Originalnoten von Gustav Mahler aufgetaucht
10. April 2017Ein Glück für die musikwissenschaftliche Forschung, dass die Noten 2016 doch nicht im Müll landeten. Denn wie jetzt bestätigt werden konnte, handelt es sich bei dem Schriftstück um ein kostbares Autograph (Originalnoten) von Gustav Mahler.
Der Musikwissenschaftler Berthold Over, der bis Oktober 2016 an der Uni Mainz tätig war, schreibt über den Vorfall in der Fachzeitschrift "Archiv Musikwissenschaft". Durch Schriftvergleiche und Papieranalyse stellte er fest, dass es sich bei dem Fund um das erste der fünf "Kindertotenlieder" mit dem Titel "Nun will die Sonn' so hell aufgeh'n" handelt.
Gustav Mahler komponierte seine "Kindertotenlieder" in den Jahren 1901 und 1904. Nur zu vier der fünf Lieder existierten bisher die Noten im Original - das fünfte Lied galt als verschollen.
Der Fund des fünften Liedes - Nr. 1 in der Nummerierung - bedeute jetzt, "dass man sagen kann, welche drei Lieder 1901 und welche zwei 1904 komponiert wurden", sagte Over der DW. "Es ist manchmal etwas schwierig, die Chronologie festzulegen, weil Mahler seine Manuskripte nicht datierte."
Von Wien nach München - und vielleicht zu Sotheby's?
Nach Angaben Overs stammt das Notenblatt ursprünglich aus dem Besitz der Wiener Familie Conrat, in deren Musiksalon Gustav Mahler und seine Frau Alma zu Gast waren. Über die Tochter der Familie sei das Manuskript nach München gelangt, wo es als Schenkung in die Privatsammlung kam und dort lange unentdeckt blieb.
Der Besitzer der Sammlung, der nicht genannt werden will, hat nun einen Gegenstand, der nicht nur für die Musikwissenschaft einen hohen Wert besitzt. "Wenn man das mit anderen Manuskripten vergleicht, die versteigert werden, oder die sozusagen über den Ladentisch gehen", so Berthold Over, "sind bei Mahler-Manuskripten sechsstellige Beträge drin."
Gustav Mahlers Frau Alma konnte nicht fassen, warum ihr Mann Lieder auf tieftraurige Texte des Dichters Friedrich Rückert komponieren konnte während seine eigenen Kinder glücklich und gesund im Garten spielten. Als 1907 allerdings seine Tochter Maria-Anna an Scharlach-Diphtherie starb, deutete Alma die Komposition der Lieder als eine unheimliche Vorahnung der Tragödie.