu äußern.

Russlands Präsident Wladimir Putin (Archiv, Quelle: AP)
Im Staatsfernsehen omnipräsent - Russlands Präsident Wladimir PutinBild: AP

Denn das Programm heißt Putin – das sagt dieser selbst. Ein deutlicher Sieg seiner Partei bei der Parlamentswahl am 2. Dezember würde ihm das "moralische Recht" geben, auch nach dem Ende seiner Amtszeit 2008 die Linien der russischen Politik zu bestimmen. "Wenn die Menschen für Geeintes Russland stimmen, bedeutet das, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen mir vertraut", sagte Putin am Dienstag in der sibirischen Stadt Krasnojarsk. Damit hätte er das moralische Recht, die Verwirklichung der Beschlüsse zu verlangen, die derzeit zur Lösung der Probleme des Landes gefasst würden. "In welcher Form ich das tun werde, kann ich noch nicht direkt beantworten. Aber es bestehen verschiedene Möglichkeiten."

Putins nebulöser Plan

Die Parlamentswahlen werden so zu einem Referendum für den Präsidenten, sagt Russlandexperte Bomsdorf. "Der Kreml tut alles, damit es keine richtige Wahl wird, sondern ein Referendum für Putin, und das ist meines Erachtens illegal." Entsprechend gestaltet sich die Wahlwerbung: Auf dem "Neuen Arbat", einem Edelboulevard direkt neben dem Kreml, verdeckt ein Plakat ein gesamtes Bürogebäude. Der Slogan: "Unsere Wahl – Wladimir Putin". Im Fernsehen künden Spots der Partei vom "Wohlergehen Russlands" und "Putins Plan". "Worin dieser Plan bestehen soll, weiß aber niemand, das wird nicht erklärt", sagt Bomsdorf. Dabei gebe es genügend Themen, die einen spannenden Wahlkampf versprächen. Die Lebensmittelpreise sind in den letzten Wochen stark angestiegen, und auch der Mineralölpreis wurde angehoben. "All das wird weder in den Medien, noch auf irgendwelchen Wahlkampfveranstaltungen thematisiert", sagt der Russlandexperte.

Demonstriert wird nicht für günstige Lebensmittel, sondern dafür, dass alles bleibt wie es ist. Dabei haben diejenigen, die für Putin auf die Straße gehen, meist konkrete Interessen am Machterhalt Putins. Sie kommen aus den beiden Kreml-Parteien oder, in den Regionen, aus den Apparaten der mächtigen Provinzgouverneure. Denn diese werden größtenteils vom Präsidenten persönlich ernannt. "Das ist keine spontane Liebe, sondern eine organisierte Veranstaltung jener Kräfte, die um ihr eigenes Wohlergehen besorgt sind", sagt Kommunistenchef Gennadi Sjuganow der Zeitschrift Kommersant.

Angst um die eigenen Pöstchen

Wahlplakat der russischen oppositionellen Partei SPS mit Maria Gaidar, Überschrift auf dem Plakat: Maria Gaidar. Neue Generation der Demokraten. (Quelle: DW/Tatiana Petrenko 23.10.2007)
Faktisch keine Chance - die Oppositionspartei SPS wird den Sprung ins Parlament kaum schaffenBild: DW/Petrenko

Diese Kaste von Politikern und Wirtschaftsleuten im Kreml-Gazprom-Komplex hat schlicht kein Interesse daran, dass in Moskau ein anderer politischer Wind weht. Doch ihre Ziele werden von der Bevölkerung unterstützt. "Die russische Bevölkerung ist tatsächlich von Putin begeistert – und das liegt nicht nur am Staatsfernsehen", sagt Thomas Kunze, der bis vor Kurzem die Konrad-Adenauer-Stiftung in Moskau leitete. Putin sei der einzige landesweit populäre Politiker. "Die Mittelschicht konnte ihren Lebensstandard unter Putin erheblich verbessern und die Wirtschaftskapitäne schätzen die Stabilität des Landes, die ihnen Putin beschert hat", sagt Kunze. Dürfte Putin noch einmal als Präsident kandidieren, würden ihn nach aktuellen Prognosen zwischen 60 und 70 Prozent der Russen wählen.

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Kampagnen für den Präsidenten schlicht überflüssig. Ihr Sinn liege aber auch nicht nur darin, für Putin zu werben, sagt Falk Bomsdorf. Die Bewegungen sollen die traditionell eher apolitischen Russen zur Wahl motivieren. "Grundsätzlich sind die Bürger nicht zur Wahl zu bekommen. Warum sollten sie auch, es gibt keine wirklichen Alternativen." Demnach ginge es am zweiten Dezember vor allem um die Frage, wie viele Russen wählen gehen. Wer die Wahl gewinnt, sei ohnehin klar.

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