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Einer von 11 ist schwul

22. März 2010

Unter dem Motto "Einer von 11 ist schwul" stellt sich der Fußball-Landesverband Mittelrhein hinter Schwule und Lesben im Amateurfußball. In Köln hat sich zum Aktionsstart ein Schiedsrichter geoutet.

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Symbolbild einer von elf ist Schwul. Thema Schwule Fussballspieler. DW-Grafik: Per Sander 2010_03_22_symbolbild_schwuler_fussballer.psd
Ist einer von ihnen homosexuell?Bild: DW-Montage/AP

Jeder Zehnte ist homosexuell, das belegt die Statistik. In der Politik, im Fernsehen – überall ist "schwul sein" mittlerweile gesellschaftlich anerkannt. Beim Fußball nicht. "Einer von elf ist schwul", lautete das Motto eines Themenabends, zu dem schwule Fußballer und Schiedsrichter geladen waren. Dabei stellte sich der nordrheinwestfälische Fußballverband Mittelrhein hinter die homosexuellen Spieler und Spielerinnen. Für Bezirksliga-Schiedsrichter Hilko Paulsen war das nicht selbstverständlich. "Für mich war das schon eine besondere Frage: Wie gehst Du damit im Fußball um?" Er hat es damals dem Schicksal überlassen. Als er Hand in Hand mit seinem Freund durch die Stadt lief, traf er einen Schiedsrichter-Assistenten. "Ich habe gedacht: Oh Gott, was denkt der bloß jetzt? Nachher hat er mich darauf angesprochen, mich bekräftigt und gesagt: Das ist gut so."

Der Bezirksliga-Schiedsrichter hat bisher ausschließlich positive Erfahrungen gemacht, nachdem er sich geoutet hat. Er hat Unterstützung bekommen vom Verband und von Kollegen. Auf dem Fußballplatz hat ihn noch kein Spieler beleidigt. "Ich wüsste auch gar nicht, wie ich damit umgehen würde", sagt er. "Wenn mich jemand als Schwuler beleidigt, kann er das gar nicht. Vielleicht würde ich ihm direkt sagen: Ja, du hast Recht."

Angst vor den Jungs, die die Sprüche machen

Rudi Assauer (AP Photo/Martin Meissner)
Für ihn gehen schwule Fußballer gar nicht - Rudi AssauerBild: AP

Vor 15 Jahren sah das noch anders aus. Andreas Stiene, der heute ein großes schwul-lesbisches Fußballturnier in Köln organisiert, hat sich damals als Fußballer nicht getraut, so offen zu sein. Er vertraute sich erst viel später seinen Mannschaftskollegen an. "Die haben dann gesagt, dass man mir das gar nicht angemerkt hätte, ich wäre immer so hetero rübergekommen und hätte mich für Frauen interessiert", grinst er. "Da habe ich gesagt: Ich habe euch nur was vorgespielt."

Ein Doppelleben, das viele Fußballer führen, vor allem in den oberen Ligen. Laut Statistik sind 10 Prozent der Bevölkerung homosexuell. Das hieße überspitzt: Einer von elf Spielern ist schwul. Und auch heute noch gibt es zu viele Vorurteile und Ängste, sagt Stiene. "Ich hatte Angst vor den Jungs, die immer die Sprüche machen. Ich hatte Angst, dass man an Respekt verliert und im schlechtesten Fall sogar aus der Mannschaft rausfliegt."

"Schwule Fußballer sollen sich einen anderen Job suchen"

Mit dem Zitat "Schwule sollen sich einen anderen Job suchen", geriet Schalkes Ex-Manager Rudi Assauer in der letzten Woche in die Schlagzeilen. Er spricht damit aus, was (noch) Realität zu sein scheint: Je größer die Stadien und je mehr Geld im Spiel ist, desto gefährlicher erscheint das Coming-Out. Deshalb werde sich im Profifußball so schnell nichts ändern, findet auch Stiene. "Ich würde im Moment keinen Profi dazu ermutigen. Aber ich denke, dass wir das von unten, aus dem Breitensport Fußball heraus hinkriegen können. Dann dauert es vielleicht länger, aber vielleicht ist das dann auch gründlicher."

Schiedsrichteraffäre hat Opfer gefordert

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wird die im Manipulationsskandal unter Verdacht geratenen Unparteiischen trotz ihrer Unschuldsbeteuerungen vorerst nicht einsetzen. «Alle, deren Namen jetzt fallen, werden nicht mehr am Spielbetrieb teilnehmen. Und da ist es wurscht, wie lange es dauert, bis die Sache geklärt ist», sagte DFB-Schiedsrichtersprecher Manfred Amerell (Archivfoto vom 27.04.2001) in einem Interview mit dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Mittwoch-Ausgabe). Foto: Marco Kohlmeyer +++(c) dpa - Bildfunk+++
Der in die Schlagzeilen geratene Schiedsrichter Manfred AmerellBild: picture-alliance/dpa

Das wird aber seine Zeit brauchen. Die Schiedsrichter-Affäre um Manfred Amerell und Michael Kempter hat gezeigt, wie wenig tolerant Fußballfans mit dem Thema umgehen. Auch Schiedsrichter Paulsen hätte es sich "deutlich gründlicher" überlegt, sich zu outen, wenn er in einer höheren Liga eingesetzt worden wäre. "Diese Affäre hat viele Opfer gefordert. Da werden gängige Klischees bedient, dass es Grapscher gibt und dass man sich hochschlafen könne. Das ist unglaublich bedauerlich."

Vorurteile abbauen, mit Klischees brechen – das sei der einzige Weg, mit dem sich was ändern könnte, sagt Paulsen. Mit Fußball verbinde man einen Männersport, bei dem Weicheier oder Sensibelchen nichts verloren hätten. Auf die Idee, dass am Stammtisch ein Schwuler sitzen könnte, kommen viele nicht. "Du siehst gar nicht so aus", sagen sie dann. "Es müssen sich mehr Leute outen", fordert Paulsen. "Sie müssen zeigen, dass sie ganz normale Menschen sind. Nur dass sie eben keine Freundin mitbringen, sondern einen Freund."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Wolfgang van Kann