Nigers Präsident fordert mehr Hilfen
15. August 2018Nigers Präsident Mahamadou Issoufou hat mehr Hilfe Europas im Kampf gegen die illegale Migration und für die Entwicklung seines Landes gefordert. Bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Meseberg sagte Issoufou, mehr Hilfe sei etwa in den Bereichen Bildung, Sicherheit, Ernährung, lokale Verwaltung, Gesundheit und beim Kampf gegen das Bevölkerungswachstum nötig.
Ausdrücklich stellte er einen Zusammenhang zum Kampf des Transitlandes gegen illegale Migration her. Dort habe es große gemeinsame Erfolge gegeben. "So konnte seit 2016 die illegale Migration um mehr als 90 Prozent gesenkt werden, von rund 100.000 pro Jahr auf rund 10.000", sagte er.
Viele afrikanische Migranten und Flüchtlinge kamen durch das Land nach Libyen, um von dort über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) verließen allein 2016 rund 333.000 Migranten Niger. Deutschland, Frankreich, Italien und die EU helfen dem Land deshalb seit 2016, um gegen Schlepper vorzugehen.
Merkel lobte die Anstrengungen des zweitärmsten Landes der Welt und sagte weitere Hilfen zu. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit habe man die Zuwendungen bereits mehr als verdoppelt. Der Kampf gegen illegale Migration gelinge nur, wenn gleichzeitig der Bevölkerung in Niger und der Sahelzone "Perspektiven für die eigene wirtschaftliche Entwicklung" geboten würden, betonte die Kanzlerin.
Es gebe Erfolge auch im Kampf gegen Terrorismus, sagte Issoufou. Das Land sei dabei im Süden von der islamistischen Miliz Boko Haram bedroht, im Westen von islamistischen Gruppen, die aus dem Nachbarland Mali über die Grenze kämen. "Boko Haram ist geschwächt worden, leistet aber nach wie vor Widerstand", sagte der Präsident und verwies auf das gemeinsame Vorgehen mit Nachbarländern wie dem Tschad und Nigeria.
Geste der Wertschätzung
Issoufous Empfang durch die Kanzlerin im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg gilt als Geste der Wertschätzung. Im Vorfeld forderten die Grünen, die Begegnung für ein grundlegendes Überdenken "der Fluchtabwehrpolitik der vergangenen Jahre" zu nutzen. Statt der Unterbindung von Migration müsse der Schutz der Menschen auf den Fluchtrouten absolute Priorität haben, erklärte der Grünen-Sprecher für Entwicklungspolitik, Uwe Kekeritz, in Berlin. Es könne nicht sein, dass hunderte Millionen deutscher und europäischer Entwicklungsgelder in den Niger fließen, um Geflüchtete abzuhalten. Merkel müsse unmissverständlich den Schutz der Menschenrechte zur Bedingung der Zusammenarbeit machen und den Fokus weg vom Grenzmanagement hin zu nachhaltiger Entwicklung legen.
Zuvor hatte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) mit Blick auf den Besuch die Bekämpfung von Fluchtursachen gefordert: "Wir haben gemeinsam die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass nicht Tausende Menschen die lebensgefährliche Flucht durch die Sahara und über das Mittelmeer versuchen", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Wenn wir die Probleme nicht vor Ort lösen, kommen die Probleme zu uns", sagte der CSU-Politiker.
Knotenpunkt Agadez
Bis zur Flüchtlingskrise hatte das bitterarme Land für die deutsche Politik keine besondere Rolle gespielt. Nach 2015 rückte das Land in der Migrationsdebatte immer stärker in den Fokus deutscher Politik, denn die Stadt Agadez gilt als ein zentraler Knotenpunkt auf dem Weg von Migranten und Flüchtlingen in Richtung Mittelmeer. Früher gingen Experten davon aus, dass 90 Prozent der Flüchtlinge und Migranten, die in Libyen ankommen, Agadez passierten. Inzwischen gehen die Behörden stärker gegen die dort ansässigen Menschenschmuggler vor. Deutschland hilft mit dem Programm "cash for work" - um Menschen etwa in Agadez eine wirtschaftliche Alternative zu eröffnen.
Zweitärmstes Land der Welt
Niger ist laut einem UN-Index das zweitärmste Land der Welt. Die Mehrheit der Bürger mit einem Durchschnittsalter von 15 Jahren kann weder lesen noch schreiben. Weite Teile des Staatsgebiets bestehen aus Wüste, nur drei Prozent der Fläche sind landwirtschaftlich nutzbar. Die Geburtenraten in dem Vielvölkerstaat zählen zu den höchsten weltweit, so dass das Bevölkerungs- das Wirtschaftswachstum regelmäßig auffrisst.
stu/kle (rtr, kna, dpa)