Parlamentsboykott beendet
25. Februar 2010Auch noch 20 Jahre nach der Wende in Albanien ist der lange Transformationsweg von Krisen geprägt. Wahlverlierer nutzten in der postkommunistischen Zeit immer wieder das Mittel des Parlamentsboykotts und zweifelten die Wahlergebnisse von Parlamentswahlen an - und noch heute ist der Boykott ein beliebtes Mittel im politischen Instrumentenkasten.
So boykottierte auch die Sozialistische Partei, die die letzten Parlamentswahlen vom 28.06.2009 verloren hat die Palamentsarbeit. Sie forderte die Neuauszählung der Stimmzettel und bezeichnete das derzeitige Parlament als "illegitim". Insbesondere bei den Auszählungen der Stimmen in drei Wahlbezirken seien Standards für faire und freie Wahlen nicht erreicht worden. Deswegen organisierten die Sozialisten im letzten Herbst Protestveranstaltungen in mehreren Städten unter dem Motto: "Öffnet die Wahlrunen!"
Starre Fronten
Die Regierungskoalition unter Premierminister Sali Berisha von der Demokratischen Partei (PD) und Vizepremier Ilir Meta von der linksliberalen Sozialistischen Integrationsbewegung sind kategorisch gegen die Neuauszählung. Ihrer Meinung nach habe sich die albanische Justiz des Themas bereits angenommen und ihr Urteil gesprochen. Da beide Lager auf ihren Positionen beharrten, spitzte sich die Konfrontation so weit zu, dass gegenseitige persönliche Beleidigungen in der Öffentlichkeit an der Tagesordnung waren.
Zähes Ringen um Einigung
Der EU Botschafter in Tirana, Helmuth Lohan hatte gegenüber der Deutschen Welle erklärt, dass "ein funktionsfähiges Parlament entscheidend für den Fortschritt Albaniens" auf dem Weg nach Europa sei. Dazu gehöre auch die Opposition. Deswegen hatte auch er die Parteien zu einer Einigung aufgerufen.
Nach Vermittlungsbemühungen des Europarates und der EU, einhergehend mit einer Initiative des Präsidenten Bamir Topi, verkündeten die Sozialisten am 25.02.2010, wieder ins Parlament einzuziehen. Sie stellten allerdings die Bedingung, dass die Wahlergebnisse durch einen parlamentarischen Ausschuss überprüft werden müssen.
Skepsis bei ExpertenI
In einem Interview für die Deutsche Welle betonte der Vertreter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Tirana, Michael Weichert, dass allein die Rückkehr der Sozialisten ins Parlament noch kein Ende der innenpolitische Krise in Albanien bedeute. Die nächste Krise sei bereits vorprogrammiert: "Wir werden uns sicherlich darauf einstellen müssen, dass es in der Frage, was die Aufgabe und die Zuständigkeit der angestrebten Untersuchungskommission sein soll, noch heftige Auseinandersetzungen geben wird." Dennoch sei es sehr gut, dass diese Auseinandersetzung von der Strasse ins Parlament getragen worden sei.
Die EU habe deutlich gemacht, dass der Fortschritt der EU-Beitrittsverhandlungen davon abhängt, wie die Parteien die innenpolitische Krise beheben werden. Weichert räumte ein, dass die Rückkehr der Opposition ins Parlament und die Aufklärung der Wahlbetrugsvorwürfe durch eine Untersuchungskommission die Situation zunächst entschärfen werde. Die weitere Entwicklung müsse jedoch beobachtet werden, so Weichert.
Autorinnen: Vilma Filaj-Ballvora / Mirjana Dikic
Redaktion: Fabian Schmidt