Nigers Premier: "Keinen politischen Weg aufzwingen lassen"
14. August 2023Der von der in Niger regierenden Militärregierung eingesetzte Premierminister Ali Mahamane Lamine Zeine hat in einem Exklusiv-Interview mit der DW den Willen zu Gesprächen mit der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS geäußert. Er hat allerdings auch betont, dass sich die Militärregierung keinen politischen Weg aufzwingen lassen werde, da sie nach dem Willen des Volkes und dessen Wunsch nach Souveränität handele.
Der westafrikanische Staatenbund ECOWAS setzt nach dem Putsch in Niger am 26. Juli 2023 - Präsident Mohamad Bazoum wird seither von den Putschisten festgehalten - weiter auf Diplomatie, um den Konflikt zwischen der neuen Militärjunta in Niger und den Nachbarstaaten beizulegen. Bisher hatte sich die Militärregierung jedoch geweigert, offizielle ECOWAS-Delegationen zu empfangen. Aber Militärmachthaber Abdourahamane Tiani habe sich "nie verschlossen", sagte Zeine im aktuellen DW-Interview.
Nigers Souveränität verteidigen
DW: Sind Sie als Regierungschef angesichts der Sanktionen, die die ECOWAS dem Niger auferlegt hat, nicht besorgt?
Lamine Zeine: Warum sollte man sich Sorgen machen? Das Leben eines Menschen besteht aus Herausforderungen. Wir denken, dass wir, auch wenn es eine ungerechte Herausforderung ist, die uns auferlegt wurde, in der Lage sein sollten, uns zusammenzutun, um diese zu bewältigen. Und wir werden sie meistern! In dieser Hinsicht gibt es keine Befürchtungen. Das nigrische Volk ist dazu entschlossen, und ich glaube, dass es unter der Führung des Staatschefs und des gesamten Teams um ihn herum, mit der Unterstützung unserer gesamten Bevölkerung, aber vor allem mit Gottes Hilfe, gut gehen wird.
Herr Zeine, Sie sind seit einigen Tagen an der Spitze der nigrischen Regierung. Was ist Ihre Botschaft an das nigrische Volk?
Zunächst möchte ich dem nigrischen Volk gratulieren und ihm für den starken Kampfgeist danken, den es bewiesen hat! Unser Volk hat gezeigt, dass es sehr reif ist und dass es sich dafür entschieden hat, seine Souveränität zu verteidigen und jede Autorität, die diesem Ansatz unserer Bevölkerung nicht folgt - diejenigen also, die auf dem Holzweg sind -, in die Schranken zu weisen.
Ich möchte der Bevölkerung sagen, dass wir diesen Kampfgeist, diesen Elan der Solidarität und diese Arbeit, die darin besteht, dafür zu sorgen, dass die nationale Einheit weiter gestärkt wird, sehr schätzen. Sie [die Bevölkerung] muss den neuen Behörden vertrauen, denn wir haben unser Handeln darauf ausgerichtet, ihr in voller Integrität und voller Kompetenz zu dienen, aber auch, indem wir an dem Grundbegriff unseres Patriotismus arbeiten.
Grundprinzip der Solidarität
Sie und der Präsident haben eine Delegation von Geistlichen aus Nigeria empfangen. Kann man sagen, dass die Dynamik einer Annäherung oder auch die Aufnahme von Verhandlungen mit der ECOWAS im Gange ist?
Schon bevor diese Delegation kam, hatte der Präsident klar gesagt, dass er sich nie verschlossen hat. Welches Interesse hätte er, sich gegenüber Initiativen zu verschließen, die der Bevölkerung dienen sollen? Da man uns diese Herausforderung auferlegt hat, hat er gesagt, dass wir uns zusammensetzen müssen. Und diese Delegation, die gekommen ist - und es handelt sich dabei um die größten Ulama [Theologen] Nigerias und sogar des Kontinents -, tröstet uns! Es tröstet uns, weil sie das Sprachrohr für ein bestimmtes Verständnis der nigerianischen Gesellschaft sind.
Abgesehen davon haben sich ja auch die nigerianischen Parlamentarier klar gegen die Idee ausgesprochen, unser Land anzugreifen. Und es gibt ja nicht nur die Parlamentarier und die Ulama, sondern auch die nigerianische Bevölkerung und die Wirtschaftsakteure. Wir haben die Mehrheit von ihnen gehört, und das macht uns Mut, denn Nigeria ist unser größter Nachbar mit 1500 Kilometern gemeinsamer Grenze.
Wir haben [daher] ein großes Interesse daran, diese äußerst wichtige und historische Beziehung zu bewahren. Auch daran natürlich, dass die ECOWAS zunächst an rein wirtschaftlichen Fragen arbeitet. Zunächst - denn das Grundprinzip der Solidarität besteht darin, dass alle Staaten, die dieser Vereinigung angehören, in die Lage versetzt werden, dafür zu sorgen, dass sie die Voraussetzungen für Wohlstand und dessen Verbreitung schaffen, und auch dafür zu sorgen, dass jedes der Länder von der Solidarität der Gemeinschaft profitiert.
Wenn wir [aber] feststellen, dass an die Stelle dieser wirtschaftlichen Solidarität das politische und militärische Prinzip in den Vordergrund tritt, können wir das nur bedauern.
Das Interview führte Gazali Abdou.