Olympia in Paris: Ein großes Fest des Sports
11. August 2024Auch der höchste Sportfunktionär der Welt war begeistert. "Diese Olympischen Spiele Paris 2024 sind eine Liebesgeschichte", sagte Thomas Bach, der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) bei seiner Abschlusspressekonferenz. "Die Athletinnen und Athleten, die Menschen in Frankreich und auf der ganzen Welt sind verliebt in die Spiele und ineinander. Man kann den Enthusiasmus aller spüren und sehen."
Die 33. Olympischen Spiele der Neuzeit sind Geschichte. Rund 10.500 Sportlerinnen und Sportler kämpften in Paris gut zwei Wochen lang in 32 Sportarten um Medaillen. Erstmals in der olympischen Geschichte waren genauso viele Frauen am Start wie Männer. Erfolgreichste Nation waren die USA mit 40-mal Gold, 44-mal Silber und 42-mal Bronze. Deutschland landete mit 12 Gold-, 13 Silber- und 8 Bronzemedaillen in der Nationenwertung auf dem 10. Rang.
Spektakuläre Eröffnungsfeier
Normalerweise redet am Ende Olympischer Spiele niemand mehr über die Eröffnungsfeier. Nicht so in Paris. Die Feier unter der Regie von Thomas Jolly war ein Feuerwerk der Kreativität. Kurzweilig, spektakulär, divers. Die Athletinnen und Athleten fuhren in Booten über die Seine, Musik-Superstars wie Lady Gaga und Celine Dion sangen. Und das Olympische Feuer wurde am Ende des Fackellaufs an einem Ballon hängend in den Pariser Nachthimmel gezogen.
Trotz überschwänglicher Lobeshymnen aus aller Welt erhielt Regisseur Jolly auch einige Morddrohungen - weil er angeblich in einer Tanzszene mit Dragqueens, einem Trans-Model und einem fast nackten Sänger das letzte Abendmahl Jesu lächerlich gemacht habe. Jolly wies den Vorwurf vehement zurück.
Überragende Stimmung
Das begeisterte Publikum machte fast jeden olympischen Wettbewerb zu einer Party. Vor allem, wenn französische Sportlerinnen und Sportler am Start waren. Wenn etwa Frankreichs Schwimmstar Léon Marchand im Becken war, jubelten 17.000 Zuschauer in der La Défense Arena mit einer Lautstärke, die an den Torjubel in einem Fußballstadion erinnerte. Auch bei Langstrecken-Veranstaltungen im Freien, zum Beispiel beim Straßenradrennen, standen die Sportfans in Zehnerreihen Spalier und feuerten die Aktiven an.
Es wirkte, als dürsteten die Menschen nach den "Corona-Spielen" von Tokio geradezu nach olympischem Sport mit ungehindertem Zugang. Noch nie wurden so viele Eintrittskarten bei Olympischen Spielen verkauft wie in Paris: fast neun Millionen. Mehr als 50.000 Polizisten, Gendarmen und Soldaten sorgten für Sicherheit während der Spiele. Und die Sehenswürdigkeiten in und um Paris wie der Eiffelturm, die Basilika Sacre Coeur oder auch das Schloss von Versailles sorgten für spektakuläre Wettkampf-Kulissen. Es sei gelungen, ein positives Bild zu zeichnen "von Paris, von dem, was wir zusammen sind, von den Franzosen, von diesem ganz besonderen Volk, das immer mit Erstaunen und ein wenig Bewunderung aus dem Ausland betrachtet wird", befand die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo.
Die Superstars der Spiele
Léon Marchand hat sich zum neuen französischen Sport-Nationalhelden geschwommen. Der 22-Jährige war mit vier Einzel-Goldmedaillen und Staffel-Bronze der erfolgreichste Starter der Spiele. "Ich habe das Gefühl, dass meine Erfolge Paris eine Woche lang verändert haben", schwärmte der Schwimmstar im DW-Interview. "Es war magisch hier. Es war erfolgreich. Die Olympischen Spiele waren unglaublich. Jeder hat den Sport verfolgt, und das ist wirklich selten und ganz besonders für uns Athleten.
"US-Turn-Superstar Simone Biles, die 2021 in Tokio noch mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte und anschließend mehr als anderthalb Jahre lang keinen Wettkampf bestritt, gelang ein eindrucksvolles olympisches Comeback: dreimal Gold, darunter im Mehrkampf, und einmal Silber. Gemessen an der Zahl der Medaillen - 30 bei Weltmeisterschaften, elf bei Olympia - ist die 27-Jährige die erfolgreichste Turnerin aller Zeiten.
