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Zschäpe-Aussage verschoben

10. November 2015

Nach einem Befangenheitsantrag gegen das Gericht und dem Antrag der ursprünglichen Zschäpe-Verteidiger auf Entlassung hat der Richter die kommenden Verhandlungstage abgesetzt. Der Prozess wird nächste Woche fortgesetzt.

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Deutschland NSU Prozess Beate Zschäpe
Bild: picture alliance/dedimag.de/M. Müller

Neue Wendung im NSU-Prozess. Die eigentlich für Mittwoch angekündigte Aussage der mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe im NSU-Prozess wird verschoben. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl unterbrach den Prozess bis kommenden Dienstag. Wann Zschäpe Gelegenheit zur Aussage bekommen wird, ließ Götzl zunächst offen. Zschäpes neuer Verteidiger Mathias Grasel hatte am Montag angekündigt, dass er am Mittowch eine Erklärung seiner Mandantin verlesen wolle. Daraufhin gab es zwei weitere Anträge.

Befangenheit des Richters und Entlassungsgesuch der Verteidiger

Der Verteidiger von Ralf Wohlleben, Olaf Klemke, erklärte, ein Ablehnungsgesuch gegen die Richter des zuständigen Senats am Oberlandesgericht München zu stellen. Zur Begründung des Vorhabens machte Klemke keine Angaben. Wohlleben zählt neben Beate Zschäpe zu den vier Angeklagten im NSU-Prozess.

Der Befangenheitsantrag steht offenbar im Zusammenhang mit dem Antrag der drei ursprünglichen Pflichtverteidiger von Zschäpe, sie von ihren Aufgaben zu entbinden. Die Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm begründeten ihren Antrag damit, dass eine Verteidigung "im Sinne der Interessen unserer Mandantin" künftig nicht mehr möglich sei. "Unsere Verteidigerbestellungen sind nur noch Fassade und dienen erkennbar nur der Aufrechterhaltung des Scheins einer ordnungsgemäßen Verteidigung", heißt es in dem Antrag.

Zschäpe-Anwälte greifen Richter Götzl an

In diesem Zusammenhang kritisierten die drei Juristen auch Richter Götzl. Rechtsanwältin Sturm warf Götzl vor, an den Verfahrensakten vorbei eine eigene Akte zu führen. Es liege eine "erhebliche Verletzung der Aktenklarheit, Aktenwahrheit und Aktenvollständigkeit" vor, sagte Sturm. Sie begründete dies damit, dass Götzl selbst berichtet hatte, am Rande des Verfahrens mit einem im Prozess bislang nicht als Prozessbeteiligter geführten Münchner Rechtsanwalt Gespräche über die Verteidigung Zschäpes geführt zu haben.

Die drei Anwälte Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl (r) unterhalten sich. (Foto: picture-alliance/dpa/P. Kneffel)
Wollen von ihrem Mandat entbunden werden: Die Anwälte Sturm, Heer und Stahl (r.)Bild: picture-alliance/dpa/P. Kneffel

Tatsächlich bestätigte Götzl, dass er bereits am 31. August von einem Kanzleikollegen von Zschäpes viertem Anwalt Mathias Grasel darüber informiert worden sei, dass Zschäpe darüber nachdenke, "sich schriftlich zu äußern". Verteidiger Heer warf Götzl vor, ihn auch auf Nachfrage nicht darüber informiert zu haben. Daraus schloss Herr, dass auch der Richter selbst das Verhältnis zwischen den drei Anwälten und Zschäpe offenkundig als "irreparabel zerrüttet" ansehe.

Der Kollege Grasels ist der Münchner Rechtsanwalt Hermann Borchert, in dessen Kanzlei hat er sein Büro. Von Borchert weiß man, dass er schon seit geraumer Zeit Kontakt zu Zschäpe hat. Warum er nicht selbst an dem Verfahren teilnimmt, ist dagegen nicht bekannt. Es könnte sein, dass Borchert die Strategie Zschäpes festlegt und Grasel auf seine Anweisungen hin agiert, wird nun spekuliert.

Zschäpe will auch auf Nachfragen antworten

Heer, Stahl und Sturm hatten nach eigenen Angaben erst am Montag aus Medienberichten erfahren, dass Grasel am Mittwoch eine umfassende Erklärung Zschäpes verlesen will. Nach der Ankündigung des Befangenheitsantrags ist jedoch unklar, ob Zschäpe tatsächlich wie geplant zu Wort kommt. Entscheidend wird sein, wann über den Antrag der Zschäpe-Anwälte und den Wohlleben-Antrag entschieden wird.

Mit einer Aussage würde Zschäpe ihr mehr als zweieinhalbjähriges Schweigen brechen. Auch auf Nachfragen werde eingegangen, kündigte Grasel an. Man werde aber nur auf Fragen des Senats antworten, nicht auf Fragen der Opfer-Anwälte, erklärte der Jurist, der Zschäpe erst im Juli als vierten Verteidiger an die Seite gestellt worden war. Wer auf Nachfragen antworten wird - Zschäpe persönlich oder er - ließ Grasel offen.

Streit zwischen Zschäpe und ihren Pflichtverteidigern

Der Streit zwischen Zschäpe und ihren drei ursprünglichen Pflichtverteidigern dauert bereits seit Monaten an. Zschäpe versuchte mehrfach vergeblich, die drei loszuwerden. Aber auch Heer, Stahl und Sturm scheiterten im Juli schon einmal mit einem Antrag, von ihren Pflichtmandaten entbunden zu werden.

Ihren neuen Antrag begründeten Heer, Stahl und Sturm nun auch damit, dass sie befürchten müssten, dass "jegliche prozessuale Aktivitäten (...) einem uns möglicherweise nicht bekannten Verteidigungskonzept zuwiderliefe". Zudem habe sich die Verteidigung Zschäpes "nunmehr faktisch auf nur einen Verteidiger verlagert". Von einer ordnungsgemäßen Verteidigung könne deshalb keine Rede mehr sein.

Dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) werden unter anderem neun Morde an Migranten und die Ermordung einer Polizistin vorgeworfen. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, steht seit Mai 2013 in München vor Gericht - zusammen mit vier Mitangeklagten. Die Staatsanwaltschaft wirft Zschäpe Mittäterschaft an allen Taten des NSU vor.

fab/sti/ww (dpa, afp, rt)