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Politik

Neuwahlen in Großbritannien am 8. Juni

18. April 2017

Das gab Premierministerin May in einer Erklärung vor ihrem Amtssitz Downing Street 10 in London bekannt. Die Entscheidung für einen EU-Austritt bleibe bestehen. Schottland fordert erneut ein Unabhängigkeitsreferendum.

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Großbritanniens Premierministerin Theresa May (Foto: Reuters/T. Melville)
Bild: Reuters/T. Melville

Premierministerin Theresa May hat überraschend Neuwahlen in Großbritannien angekündigt. Die Wahl soll am 8. Juni stattfinden, teilte May in einer kurzfristig angesetzten Ansprache in London mit. Sie begründete den Schritt damit, das Parlament sei uneinig über den geplanten EU-Austritt ihres Landes. "Vom Brexit gibt es aber kein Zurück", sagte die Regierungschefin.

Die konservative Politikerin hatte Neuwahlen bislang ausdrücklich ausgeschlossen. Sie musste sich aber immer wieder gegen Vorwürfe wehren, sie habe kein Mandat. May war im Juli 2016 von ihrer Partei ins Amt gewählt worden, nachdem ihr Vorgänger David Cameron nach dem Brexit-Votum am 23. Juni zurückgetreten war. Ende März hatte May die Austrittserklärung ihres Landes aus der EU verkündet.

Abstimmung könnte Brexit-Verhandlungen verzögern

Die Entscheidung Mays für Neuwahlen könnte den Beginn der Austrittsverhandlungen verzögern. Dem Vertrag von Lissabon zufolge hat die britische Regierung zwei Jahre Zeit für die Austrittsgespräche. Diese Frist läuft im März 2019 ab. May hat einen harten Kurs für die Verhandlungen mit Brüssel angekündigt. Das Land soll sowohl den Europäischen Binnenmarkt als auch die Zollunion verlassen.

Der EU-Ratspräsident Donald Tusk teilte über den Kurzmitteilungsdienst Twitter mit, dass er mit May bereits nach ihrer Ankündigung für Neuwahlen telefoniert habe. Es sei ein gutes Gespräch gewesen, äußerte er sich knapp. Aus der Sicht Brüssels ändern die Neuwahlen im Vereinigten Königkreich nicht die Pläne der übrigen EU-Mitglieder bei den Brexit-Verhandlungen, ließ Tusk außerdem über ein Sprecher mitteilen.

EU-Mitglieder hoffen auf starkes Signal der Wähler

Die anderen 27 EU-Regierungen hatten zuletzt ihre Positionen zu den geplanten Leitlinien für die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien abgestimmt. Beim EU-Gipfel sollen diese am 29. April beschlossen werden. Großbritannien wird an dem Treffen nicht teilnehmen. Auch nach der Ankündigung der vorgezogenen Neuwahlen in Großbritannien sei davon auszugehen, dass die Leitlinien zum Brexit bei diesem Gipfel abgesegnet werden, sagte der Tusk-Sprecher. Am 22. Mai soll dann offiziell grünes Licht für die Aufnahme der Trennungsgespräche gegeben werden.

Aus dem Urnengang werde hoffentlich ein starker Regierungschef mit einem starken Rückhalt der Wähler hervorgehen, um die Gespräche zu führen, sagte ein EU-Vertreter. Die Wahl an sich sei aber eine interne Angelegenheit des Königreichs. Außenminister Sigmar Gabriel forderte die britische Regierung auf, verantwortungsbewusst zu bleiben. "Jede längere Ungewissheit tut den politischen und den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und Großbritannien sicher nicht gut", sagte er der Funke-Mediengruppe.

Umfragen sehen Konservative deutlich vor Labour

Das Unterhaus in London soll bereits am Mittwoch über die Neuwahlen abstimmen. May benötigt dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Regulär sollte in Großbritannien erst wieder im Jahr 2020 gewählt werden. Jüngste Umfragen deuten darauf hin, dass Mays Konservative einen erheblichen Vorsprung vor der oppositionellen Labour-Partei hätte und ihre Regierungsmehrheit erheblich ausbauen könnte.

Der Chef der oppositionellen britischen Labour Partei, Jeremy Corbyn, sieht Mays Entscheidung für Neuwahlen als Chance. "Ich begrüße die Entscheidung der Premierministerin, dem britischen Volk die Möglichkeit zu geben, eine Regierung zu wählen, die die Interessen der Mehrheit an erste Stelle stellt", schrieb er auf Twitter. Corbyn hatte seine Abgeordneten bei der Abstimmung über das Brexit-Gesetz zum Ausstieg Großbritanniens aus der EU angewiesen, dafür zu stimmen.

May kündigt vorgezogene Wahlen an

Seine Partei werde die Brexit-Verhandlungen nicht blockieren, hatte er angekündigt. Wie genau er sich nun vor der Neuwahl in Sachen Brexit positionieren will, ließ er zunächst offen. Corbyn hatte schon vergangenes Jahr erklärt, er rechne 2017 mit vorgezogenen Parlamentswahlen, seine Partei bereite sich darauf vor. Mit Blick auf parteiinterne Grabenkämpfe äußerte der 67-jährige Altlinke die Hoffnung, "dass alle Mitglieder unseren Wahlkampf unterstützen werden".

Schottland und Nordirland wittern Chance für Unabhängigkeit

Im Streit um den Brexit droht allerdings Widerstand aus Schottland und Nordirland. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon kritisierte die Pläne der Regierung in London für vorgezogene Wahlen. Die Konservativen von Premierministerin Theresa May wollten so "einen harten Brexit und tiefere Einschnitte durchsetzen", erklärte Sturgeon über Twitter. Dies stärke das Argument, dass die Schotten erneut über eine Unabhängigkeit abstimmen sollten.

Im vergangenen Jahr hatten sich die Schotten beim Brexit-Referendum mehrheitlich gegen einen Austritt aus der EU ausgesprochen. In der Folge hat Sturgeon ein neues Unabhängigkeitsreferendum vorgeschlagen. May weigert sich bislang mit Sturgeon darüber zu verhandeln.

Nordirland steckt seit den jüngsten Wahlen in einer Regierungskrise, bei der kein Ende absehbar ist. Die katholische pro-republikanische Sinn-Fein-Partei hat bereits eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland gefordert.

myk/sti/jj/pab (afp, dpa, rtr)