Migrantenkinder weiter benachteiligt
2. Juli 2015Im Jahr 2012 war jede zehnte in EU-Ländern lebende Person nicht im Inland geboren und seit dem Jahr 2000 stieg die Zuwandererbevölkerung mehr als 30 Prozent, schreiben die Autoren einer neuen Studie, die im Auftrag der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Europäischer Kommission erstellt wurde.
Zuwanderer schneiden schlechter ab
Der Bericht mit dem Namen "Integration von Zuwanderern: Indikatoren 2015" wertet Daten zur Bildung, Gesundheit, zu den Wohnverhältnissen sowie zur Einkommens- und Arbeitsmarktsituation von Zuwanderern und deren Kindern aus. Insgesamt wurden 16 OECD-Mitgliedsländer untersucht. Das Hauptergebnis: In den meisten Bereichen schneiden die Zuwanderer schlechter ab als die im Inland Geborenen, wenn auch manchmal nur wenig.
Für Deutschland stellt die Studie fest, dass Einwanderer zwar immer besser in den Arbeitsmarkt integriert würden, dagegen aber bei den Kindern von im Ausland geborenen Eltern ein großer Aufholbedarf bestehe. Dies gelte insbesondere für diejenigen, die bereits in Deutschland geboren wurden.
Doppelt so hohe Jugendarbeitslosigkeit
Demnach war ihr Anteil an der Jugendarbeitslosigkeit im Jahr 2013 mit 15 Prozent mehr als doppelt so hoch wie der Anteil arbeitsloser Jugendlicher, deren Eltern im Inland geboren wurden. OECD-weit unterschied sich die Arbeitslosenquote bie Jugendlichen dagegen nur um zwei Prozentpunkte.
Während junge Menschen ohne Migrationshintergrund in Deutschland heute öfter in Arbeit sind als zu Beginn der Krise 2008, ging die Beschäftigungsquote bei im Land geborenen Nachkommen von Zuwanderern um sechs Prozentpunkte zurück.
Großes Defizit bei der Bildung
Und schon vor dem Erwerbsleben haben es Kinder von Zuwanderern schwer. So zeigen die Daten zur Bildungs-Teilhabe: Nur jeder Sechste verfügt über einen Hochschulabschluss oder Meisterbrief, bei den Unter-35-Jährigen ohne Migrationshintergrund ist es jeder Dritte.
Im EU-Durchschnitt fällt der Unterschied zwischen jungen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund weit geringer aus. Im Durchschnitt der 16 untersuchten OECD-Länder sind Migrantenkinder sogar häufiger hochgebildet als ihre Altersgenossen ohne Migrationshintergrund.
Probleme beim Zugang zum Arbeitsmarkt
Selbst wenn es Jugendliche aus Zuwandererfamilien in Deutschland schaffen, einen höheren Bildungsabschluss zu erlangen, haben sie größere Probleme am Arbeitsmarkt als Nachkommen in Deutschland geborener Eltern. Die Beschäftigungsquote von Migrantenkindern mit Hochschulabschluss liegt sieben Prozentpunkte unter der von hochqualifizierten jungen Menschen ohne Migrationshintergrund. Bei den Niedrigqualifizierten gibt es hingegen keine Differenz.
Des Weiteren sind 28 Prozent aller hochqualifizierten erwerbstätigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund überqualifiziert für ihre Jobs. Bei den 15- bis 34-Jährigen mit deutschen Eltern sind es nur halb so viele.
Im Gegensatz zu anderen Ländern sind Zuwandererkinder in Deutschland auch im öffentlichen Sektor unterrepräsentiert. Während EU-weit 20 Prozent der erwerbstätigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund in diesem Bereich arbeiteten sind es in Deutschland nur sieben Prozent. Die OECD hob zudem hervor, dass dieser Sektor in anderen Ländern als "starker Motor für Integration" wirke.
Defizite in der deutschen Integrationspolitik
Mit ihren Ergebnissen bescheinigen die Autoren Deutschland ein großes Defizit in Sachen Integrationspolitik, denn gerade die Situation junger Menschen zwischen 15 und 34 Jahren gilt als wichtigster Gradmesser für den Erfolg oder Misserfolg von Integration.
Positiv bewerten die OECD-Experten aber die Entwicklung der schulischen Leistungen der Kinder von Migranten. Während sie im Jahr 2003 laut der Studie bei der Lesekompetenz noch fast zweieinhalb Jahre hinter ihren Mitschülern ohne Migrationshintergrund lagen, hatte sich diese Lücke im Jahr 2012 zu mehr als der Hälfte geschlossen.
cw/sp (OECD.de, afp)