New York will Waffenlobby NRA zerschlagen
7. August 2020Die National Rifle Association (NRA) ist die mächtigste Stimme der Waffenlobby in den USA - doch möglicherweise nicht mehr lange. Nach 18-monatigen Ermittlungen hat die Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New York, Letitia James, Anklage gegen den Lobbyverband erhoben. "Betrug und Missbrauch" seien über Jahre an der Tagesordnung gewesen, sagte James. NRA-Chef Wayne LaPierre und drei weitere Führungskräfte hätten in großem Umfang Verbandsgelder veruntreut. "Sie haben die Organisation als persönliches Sparschwein betrachtet und richtiggehend geplündert." Allein in drei Jahren habe die NRA auf diese Weise mehr als 64 Millionen Dollar verloren. Die NRA müsse deshalb zerschlagen werden, forderte die Juristin.
Unter anderem werden die vier Verdächtigen beschuldigt, Geld für Luxusreisen entwendet und Aufträge an Familienmitglieder und Freunde vergeben zu haben. Allein LaPierre soll für Safari-Reisen und private Fahrdienste in drei Jahren 3,6 Millionen Dollar ausgegeben haben. Unter anderem soll er in dieser Zeit mit einem Privatjet acht Mal auf die Bahamas geflogen sein, um dort auf einer von einem NRA-Dienstleister geschenkten Jacht zu urlauben. Außerdem soll er sich ohne Zustimmung des Aufsichtsgremiums der Organisation ein Rentenpaket im Umfang von 17 Millionen Dollar gesichert haben.
Weitere Klage in Washington
Auch in der Bundeshauptstadt Washington wurde am Donnerstag Anklage gegen die NRA und eine dort registrierte Stiftung erhoben. Generalstaatsanwalt Karl Racine erklärte, die Lobby-Organisation habe mutmaßlich Millionen Dollar an Stiftungsgeldern missbräuchlich verwendet. Die NRA besitzt in den USA gemeinnützigen Status und unterliegt daher besonderen Auflagen.
Die Waffenlobby wies die Vorwürfe umgehend zurück und sprach von einem politischen Manöver vor den Präsidentschafts- und Kongresswahlen am 3. November. "Das ist ein offensichtlicher Versuch, politisch zu punkten und die führende Stimme der Opposition gegen die Links-Agenda anzugreifen", schimpfte Verbandspräsidentin Carolyn Meadows. New Yorks Generalstaatsanwältin James ist Demokratin, die NRA dagegen äußerst konservativ und steht traditionell den Republikanern nahe.
Präsident Donald Trump bezeichnete die Klage gegen die NRA als "furchtbare Sache". Er regte an, der in New York registrierte Lobbyverband solle nach Texas umziehen und dort ein "sehr gutes und schönes Leben" führen. Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb Trump später, so wie das "radikal linke New York" die NRA "zerstören" wolle, wolle sein Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl, der Demokrat Joe Biden, das Recht auf Waffenbesitz abschaffen. "Eure Waffen werden euch weggenommen, sofort und ohne Vorwarnung. Keine Polizei, keine Waffen!"
Trump wirft den Demokraten immer wieder vor, das im zweiten Verfassungszusatz verankerte Recht auf Waffenbesitz abschaffen zu wollen. Die Demokraten sprechen sich allerdings lediglich für eine Verschärfung des Waffenrechts aus. Das Thema Schusswaffen dürfte im Wahlkampf vor dem 3. November eine wichtige Rolle spielen.
Die NRA ist eine der einflussreichsten Lobbyorganisationen der USA und hat nach eigenen Angaben rund fünf Millionen Mitglieder. Sie stemmt sich seit Jahrzehnten mit teilweise höchst umstrittenen Methoden gegen eine Verschärfung des Waffenrechts.
se/al (afp, ap, dpa, rtr)