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Outing im Fußball noch immer undenkbar?

Olivia Fritz (mit sid, dpa)14. September 2012

Nach dem Interview eines homosexuellen Bundesligaprofis, der anonym bleiben möchte, haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bayern-Präsident Uli Hoeneß betroffenen Spielern Mut gemacht, sich zu outen.

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Der Schatten eines Fußballers. (EPA/KERIM OKTEN, dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Er war der erste, der einen Schritt in Richtung Outing gewagt hat, doch seinen Namen gab der homosexuelle Bundesligaprofi in seinem brisanten Interview nicht preis. "Er lebt in einem Land, in dem er sich vor einem Outing nicht fürchten muss. Wir können nur das Signal geben, dass er keine Angst haben muss", richtete Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Appell an den Spieler. Im Rahmen der Initiative "Geh Deinen Weg" für mehr Toleranz und Integration warben die Bundeskanzlerin und unter anderem auch Bayern-Boss Uli Hoeneß für mehr Offenheit auch in diesem bis heute äußerst brisanten Thema. Denn bislang hat sich kein Bundesligaprofi getraut, zu seinem Schwulsein zu stehen. Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm riet vor einem Jahr seinen Kollegen sogar dazu, es sein zu lassen. "Über kurz oder lang wird sich der ein oder andere Spieler outen", ist sich Hoeneß allerdings sicher. Die Angst davor dürfe man aber nicht allein dem Fußball zuschreiben, der Fußball sei offen genug dafür.

Männerdomäne Fußball

Die Praxis sieht jedoch auch im Jahr 2012 noch anders aus. In dem Interview mit dem Magazin "Fluter" der Bundeszentrale für politische Bildung schildert der betroffene Spieler die tägliche Angst im knallharten "Männergeschäft" Fußball: "Entweder spaziere ich mit meinem Freund zu einem Event und bin danach drei Wochen in allen Medien oder ich belüge mich selbst. Es gibt einfach keine Lösung." Er müsse täglich den Schauspieler geben und sich selbst verleugnen.

Während es in anderen Gesellschaftsbereichen bereits ein Stück Normalität geworden ist, bietet der Fußball als Männerdomäne noch immer nicht die Offenheit und Unbefangenheit gegenüber einem sich zu seiner Homosexualität bekennenden Spieler. "Ich wäre einfach nicht mehr sicher, wenn meine Sexualität an die Öffentlichkeit käme", fürchtet der Spieler. Wahrscheinlich hat er tatsächlich Recht, bedenkt man die Reaktionen in den Fankurven und die aktuellen Ereignisse um den Spieler Kevin Pezzoni, der in Köln vor seinem Haus von den eigenen "Fans" bedroht worden war. Die Angst vor der Hetze der Fans im Stadion, aber auch außerhalb, ist anscheinend noch immer zu groß. Dabei seien die Betroffenen in Spielerkreisen durchaus bekannt - fast alle Beteiligten wüssten Bescheid, die Mannschaft sowieso. Man kenne sich.

Zwei Fußballer küssen sich bei der Schwulen-WM in Buenos Aires. (Foto: AFP PHOTO / Juan MABROMATA)
Küssen verboten? Normalbild bei der "Gay Soccer"-WMBild: Getty Images

Große Angst vor den Reaktionen

Es sei ein ungelöstes Problem, weiß auch DFL-Präsident Reinhard Rauball. "Wir müssen eine Lösung im gesellschaftlichen Konsens finden. Niemand kann die Nachteile überschauen, die einem Fußballer drohen, der sich outet", sagt Rauball. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wurde etwas konkreter: "Sollte sich ein Spieler, egal, ob in der Bundesliga oder der Kreisliga, öffentlich als homosexuell outen wollen und dabei die Unterstützung des DFB benötigen, so wird unsere Verband jegliche Hilfe anbieten." Es solle in einer toleranten Gesellschaft keine Rolle spielen, welche sexuellen Neigungen jemand hat.

Weil in der Fankurve aber vor allem die Leistung zählt, müsste idealerweise ein Spieler den Anfang machen, der absoluter Leistungsträger ist und keine Angst davor haben muss, auf dem Spielfeld zu versagen. Denn im Umkehrschluss müsste er befürchten, bei jedem Fehlpass auf seine sexuelle Orientierung reduziert zu werden. Das ist eine hohe Hürde für bewunderte und gut verdienende Stamm- oder sogar Nationalspieler.

Bayern-Boss Uli Hoeneß. (Foto: Patrick Seeger, dpa/lsw)
Bayern-Boss Hoeneß ermutigt schwule Fußballprofis sich zu outenBild: picture-alliance/dpa

Rückendeckung für das erste offizielle Outing gibt mit Bayern-Präsident Hoeneß ein mächtiger Mann im deutschen Fußball. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein schwuler Fußballer mit den Bayern-Fans Probleme bekäme. "Der FC Bayern ist vorbereitet. Die gesamte Gesellschaft ist in diesem Punkt weiter, als in den Medien dargestellt", ist Hoeneß überzeugt. Er rief auch die anderen Bundesligaklubs auf, sich auf dieses Thema vorzubereiten, um dann die richtigen Antworten zu haben. Dennoch müsse der Profi den ersten Schritt machen, dann sei es an den Klubs, den Spieler "so zu schützen, wie es notwendig ist.