1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nordkorea: Krise mit wenig Spielraum

Esther Felden13. Februar 2013

Durch den jüngsten Atomtest hat sich das isolierte Nordkorea international noch weiter ins Abseits manövriert. Für den Rest der Welt stellt sich die Frage: Wer oder was kann das Regime um Kim Jong Un stoppen?

https://p.dw.com/p/17dSs
Computer zeigt Erschütterungen nach Atomtest an (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Frage war nicht die des 'ob', sondern vierlmehr die des 'wann': Welchen Zeitpunkt würde Nordkorea wählen, um nach 2006 und 2009 einen weiteren Atomtest zu starten? Die Antwort gab das Kim Jong Un-Regime am Dienstag (12.02.2013). Um kurz vor vier Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit registrierten die Erdbebenstationen verschiedener Ländern ein "künstliches Beben" im Nordosten des Landes, wo das Testgelände Punggye-ri liegt. Was folgte, war ein weiteres Beben: ein Beben der Empörung. Aus aller Welt hagelte es Kritik an die Adresse Nordkoreas.

Zahlreiche Spitzenpolitiker, wie beispielsweise US-Präsident Obama, der japanische Regierungschef Shinzo Abe oder auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle verurteilten den unterirdischen Test, der Weltsicherheitsrat kam noch am selben Tag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen und kündigte weitere Maßnahmen gegen den kommunistischen Staat an. Erst im Januar waren die bestehenden Sanktionen zuletzt verschärft worden - mit Zustimmung des Nordkorea-Verbündeten China. Viel Spielraum hat das mächtigste UN-Gremium nach Einschätzung von Hanns Günther Hilpert, Ostasien-Experte bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, allerdings nicht mehr. "Der Sicherheitsrat hat sein Arsenal weitgehend verschossen." Ein umfassendes Wirtschaftsembargo gegenüber Nordkorea wird es seiner Meinung nach nicht geben, allein schon deshalb, weil China sich widersetzen würde. Und punktuelle Bestrafungen, wie beispielsweise Reiseverbote für Personen, seien eher symbolischer Natur. "Das wird Nordkorea letztendlich nicht davon abhalten, weiterhin aggressive Politik zu betreiben."

Susan Rice, UN-Botschafterin der USA, bei der Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates
Susan Rice, UN-Botschafterin der USA, bei der Dringlichkeitssitzung des SicherheitsratesBild: Reuters

Allein gegen den Rest der Welt

Genau davon geht auch Cai Jian aus. Er ist Professor für Internationale Politikwissenschaft an der Fudan-Universität in Shanghai. "Anfangs dachte man: Kim Jong Un ist jung und geht einen neuen Kurs. Jetzt hat seine Politik gezeigt, dass er die Linie seiner Vorgänger beibehält, sogar noch härter vorgeht als sie." Kim Jong Un setze vor allem auf Abschreckungspolitik. Nach Einschätzung von Hanns Günther Hilpert bleiben dem jungen Diktators dabei allerdings nicht mehr viele Möglichkeiten übrig. "Nordkorea hat eine Rakete in den Weltraum geschickt und einen Atombombentest durchgeführt. Jetzt können sie nur noch militärisch direkt angreifen. Aber ich vermute, dass sie davor zurückschrecken." Die Stabilität in der Region sei durch den jüngsten Atomtest erschüttert, "der Friede ist allerdings noch nicht direkt gefährdet".

Dennoch wächst die Unsicherheit. Selbst China, wichtigster Verbündeter des international geächteten Nordkorea, hat eindringlich an Pjöngjang appelliert "keine weiteren Aktivitäten durchzuführen, die die Situation verschlimmern könnten". In einem Schreiben des Außenministeriums erklärte die Regierung ihre "entschlossene Ablehnung" gegenüber dem nordkoreanischen Alleingang. Ungewöhnlich deutliche Töne aus Peking, denn traditionell verfolgt China eine eher milde Gangart gegenüber Nordkorea - aus zweierlei Gründen: Zum einen stellt das Land einen willkommenen Puffer zu den in Japan und Südkorea stationierten US-Truppen dar. Zum anderen fürchtet China sich vor einem Zusammenbruch des nordkoreanischen Staates - und vor einem damit verbundenen Flüchtlingsansturm auf das eigene Land.

Nordkoreanischer Raketentest im Dezember 2012
Nordkoreanischer Raketentest im Dezember 2012Bild: AP

Schlüsselrolle bei Peking und Washington

Die Tatsache, dass Peking seit dem nordkoreanischen Raketentest Ende vergangenen Jahres deutlichere Kritik am Vorgehen Pjöngjangs übt und auch die jüngsten - wenn auch entschärften - Sanktionsausweitungen mitgetragen hat, dürfte jenseits der Grenze mit Sorge aufgenommen worden sein. Denn das verarmte und international isolierte Nordkorea ist in jeder Hinsicht auf die Unterstützung des großen Nachbarn angewiesen. China schickt Hilfe und nimmt die Rolle der Schutzmacht an - allerdings nicht ohne eigennützige Motive, erklärt der Shanghaier Professor Cai Jian. "Aus strategischen Gründen braucht China Nordkorea, um sich weiterhin als Gegengewicht zu den USA und deren Verbündeten in der Region zu behaupten." Daher versuche Peking in der Regel, nicht allzu viel Druck auf Pjöngjang auszuüben. So glaubt er auch nicht, dass Peking neue Sanktionen gegen Nordkorea unterstützen oder seinen Kurs grundsätzlich ändern würde, auch wenn der Ton dieses Mal rauer war als sonst.

Insgesamt, so Cai, sei der chinesische Einfluss auf Nordkorea zwar vorhanden, aber nur sehr eingeschränkt. Das sieht Hanns Günther Hilpert von der Stiftung Wissenschaft und Politik allerdings ein bisschen anders. "Letztendlich kann nur China Nordkorea zu einem Einlenken bewegen, wenn auch nur durch drastische Maßnahmen. Peking könnte die Grenzen dichtmachen - und möglicherweise würde Nordkorea dann zusammenbrechen. Aber dieses Risiko möchte China nicht eingehen." Der einzige Schlüssel für einen diplomatischen Durchbruch in der festgefahrenen Krise liegt seiner Meinung nach in Washington und Peking. "Alles hängt davon ab, ob die USA und China sich auf eine gemeinsame Korea-Politik einigen können." Doch danach sieht es im Moment nicht aus.

Anti-Nordkorea-Proteste in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul
Anti-Nordkorea-Proteste in der südkoreanischen Hauptstadt SeoulBild: Getty Images