Obama kämpft gegen Atomwaffen
7. April 2010Ist eine atomwaffenfreie Welt möglich? 65 Jahre nach den US-Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki hat in Washington ein deutliches Umdenken eingesetzt. US-Präsident Barack Obama verfolgt das ehrgeizige Ziel, die Anwendung von Atomwaffen weitestgehend einzuschränken.
Am Dienstag (06.04.2010) gaben Außenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Robert Gates eine mit Spannung erwartete offizielle Erklärung zur neuen Atompolitik des Weißen Hauses ab. Danach wollen sich die USA erstmals verpflichten, keine Atomwaffen mehr gegen Staaten einzusetzen, die selbst nicht Atommacht sind. Diese Regel solle selbst dann gelten, wenn die USA mit chemischen oder biologischen Waffen angegriffen würden. Auch in so einem Fall würden die konventionellen Waffen der USA genügen, um den Bedrohungen begegnen zu können, betonte auch Obama.
"Außenseiter" ausgenommen
Aber es gibt Ausnahmen in den Plänen des Weißen Hauses: "Außenseiter"-Staaten wie der Iran oder Nordkorea fallen für den US-Präsidenten nicht unter die neue Atomwaffen-Regelung, da von ihnen aktuell eine unmittelbare Bedrohung ausgehe. Damit hält sich das Weiße Haus die Hintertür offen, im Notfall auch mit Atomwaffen gegen die momentan weltweit größten nuklearen Provokateure vorgehen zu können.
Prinzipiell ist das Ziel der neuen Strategie, US-Atomwaffen künftig nur noch im absoluten Notfall einzusetzen: zur Verteidigung bei einem nuklearen Angriff auf die USA. Ansonsten sei es Aufgabe der Waffen, als Abschreckung zu dienen, nicht aber bei Kriegshandlungen unmittelbar zum Einsatz zu kommen, erklärte Obama in einem Interview.
Hand in Hand mit Russland?
Als nächsten Schritt setzt Obama auf eine Atom-Verständigung mit Russland: Am Donnerstag (08.04.2010) reist er nach Prag, um dort mit Russland den neuen START-Vertrag zur Verringerung von Atomwaffen zu unterzeichnen. START steht für "Strategic Arms Reduction Treaty" und ist ein Abkommen zwischen den ehemaligen Feinden USA und Russland: Schrittweise sollen auf beiden Seiten die strategischen nuklearen Waffen aus Zeiten des Kalten Krieges abgebaut werden.
Beginn der Ära von START 3?
Das START-1-Abkommen von 1991 läuft im April 2010 aus, START-2 trat nie in Kraft. Dementsprechend wichtig war es Barack Obama, das Thema START-Abkommen schnellstmöglich wieder auf die Tagesordnung zu setzen und einen neuen, bindenden Vertrag mit Russland zu unterzeichnen. Bereits vor einem Jahr, in seiner Prager Rede am 5.April 2009, erläuterte Obama sein Ziel einer atomwaffenfreien Welt und kündigte ein START-3-Abkommen mit Russland an.
Um nicht bald ohne Abkommen dazustehen, vereinbarten der russische Präsident Medwedew und Obama einen weiteren Abbau von Sprengköpfen und Raketen in den kommenden zehn Jahren. Danach darf jedes der beiden Länder nur noch maximal 1550 Sprengköpfe und 800 Raketen-Trägersysteme besitzen. Dieser Vertrag soll jetzt am 8. April in Prag feierlich unterzeichnet werden.
Deutschland hofft auf Abzug der Atomwaffen
Damit sind die Gespräche aber keineswegs abgeschlossen: Bei den weiteren Verhandlungen mit Russland soll es nicht nur um Langstreckenraketen, sondern dann auch um den Abbau der Atomwaffen mit kurzer Reichweite gehen. Erst dann könnten auch die US-Atomwaffen in Deutschland verschwinden: Immer noch lagern als Relikte des Kalten Krieges schätzungsweise bis zu 20 Atomsprengköpfe in der Bundesrepublik. Besonders die FDP drängt darauf, diese Waffen schnellstmöglich abzubauen. Noch legte sich Obama aber nicht auf einen Zeitpunkt zum Abzug dieser Waffen fest.
Großer Atom-Gipfel in Washington
Als Höhepunkt der Anti-Atom-Bewegung von Barack Obama werden in der kommenden Woche die Staats- und Regierungschefs aus mehr als 40 Staaten auf Einladung des US-Präsidenten nach Washington D.C. reisen. Dort sollen auf einem riesigen Nuklear-Gipfel die internationalen Abrüstungsstrategien beraten werden. Zentrum der Debatte wird sein, wie man verhindern kann, dass Atomwaffen in die Hände von Terroristen fallen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird dazu in Washington erwartet.
Autorin: Anna Kuhn-Osus (ap/dpa/afp/rtr)
Redaktion: Oliver Pieper