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Aufklärung light, wenn überhaupt

Marcel Fürstenau20. März 2014

Der Bundestag setzt einen Untersuchungsausschuss ein, der das Treiben westlicher Geheimdienste in Deutschland erhellen soll. Dabei wird er sich mit Zeugen aus dem Inland begnügen müssen. Die werden mauern, wo sie können.

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Eine anonyme Person blickt auf das NSA-Logo (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

NSA kann alle Telefonate eines Landes speichern

Es war ruhig geworden um den größten politischen Skandal des vergangenen Jahres: die weltweite Ausspähung der elektronischen Kommunikation insbesondere durch die "National Security Agency" (NSA) und ihr britisches Pendant namens "Government Communications Headquarters" (GCHQ). Anfang dieser Woche berichtete dann die "Washington Post", die NSA könne sämtliche Telefonate eines Landes aufnehmen und 30 Tage lang anhören. Angeblich wurde das Programm mit dem passenden Namen "Mystic" 2011 erstmals gegen einen Staat eingesetzt. Welches Land das gewesen sein könnte, darüber schweigt sich das Blatt allerdings aus.

Der Widerhall in deutschen Medien blieb vergleichsweise gering. Wohl auch deshalb, weil Schlagzeilen über die Unersättlichkeit der NSA niemanden mehr schockieren können. Die im vergangenen Sommer begonnenen Enthüllungen des Whistleblowers und früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden haben eine Art Gewöhnungseffekt ausgelöst. Den Geheimdiensten kann das nur Recht sein. Deren Kalkül: Die Öffentlichkeit würde irgendwann das Interesse an den Enthüllungen verlieren.

Zeugen aus den USA würden nicht kommen

Auffällig war auch die Zurückhaltung der Bundesregierung zu Beginn der NSA-Affäre im Sommer vergangenen Jahres. Erst im Herbst, als Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erfuhr, auch sie sei belauscht worden, verschärfte sie gegenüber den befreundeten Staaten den Ton. Bemühungen des damaligen Koalitionspartners FDP, die Aufklärung früher zu forcieren, waren halbherzig und deshalb folgenlos. Auf die Einsetzung des nun fraktionsübergreifend vereinbarten NSA-Untersuchungsausschusses drängten verstärkt die oppositionellen Grünen und Linken. Dieser wurde am Donnerstag (20.03.2014) vom Parlament beschlossen.

Angela Merkel mit einem Smartphone (Foto: Reuters)
"Mein Handy ist sicher" - glaubte Angela MerkelBild: Reuters/Fabrizio Bensch

Ohne die Unterstützung der konservativen CDU/CSU-Fraktion und der Sozialdemokraten gäbe es den Ausschuss allerdings nicht, weil der Opposition die dafür benötigte Zahl von mindestens 25 Prozent der Abgeordneten fehlt.

Das Entgegenkommen der Regierungsfraktionen lässt zwei Schlussfolgerungen zu: Sie wollen sich nicht dem Vorwurf aussetzen, die Aufklärung der NSA-Affäre zu verhindern. Oder sie spekulieren darauf, dass nach den umfangreichen Enthüllungen Snowdens keine großen Überraschungen mehr zu erwarten sind. Wahrscheinlich trifft beides zu. Der NSA-Untersuchungsausschuss könnte auch Zeugen aus den USA oder Großbritannien laden. Es würde aber mit Sicherheit keiner die Reise nach Berlin antreten.

Snowden könnte nach Berlin kommen - theoretisch

Das gilt wohl auch für Snowden, den Grüne und Linke gerne im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss begrüßen und befragen würden. Aber da die Bundesregierung ihm kein sicheres Geleit versprechen kann oder will, bleibt auch dieser Wunsch eine Illusion. Man könnte den Kronzeugen in der NSA-Affäre aber auch schriftlich befragen. So hat es das Europäische Parlament praktiziert, um aus erster Hand informiert zu werden.

Ein verfremdetes Foto von Edward Snowden auf einer Sympathie-Kundgebung (Foto: AFP/Getty Images)
Außerhalb Moskaus ist Edward Snowden nur auf Plakaten zu sehenBild: AFP/Getty Images

Der Deutsche Bundestag wird also auf hochrangige Politiker und Geheimdienstchefs aus den transatlantischen Partnerländern verzichten müssen. Die Grünen kündigten vorsorglich schon mal an, die Bundeskanzlerin als Zeugin laden zu wollen. Auch ihr ehemaliger Geheimdienst-Koordinator Ronald Pofalla (CDU) und Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sollten sich bereithalten. Sie hatten die NSA-Affäre im Spätsommer voreilig für beendet erklärt.

Wer wusste wann was?

Die zu erwartenden Fragen der acht Abgeordneten des NSA-Untersuchungsausschusses werden durchaus brisant sein. So wollen die Parlamentarier laut Untersuchungsauftrag wissen, inwieweit die Bundesregierung, Nachrichtendienste oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik von den flächendeckenden Spionage-Aktivitäten "Kenntnis hatten, daran beteiligt waren, diesen entgegenwirkten oder gegebenenfalls Nutzen daraus zogen". Allein in dieser Frage schwingt unverhohlen der Verdacht mit, Regierung und Geheimdienst wüssten viel mehr, als sie behaupten.

Am besten sollten das die Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und den Bundesnachrichtendienstes (BND) wissen: Hans-Georg Maaßen und Gerhard Schindler. Sie nehmen regelmäßig an der sogenannten Präsidentenrunde im Kanzleramt teil, bei der alle sicherheitsrelevanten Themen zur Sprache kommen. Maaßen und Schindler oder andere potenzielle Zeugen nachgeordneter Behörden des Bundes werden sich im Zweifelsfall jedoch eher wortkarg geben. Und unter Verweis auf die Geheimhaltungspflicht wird notfalls die Öffentlichkeit ausgeschlossen. So war es zuletzt beim Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur rechtextremistischen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU).

Hans-Georg Maaßen und Gerhard Schindler (Foto: dpa)
Geheimdienstchefs Maaßen (l.) und SchindlerBild: picture-alliance/dpa

Der Ausschussvorsitzende kennt die Materie bestens

Erkenntnisgewinn im Detail sollte man sich daher besser nicht vom NSA-Untersuchungsausschuss versprechen. Am ehesten noch eine Art Sittenbild von Geheimdiensten im Zusammenspiel mit der Politik. Den Vorsitz des Gremiums soll Clemens Binninger übernehmen. Der CDU-Abgeordnete ist zugleich Chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste (PKG), das regelmäßig über die Aktivitäten der Sicherheitsbehörden informiert wird. Binninger kennt das Geschäft wie kaum ein Anderer.

Und dass der Christdemokrat aus falsch verstandener Rücksicht Parteifreunde nur mit Samthandschuhen anfassen könnte, über diesen Verdacht ist er seit seiner Tätigkeit im NSU-Untersuchungsausschuss zur rechtsterroristischen Mordserie erhaben. Als Obmann seiner Fraktion hatte er oft mit Unions-Politikern zu tun, darunter Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Weder er noch andere hatten den Eindruck, Binninger habe sie geschont. Für die Glaubwürdigkeit des NSA-Untersuchungsausschuss ist das eine gute Voraussetzung.