Niederlande: Wilders' Regierungsbildung beginnt mit Pleiten
Veröffentlicht 27. November 2023Zuletzt aktualisiert 27. November 2023Die Gespräche zu einer Regierungsbildung nach dem Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders in den Niederlanden sind kurz vor Beginn ins Stocken geraten. Der von Wilders mit der Leitung der Gespräche beauftragte Vermittler Gom van Strien gab seinen Rücktritt bekannt, nachdem Medien über Betrugsvorwürfe in seinem früheren Unternehmen berichtet hatten. Die "Unruhen" rund um die Berichte und Zeit, die benötigt werde, um darauf angemessen zu reagieren, "passen nicht zu meiner Arbeit" als Vermittler, erklärte van Strien.
Vermittler schon vor Dienstbeginn wieder weg
Daher habe er Wilders sowie dem Parlamentspräsidenten seinen Rücktritt von der Aufgabe mitgeteilt, fuhr der Senator aus Wilders Partei für die Freiheit (PVV) fort. Van Strien hätte formal mit den Gesprächen zu einer Koalitionsbildung beginnen und die Parteispitzen treffen sollen. Die PVV hatte bei der Wahl am vergangenen Mittwoch 37 von 150 Sitzen gewonnen.
Regierungsbildungen sind in den Niederlanden wegen des stark fragmentierten politischen Systems traditionell schwierig. Häufig werden vier oder mehr Parteien für eine Kabinettsbildung benötigt. Daher wird nach einer Wahl traditionell zunächst ein Sondierer angestellt, der die Chance einer Koalition ausloten soll. Er spricht mit allen Fraktionen. Erst danach beginnen inhaltliche Verhandlungen der Parteien.
Rutte-Partei gibt Wilders einen Korb
Die ohnehin nicht leichte Aufgabe gestaltet sich für Wilders zusätzlich kompliziert, nachdem die Vorsitzende der langjährigen bürgerlich-konservativen Regierungspartei VVD, Dilan Yesilgöz, angedeutet hat, der Regierung nicht beitreten zu wollen. Sie kündigte am Freitag an, sie würde ein Mitte-Rechts-Bündnis lediglich "unterstützen". Das heißt, ihre Partei würde von Fall zu Fall entscheiden, ob sie mit einer von Wilders geführten Minderheitsregierung stimmt. Die VVD von Noch-Ministerpräsident Mark Rutte hatte bei der Wahl deutliche Verluste hinnehmen müssen.
Der Sieg Wilders', der Ex-US-Präsident Donald Trump und den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban als Vorbilder bezeichnet hat, kommt für die Niederlande einem politischen Erdbeben gleich. Im Wahlkampf hatte er angekündigt, jegliche Einwanderung zu stoppen, die niederländischen Zahlungen an die Europäische Union zu kürzen und den Beitritt neuer Mitglieder wie etwa der Ukraine zu verhindern. Auch ist Wilders gegen weitere Waffenlieferungen an Kiew. Schließlich lehnt er den Islam pauschal ab und polemisiert heftig gegen Muslime und Einwanderer.
sti/se (afp, dpa, rtr)