Niederlande vereiteln Russen-Attacke auf OPCW
4. Oktober 2018Die Niederlande haben nach eigenen Angaben einen Angriff des russischen Geheimdienstes auf die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) in Den Haag vereitelt. Vier russische Spione seien bereits im April aus dem Land ausgewiesen worden, teilte Verteidigungsministerin Ank Bijleveld in Den Haag mit. Die vier Spione hatten demnach geplant, in das Computernetzwerk der OPCW einzudringen.
Treffen mit Mitarbeiter der russischen Botschaft
Die ebenfalls in Den Haag ansässige Organisation hatte Chemiewaffen-Angriffe in Syrien untersucht, aber auch die Gift-Attacke auf den ehemaligen russischen Doppelspion Sergej Skripal und seine Tochter Julia in Großbritannien. Die niederländischen Ermittler hätten die Laptops und Handys der Spione beschlagnahmt und untersucht. Daraus wurde deutlich, so die Ermittler, dass auch Hacker-Attacken in der Schweiz und auf die strafrechtliche Untersuchung zum Abschuss des Passagierfluges MH17 geplant gewesen seien.
Der niederländische militärische Geheimdienst machte erst jetzt - sechs Monate nach der Ausweisung der vier russischen Spione - deren Fotos und Namen bekannt. Sie waren den Angaben zufolge am 10. April mit Diplomatenpässen in die Niederlande eingereist und dort von einem Angehörigen der russischen Botschaft empfangen worden. Sie hätten ein Auto gemietet und seien mehrfach in der Nähe der OPCW-Zentrale geortet worden. Am 13. April wurden sie vorläufig festgenommen. Im Kofferraum des Autos fanden die Ermittler Spezialgeräte für Hacker-Angriffe.
NATO: Russland muss "rücksichtsloses Verhalten" stoppen
Die britische Regierung hatte bereits zuvor dem russischen Militärgeheimdienst GRU vorgeworfen, hinter einer Reihe von Cyber-Angriffen auf westliche Staaten und Institutionen in den vergangenen Jahren zu stecken. GRU sei etwa mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in die Hacker-Attacke BadRabbit und den Angriff auf die Welt-Anti-Doping-Behörde 2017, auf das Komitee der Demokraten in den USA 2016 und den Diebstahl von Emails eines TV-Senders in Großbritannien 2015 involviert.
Das russische Außenministerium bezeichnete die Vorwürfe als "unwürdig". Sie seien Teil einer Desinformationskampagne, um russischen Interessen zu schaden, und stammten von Menschen mit einer "blühenden Fantasie", hieß es in Moskau.
Die NATO stellte sich dagegen hinter Großbritannien und die Niederlande. Die NATO-Verbündeten unterstützten das Vorgehen, "Russland wegen seiner unverhohlenen Versuche, internationales Recht und Institutionen zu untergraben", bloßzustellen, erklärte Generalsekretär Jens Stoltenberg beim Treffen der Verteidigungsminister der Militärallianz in Brüssel. Russland müsse "sein rücksichtsloses Verhalten stoppen". Zu diesem Verhalten gehöre auch "die Anwendung von Gewalt gegenüber Nachbarn, versuchte Einmischung in Wahlprozesse und weit verbreitete Desinformationskampagnen", erklärte Stoltenberg. Als Antwort werde die NATO ihre Verteidigung und Abschreckung weiter stärken. Demnach diskutierten die Minister, wie Cyber-Fähigkeiten in Einsätze und Operationen der Militärallianz integriert werden sollen und die Widerstandsfähigkeit gegen solche Angriffe erhöht werden könne.
EU: "Aggressive Akte" Moskaus
Auch die Europäische Union warf Moskau "aggressive Akte" vor. "Wir bedauern solche Aktionen, die das Völkerrecht und die internationalen Institutionen untergraben", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von EU-Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der Außenbeauftragte Federica Mogherini. Besonders empört zeigten sie sich über den mutmaßlichen Spionageangriff gegen die OPCW. Es handle sich um einen Versuch, die "Integrität dieser Organisation zu untergraben", kritisierten Tusk, Juncker und Mogherini. Der Angriff demonstriere "Verachtung" ausgerechnet für eine Organisation, "die sich weltweit für den Bann von Waffen einsetzt".
sti/rb (afp, dpa, rtr)