OAS mahnt Ende der Gewalt in Nicaragua an
1. Juni 2018Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sagte in einer über den Kurzmitteilungsdienst Twitter verbreiteten Videobotschaft, er verurteile die von "repressiven Kräften" und bewaffneten Gruppen verübten Morde und solidarisiere sich mit den Familien der Opfer. Die OAS rufe den Staat auf, die Gewalt zu stoppen, erklärte Luis Almagro in seiner bisher deutlichsten Ansage an das mittelamerikanische Land. Almagro nannte dabei weder den Namen des Präsidenten Daniel Ortega und bezog sich auch nicht ausdrücklich auf dessen Regierung, machte den Adressaten seiner Botschaft aber dennoch klar. Die einzige Lösung für den Konflikt in dem Land seien freie Wahlen, sagte Almagro. "Das ist die einzige Lösung für das Volk Nicaraguas." Die OAS arbeite an Schritten, um die demokratischen Institutionen wiederherzustellen.
Almagro war bisher unangebrachte Zurückhaltung gegenüber Ortega vorgehalten worden. Die Menschenrechtskommission der OAS hatte den Sicherheitskräften bereits vorgeworfen, die Demonstrationen brutal niedergeschlagen zu haben.
Ende der Protestwelle nicht in Sicht
Bei den jüngsten Protesten waren bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten, Regierungsanhängern und Sicherheitskräften erneut mehrere Menschen getötet worden. Die Polizei registrierte nach eigenen Angaben 15 Tote und sprach von mehr als 200 Verletzten. Nach offizieller Zählung sind damit seit Beginn der Proteste Mitte April 39 Menschen ums Leben gekommen. Menschenrechtler gehen aber davon aus, dass bei den blutigen Zusammenstößen bislang fast 100 Menschen getötet wurden.
Ortegas Rückhalt in der Bevölkerung schwindet weiter
Hunderttausende Demonstranten hatten am Mittwoch bei einem Protestmarsch in der Hauptstadt Managua den Rücktritt von Präsident Ortega und Gerechtigkeit für die Opfer der jüngsten Krawalle gefordert. In der ersten Reihe marschierten in schwarz gekleidete Frauen mit Fotos ihrer Kinder und Enkel, die bei den blutigen Protesten der vergangenen Wochen ums Leben gekommen waren.
Seit Mitte April gibt es in Nicaragua Massenproteste gegen die sandinistische Regierung. Die Wut der Demonstranten hatte sich zunächst gegen Pläne zur Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge und für Rentenkürzungen gerichtet. Ortega zog seine umstrittene Sozialreform angesichts des Widerstands dagegen schon bald wieder zurück. Doch der Bevölkerung des zweitärmsten Landes in Lateinamerika reicht das nicht. Der Protest richtet sich inzwischen gegen Ortegas autoritäre Regierung. Die Demonstranten fordern den Rücktritt des Staatschefs, vorgezogene Präsidentschaftswahlen sowie ein Ende der Unterdrückung und der Pressezensur.
qu/se (dpa, afp, rtr)