Das Pendant zu ihr im Schwimmen ist Katie Ledecky. Die ebenfalls 27 Jahre alte Kraulspezialistin aus den USA gewann in Paris Olympia-Gold Nummer acht und neun ihrer Karriere, außerdem zweimal Silber. Für den spektakulärsten Weltrekord der Spiele sorgte Stabhochspringer Armand Duplantis, der seinen Titel aus Tokio verteidigte: Der 24 Jahre alte Überflieger aus Schweden übersprang 6,25 Meter und damit 30 Zentimeter höher als der Zweitplatzierte Sam Kendricks aus den USA.
Die Aufreger
Über nichts anderes wurde in Paris so intensiv und lange diskutiert wie über die mangelnde Wasserqualität der Seine und das Startrecht der Boxerinnen Imane Khelif und Lin Yuting. Der Triathlon der Männern musste um einen Tag verschoben werden, weil im Wasser der Seine zu viele Koli-Bakterien gefunden wurden.
Der Fluss "schmeckt eigentlich ganz normal", befand die deutsche Triathletin Nina Eim, als die Triathlon-Wettbewerbe inklusive Schwimmen in der Seine schließlich ausgetragen wurden. Aktive aus Belgien, der Schweiz und Norwegen erkrankten hinterher. Ein eindeutiger Zusammenhang mit dem Schwimmen im Fluss wurde aber nicht nachgewiesen. Am Ende wurde auch das Freiwasserschwimmen über zehn Kilometer wie geplant in der Seine ausgetragen.
Für eine Dauerdebatte sorgte auch der Start der Boxerinnen Khelif aus Algerien und Lin aus Taiwan. Khelifs erste Gegnerin Angela Carini gab nach nur 46 Sekunden auf, weil sie zweimal hart an der Nase getroffen worden war und schlecht Luft bekam. Danach brachen in den sozialen Medien heftige Diskussionen um das Startrecht der Algerierin aus, die teilweise auch in Hass und Desinformation mündeten.
Die International Boxing Association (IBA) hatte Khelif und Lin bei der WM 2023 disqualifiziert. Begründung: Sie hätten den Geschlechtstest nicht bestanden und dürften deshalb nicht bei den Frauen starten. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte dem Verband IBA alle olympischen Rechte entzogen und den Boxwettbewerb in Paris selbst organisiert.
Das IOC verteidigte das Startrecht der beiden Boxerinnen. Sie seien Frauen, so die olympische Organisation. Khelif und Lin gewannen in ihren Gewichtsklassen in Paris jeweils die Goldmedaille. Nach ihren Olympiasiegen wurde den beiden eine besondere Ehre zuteil. Bei der Abschlussfeier der Spiele im Stade de France durften sie die Fahne ihres jeweiligen Landes tragen. Nach den Worten von IOC-Chef Bach wird erst im kommenden Jahr entschieden, ob Boxen auch bei den nächsten Spielen 2028 in Los Angeles noch im olympischen Programm stehen wird oder nicht.
Sportliche Bilanz des deutschen Teams
Im Vergleich zu den Spielen 2021 sammelte das Team D zwar insgesamt weniger Medaillen, 33 nach 37 vor drei Jahren, bejubelte aber zwölf deutsche Olympiasiege, zwei mehr als in Tokio. Mit viermal Gold wurde Deutschland zur erfolgreichsten Pferdesport-Nation der Spiele. Dressurreiterin Isabell Werth feierte mit der Mannschaft den achten Olympiasieg ihrer Karriere und avancierte damit zur erfolgreichsten deutschen Sommerolympionikin aller Zeit. Schwimmer Lukas Märtens gewann über 400 Meter Freistil das erste olympische Schwimm-Gold im Becken seit Seoul 1988.
Deutlich besser als in Tokio schnitt das Team D auch in den Mannschaftssportarten ab. Das 3x3-Basketball-Team der Frauen gewann Gold. Das Beachvolleyball-Duo Nils Ehlers und Clemens Wickler freute sich über die Silbermedaille.
Die Basketball-Weltmeister um Dennis Schröder mussten sich zwar mit dem undankbaren vierten Platz begnügen, doch die deutschen Handballer, die beim erfolgreichen Viertelfinal-Krimi gegen Gastgeber Frankreich für einen der Höhepunkte dieser Spiele sorgten, sicherten sich Silber. Das Hockey-Team der Männer musste sich im Finale erst im Penaltyschießen den Niederländern geschlagen geben und gewann Silber. Die deutschen Fußballerinnen holten im letzten Spiel von Bundestrainer Horst Hrubesch Bronze. Die deutschen Tischtennisspielerinnen schrammten mit Platz vier nur knapp an den Medaillenrängen vorbei.