OSZE-Beobachter in gefährlicher Mission
31. Mai 2014Sie sollen ein neutrales Bild der Lage in der Ukraine liefern und werden bei ihrer Arbeit selbst immer wieder in den Konflikt hineingezogen. In der Region Luhansk verlor die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Donnerstag (29.05.2014) den Kontakt zu einer weiteren ihrer Beobachtergruppen.
Gegen 19 Uhr sei das Team etwa 100 km nördlich von Luhansk von "bewaffneten Männern" gestoppt worden, teilte die OSZE mit. Die Gruppe bestehe aus vier Mitarbeitern der "Special Monitoring Mission (SMM)", sowie einem ukrainischen Übersetzer.
Separatisten verkünden Freilassung
Bereits am Montag zuvor waren vier OSZE-Mitarbeiter bei einer Routinepatrouille östlich von Donezk verschwunden. Auch zu ihnen gibt es bislang keinen Kontakt, wie eine OSZE-Sprecherin am Samstag (31.05.2014) der DW bestätigte. Die Männer sollen aus Estland, Dänemark, der Türkei und der Schweiz stammen.
Widersprüchliche Angaben kamen von Separatistenführer Alexej Tschmilenko, der laut Agentur Interfax verkündete, die vier OSZE-Mitarbeiter seien freigelassen worden. Man habe sie verwarnt und aufgefordert, sich künftig nicht mehr ohne Voranmeldung in dem Gebiet aufzuhalten.
Die Spezial-Beobachtermission der OSZE ist auf Wunsch der ukrainischen Regierung im Land um Spannungen zwischen den Konfliktparteien abzubauen und die Sicherheit zu fördern. Die Mitarbeiter sind nicht nur im Osten der Ukraine tätig, sondern über verschiedene Regionen des Landes verteilt. Regelmäßig veröffentlichen sie Berichte zur Sicherheitslage vor Ort. Sie sind nicht bewaffnet und haben keinen militärischen Auftrag. Die Mission wird von allen 57 Mitgliedsstaaten der OSZE - darunter auch Russland - unterstützt.
Der Einfluss des Kremls
Obwohl auch Russland an der Mission beteiligt ist, werden die OSZE-Beobachter immer wieder von den Separatisten in der Region Donezk und Luhansk an ihrer Arbeit gehindert. Wolfgang Richter, OSZE-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und ehemaliger Vertreter Deutschlands bei der OSZE in Wien, sieht das als Zeichen dafür, dass Moskau "nicht mehr jede einzelne Bewegung der Separatisten leiten und führen kann". Dennoch sei der Einfluss des Kremls - so zumindest sein Eindruck - nach wie vor sehr groß. "Das russische Machtwort gilt."
Russland führt nach eigenen Angaben momentan Gespräche mit den militanten Separatisten in der Ostukraine, um sich für die Mitarbeiter der OSZE einzusetzen. "Die Freilassung zieht sich hin", sagte Russlands OSZE-Botschafter Andrej Kelin der Agentur Itar-Tass. Dauer und Ergebnis der Verhandlungen seien momentan noch völlig offen.
Immerhin hatten die Separatisten nach russischer Vermittlung Anfang Mai auch eine Gruppe von sieben Militärbeobachtern, darunter vier Deutsche, wieder auf freien Fuß gesetzt, nachdem diese tagelang in Slowjansk festgehalten worden waren. Diese gehörten - anders als die derzeitigen Vermissten - nicht zur offiziellen "Special Monitoring Mission" der OSZE. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier dankte damals ausdrücklich dem russischen Unterhändler Wladimir Lukin für dessen Einsatz. Die Verhandlungen seien "schwierig" gewesen und hätten "mehrfach auf der Kippe" gestanden.
"Sicherheit geht vor"
Trotz der angespannten Sicherheitslage plädiert Wolfgang Richter dafür, an der Beobachtermission der OSZE weiter festzuhalten. "Die OSZE hat von Anfang an gewusst, dass diese Mission nicht ungefährlich ist", so Richter. "Aber solange man die Sicherheitslage noch überschauen kann und den Kontakt mit den Separatisten noch aufrecht erhält, solange ist es auch sinnvoll, dass die OSZE im Einsatz ist."
Sollte jedoch eine Situation eintreten, in der die OSZE-Beobachter unmittelbar von Kampfhandlungen betroffen seien, müsse man über einen vorübergehenden Rückzug aus der Gefahrenzone nachdenken. "Die Sicherheit der OSZE-Mitarbeiter geht vor."