Papst Franziskus fordert von Europa neue Zukunftsvisionen
2. August 2023In seiner ersten großen öffentlichen Rede während seines Portugal-Besuchs hat Papst Franziskus einen eindringlichen Appell an Europa gerichtet, gemeinsam die Probleme der Welt zu lösen. In einer Ansprache vor Vertretern der portugiesischen Regierung und Zivilgesellschaft mahnte er im Kulturzentrum von Belém in Lissabon mehr Handeln an und forderte erneut Friedensbemühungen.
Papst: Die Welt braucht Europa als "Brückenbauer und Friedensstifter"
Angesichts von Kriegen und Konflikten sowie dem dadurch ausgelösten Leid und der Migration übte das Oberhaupt der Katholiken Kritik an Europa, das es an Anstrengungen zur Lösung der Probleme der Welt mangeln lasse. "Wohin steuerst du, wenn du der Welt keinen Friedenskurs vorschlägst, kreative Wege, um den Krieg in der Ukraine und den vielen Konflikten, die die Welt mit Blut beflecken?" Vor allem sei das Fehlen eines mutigen europäischen Friedenskurses spürbar, sagte der 86-Jährige. Es werde zudem mehr Geld in Waffen investiert als in die Zukunft der Kinder.
Europa müsse sich außerdem seinen Problemen stellen, sagte Franziskus. Er kritisierte den Umgang mit Migranten an den Außengrenzen und im Mittelmeer, den Geburtenrückgang sowie die Diskussionen über die Sterbehilfe.
Zusätzlich scheine es ihm, dass die "weltweiten Ungerechtigkeiten, die Kriege, die Klima- und Migrationskrisen schneller voranschreiten als die Fähigkeit und oft auch der Wille, diesen Herausforderungen gemeinsam entgegenzutreten", so Franziskus. Er träume stattdessen von einem "Europa als dem Herzen des Westens", das seinen Einfallsreichtum dafür einsetzt, um Kriegsherde zu löschen und Hoffnungslichter zu entzünden.
Der Kontinent könne ein Treiber für die weltweite Öffnung sein, die auf der Welt gebraucht werde. Die Welt brauche Europa, "das wahre Europa als Brückenbauer und Friedensstifter". Der Weltjugendtag der Katholiken in Lissabon sei eine Gelegenheit, etwas gemeinsam aufzubauen.
Weltjugendtag in Lissabon
Trotz zahlreicher Treffen mit portugiesischen Spitzenpolitikern und Vertreten der Zivilgesellschaft steht der katholische Weltjugendtag im Vordergrund der Auslandsreise von Papst Franziskus. Bei seinem fünftägigen Besuch in Lissabon sind elf öffentliche Auftritte und zahlreiche weitere Treffen geplant. Zu den Höhepunkten des Besuchs zählen die Begegnung mit kranken Jugendlichen im Wallfahrtsort Fátima sowie der große Abschlussgottesdienst am Sonntag.
Das Oberhaupt der katholischen Kirche wird während seines Aufenthalts in Portugal voraussichtlich auch Opfer sexuellen Missbrauchs durch portugiesische Kleriker treffen. Einem im Februar veröffentlichten Bericht einer unabhängigen Kommission zufolge wurden in Portugal seit 1950 mindestens 4815 Kinder von Geistlichen missbraucht.
Der Weltjugendtag - die größte katholische Veranstaltung überhaupt - findet als internationales Treffen seit den 1980er-Jahren alle zwei bis drei Jahre statt. Die Ursprünge liegen in der Zeit des Pontifikats von Papst Johannes Paul II., der die Jugend als "die Zukunft der Welt und die Hoffnung der Kirche" bezeichnet hatte.
qu/AR (dpa, afp, kna, epd)