Ostseerat: Baerbock will Kooperation bei Windenergie stärken
25. Mai 2022Bei dem Treffen des Ostseerats in Südnorwegen hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbockvor allem den Ausbau der Windenergie in der Ostseeregion im Blick. Dazu wolle Deutschland einen gemeinsamen Off-Shore-Windpark aller Ostsee-Anrainer auf den Weg bringen, sagte Baerbock zum Abschluss des Ostseerats in Kristiansand. "Das ist eines der wichtigsten Projekte, das wir vorschlagen." Es gehe dabei nicht nur um Klimaneutralität, sondern vielmehr auch um Energiesicherheit.
Deutschland übernimmt am 1. Juli den Vorsitz
Deutschland übernimmt zum 1. Juli für ein Jahr den Vorsitz des Ostseerats, der in Kristiansand erstmals seit 2014 wieder formell auf Ministerebene zusammenkam. Baerbock lobte das
Gremium als geeignetes Forum, um viele Fragen zu adressieren, die die Menschen direkt beträfen. So wolle die Bundesregierung während ihrer Präsidentschaft auch den Jugendaustausch fördern.
Es ist das erste Treffen des Ostseerates nach dem Ausschluss und Austritt Russlands aus dem Gremium wegen des Angriffskriegs in der Ukraine. Mit Strom aus Wind und anderen erneuerbaren Energieträgern mache man sich frei von russischen Energieimporten und bekämpfe die Erderwärmung, erklärte Baerbock. "Der Ausstieg aus fossilen Energien ist daher nicht nur eine klimapolitische Notwendigkeit, sondern auch ein sicherheitspolitisches Gebot."
Ausbauziele für Windenergie werden erhöht
Windkraft auf See ist neben Windkraft an Land und Solarenergie eine zentrale Säule beim Ausbau des Ökostroms in Deutschland. Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP hat im Koalitionsvertrag die Ausbauziele für die Windenergie auf See im Vergleich zur Vorgängerregierung deutlich erhöht. Statt 20 Gigawatt sollen es nun 30 Gigawatt bis 2030 werden. Derzeit sind in Nord- und Ostsee 1501 Windenergieanlagen mit knapp 7,8 Gigawatt in Betrieb.
Norwegen ist wichtiger Energielieferant
Baerbock betonte, in der Region stecke "ein enormes Potential für unsere Sicherheit und die Energiegewinnung der Zukunft". Dabei spiele auch der Gastgeber Norwegen eine wichtige Rolle. Außenministerin Anniken Huitfeldt sicherte in Kristiansand zu, dass Norwegen versuchen werde, so viel Gas und Öl zu liefern wie möglich, um die Abhängigkeit von russischen Energieträgern schnell abbauen zu können. Norwegen sei auch bereit, Mehreinnahmen aus dem Verkauf seiner Rohstoffe der Ukraine zum Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen. Dies müsse aber international koordiniert werden.
Norwegen ist für Deutschland nach Angaben der Bundesregierung der zweitwichtigste Energielieferant nach Russland. So kommen ein Drittel der Erdgasimporte - Stand März 2022 - und rund sieben Prozent der Erdölimporte aus Norwegen. Andersherum ist Deutschland für Norwegen der größte Abnehmer von Gas. Die erste Nordsee-Stromtrasse NordLink zwischen Norwegen und Deutschland ist ein wichtiges Element der deutschen Energiewende. Der kommerzielle Regelbetrieb läuft seit April 2021. Das Ziel ist der Austausch deutscher Windenergie mit norwegischer Wasserkraft.
Schweden und Finnland wollen in die NATO
"Gerade auch im Ostseeraum, wo wir über Jahrzehnte auf einen Dialog mit Russland und regionale Zusammenarbeit gesetzt haben, gibt es nun eine sicherheitspolitische Zäsur", sagte Baerbock. "Dass Schweden und Finnland jetzt den Schritt in die NATO machen, war nie geplant – aber Russland hat ihnen keine andere Wahl gelassen."
Sie äußerte sich zuversichtlich, dass beide Länder trotz der noch anhaltenden Bedenken der Türkei schon bald Mitglied der NATO seien. "Wir alle haben legitime Sicherheitsinteressen", sagte Baerbock. "Es ist aber allen in der NATO genauso klar, dass das ein wichtiger Moment in der Geschichte ist und wir eine gemeinsame Verantwortung tragen."
Ostseerat verurteilt Angriffskrieg Moskaus
Den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine verurteilte der Ostseerat in seiner Abschlusserklärung. "Wir stehen an der Seite der Ukraine", heißt es darin. Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis betonte, Russland sei in den vergangenen 30 Jahren alle möglichen Formen des Dialogs angeboten worden. "Aber mit dem Angriff auf die Ukraine hat sich Russland nicht nur aus diesem Format hier verabschiedet, sondern auch von der zivilisierten Welt."
Ostseerat wurde 1992 gegründet
Dem 1992 gegründeten Ostseerat gehören neben Deutschland und Norwegen auch Dänemark, Estland, Finnland, Litauen, Lettland, Polen, Schweden, Island und die EU an. Die Mitgliedschaft Russlands wurde Anfang März ausgesetzt. Daraufhin erklärte Moskau vergangene Woche seinen Austritt. Bis zum Angriff auf die Ukraine war der Rat eine der Runden, in denen konkrete Zusammenarbeit bei Fachthemen mit Moskau möglich war. Er hat sich zum Ziel gesetzt, eine regionale Identität zu schaffen sowie Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wohlstand zu fördern.
nob/kle (dpa, rtr)