Nur 15 Minuten Dominanz
24. April 2014Rein von den Zahlen her betrachtet müsste das Spiel zwischen Real Madrid und Bayern München Pep Guardiola eigentlich gefallen haben. 72 Prozent Ballbesitz, 705 gespielte Pässe (Real Madrid: 276) und 18 Torschüsse (Real: neun). "Wir haben viel Ballbesitz gehabt, nur die letzten Aktionen vor dem Tor müssen wir verbessern", sagte Guardiola bei der Pressekonferenz nach dem Spiel. "Ich bin stolz auf meine Mannschaft, wir haben sehr gut gespielt." Damit kann der Spanier allerdings im Grunde nur die ersten fünfzehn Minuten der Partie gemeint haben, denn insgesamt verschleiert die Statistik, wie ineffektiv Guardiolas Mannschaft bei ihrem Auftritt im Estadio Bernabeu agiert hat.
Nur in der ersten Viertelstunde war wieder etwas zu sehen von der alten Bayern-Spielweise. Der Ball lief, der Gegner auch, ohne eine Chance, ihn auch zu erreichen. Fünfzehn Minuten lang funktionierte die auf Ballbesitz ausgerichtete Taktik von Bayern-Coach Pep Guardiola. Fünfzehn Minuten lang verhielten sich die Spieler von Real Madrid wie das Kaninchen vor der Schlange, ohne Mut und nur in Erwartung des ersten Gegentreffers. Diese Drangphase war beendet, als Benzema zum 1:0 einnetzte und damit bereits den Endstand herstellte. Hauptsächlich haben drei Gründe zu dieser 0:1-Niederlage geführt, die deutlich höher hätte ausfallen können, wäre Real nicht so verschwenderisch mit seinen Chancen umgegangen.
Kein Mut, schwache Standards
Zum einen fehlte den Bayern oftmals der Mut: Immer wieder wurden schnelle Vorstöße und Ansätze zum Dribbling abgebrochen und mit einem Kurzpass zum Neben- oder Hintermann beendet, statt den Weg in den Zweikampf zu suchen und möglicherweise eine Ecke oder einen Freistoß herauszuholen. Ausnahmen bildeten der emsige Arjen Robben auf dem rechten Flügel, der immer wieder ins Eins-gegen-Eins ging und David Alaba auf der anderen Seite, der bei seinen Dribblings allerdings nicht den Torabschluss suchte, sondern eher probierte, Franck Ribéry in Szene zu setzen, der seiner Bestform aber nach wie vor weit hinterherläuft.
Außerdem waren die Standards der Bayern erschreckend schwach. Weder bei einer ihrer zahlreichen Ecken, noch bei Freistößen schafften sie es, den kopfballstarken Mario Mandzukic in Szene zu setzen. Mehr als einmal blieb der Ball beim Eckstoß gleich am ersten Madrider Abwehrspieler hängen. Den Madrilenen wurden so Konterchancen eröffnet. Ohnehin hing Mandzukic als einzige Spitze in der Luft und hatte kaum Aktionen. Meist sah der Kroate die schwachen Flanken seiner Mitspieler über sich hinwegsegeln, statt den Ball verwertbar zugespielt zu bekommen.
Und schließlich fehlte dem Bayern-Spiel in Madrid fast jegliche Torgefahr. Über 70 Prozent Ballbesitz aber nur zwei, vielleicht drei hochkarätige Torchancen, das kann nicht das Ziel und das Spiel der Bayern sein. Die beste Chance hatte Mario Götze kurz vor dem Ende. Dass er mit seinem harten Schuss am glänzenden Iker Casillas scheiterte, war Pech - verdient wäre der Ausgleich dennoch nicht gewesen.
Hoffnung auf das Rückspiel
Was seit einigen Wochen für die Bundesliga gilt, setzt sich nun auch in der Champions League fort: Bayern München ist nicht mehr unschlagbar. Im Gegenteil: Der deutsche Rekordmeister ist hinten anfällig und vorne harmlos geworden. Eine schlechte Mischung, wenn man als erstes Team den Titel in der Champions League verteidigen möchte. Hoffnung machen lediglich das knappe Ergebnis und die gute Anfangsviertelstunde - und die Tatsache, dass Pep Guardiola nun wieder eine Woche Zeit hat, mit seiner Mannschaft an ihren Schwächen zu arbeiten. Tut er das so engagiert wie er sich im Bernabeu-Stadion über ihre Fehler aufgeregt hat, besteht noch Hoffnung, dass es der FC Bayern mit einem guten Rückspiel vielleicht doch noch zum Finale nach Lissabon schafft.