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Offener Brief verschärft Debatte um Waffenlieferungen

1. Mai 2022

Nach dem Erscheinen eines Offenen Briefs von 28 Kulturschaffenden an Bundeskanzler Olaf Scholz wird heftig über die geplante Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gestritten - vor allem in den sozialen Medien.

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Bild: Monika Skolimowska/dpa/picture alliance

Am vergangenen Freitag (29.04.) ist auf der Website des Magazins Emma ein Offener Brief von 28 Kulturschaffenden an Bundeskanzler Olaf Scholz erschienen. Die prominenten Ersunterzeichnenden, darunter die Feministin Alice Schwarzer, die Schriftstellerin Juli Zeh, der Sänger Reinhard Mey, der Autor Alexander Kluge und der Schauspieler Lars Eidinger, richten darin einen dringenden Appell an den Kanzler, nicht noch mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern.

Anders als viele Kritiker aus Kultur und Politik, die Scholz eine zaudernde Haltung vorwerfen, loben die Unterzeichner des Briefes, dass dieser "bisher die Risiken so genau bedacht" und alles getan habe, um eine Ausweitung des Ukraine-Kriegs zum Dritten Weltkrieg zu vermeiden. Der Bundestag hatte am Donnerstag mit großer Mehrheit die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gebilligt. Im Vorfeld war der Druck auf die Regierung - sowohl in der Öffentlichkeit als auch im Bundestag - massiv gestiegen. 

Alice Schwarzer lächelt in die Kamera
Alice Schwarzer ist eine der Erstunterzeichnerinnen des Offenen Briefs an Olaf ScholzBild: Oliver Berg/dpa/picture alliance

Meinungskrieg auf Twitter

Die Debatte um die geplanten Waffenlieferungen nimmt seit dem Erscheinen des Offenen Briefs nun immer mehr an Fahrt auf - vor allem in den sozialen Medien. So twitterte der Satiriker Jan Böhmermann noch am Tag der Veröffentlichung des Briefes einen bissigen Kommentar zur Intelligenz der Verfasser.

  

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk griff "Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer auf Twitter direkt an, bezeichnete ihren "gefeierten Feminismus" angesichts von Massenvergewaltigungen ukrainischer Frauen durch russische Soldaten als "Fassade" und warf ihr Zynismus vor.

Alice Schwarzer reagierte in einem Interview mit der "Welt" nicht weniger scharf auf Melnyks Kritik: "Das ist nackte Demagogie und dieser Botschafter schadet seinem Land", so Schwarzer. "Es ist nicht das erste Mal, dass der ukrainische Botschafter Ungeheuerliches sagt."

Politik und Bevölkerung gespalten

Auch seitens der Politik und quer durchs Parteienspektrum hagelt es Kritik an dem Offenen Brief. So fragt sich der Grünen-Politiker Peter Heilrath auf Twitter, ob die Unterstützer des Briefs auch den Kämpfern im Warschauer Ghetto zum Aufgeben geraten hätten, "um unnötige Opfer zu verhindern".

Konstantin Kuhle, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, bezeichnete die Position der Unterzeichnenden bei Twitter als "Wahnsinn". Seine Parteikollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schrieb: Der einzig mögliche Kompromiss sei die "vollständige Wiederherstellung territorialer Integrität der Ukraine".

Sahra Wagenknecht (Die Linke) hingegen bleibt der pazifistischen Linie ihrer Partei treu und teilt die Meinung der Erstunterzeichner. Wagenknecht schrieb auf Twitter, dass die Forderungen zur Verhinderung eines Dritten Weltkrieges seit der Entscheidung für die Waffenlieferungen nun umso dringlicher seien. 

Die deutsche Bevölkerung ist in der Frage, ob Deutschland schwere Waffen an die Ukraine liefern soll, gespalten. 45 Prozent sprechen sich dafür aus und genauso viele dagegen. Das hat zuletzt eine repräsentative Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend ergeben. 

Den Offenen Brief der Kulturschaffenden haben mittlerweile auf change.org, der weltweiten Plattform für Online-Aktivismus, über 100.000 Menschen unterzeichnet (Stand 01.05.)

pj/al (epd, dpa, Kölner Stadt-Anzeiger)