Selenskyj will Russen einbürgern
28. April 2019Können bald Millionen Menschen ukrainische Staatsbürger werden? So jedenfalls lässt sich eine Äußerung des gewählten Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, verstehen. "Wir werden die ukrainische Staatsbürgerschaft Vertretern aller Völker geben, die unter autoritären und korrupten Regimen leiden. In erster Linie Russen, die heute wohl am meisten leiden", erklärte Selenskyj in Kiew. Im Unterschied zu Russland gebe es in der Ukraine Meinungsfreiheit, freie Medien und freies Internet. "Daher wissen wir wunderbar, was der russische Pass wirklich gewährt."
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vor wenigen Tagen ein Dekret unterschrieben, wonach Ukrainer mit ständigem Wohnsitz in "einzelnen Kreisen" der Gebiete von Donezk und Luhansk in einem "vereinfachten Verfahren" russische Staatsbürger werden.
Am Samstag deutete der Kremlchef eine Ausweitung auf die gesamte Ukraine an. "Wir denken tatsächlich darüber nach, die Staatsangehörigkeit auf vereinfachte Weise allen Bürgern der Ukraine zu genehmigen, nicht nur Bewohnern der Republiken Luhansk und Donezk", sagte Putin am Samstag bei der Seidenstraßen-Konferenz in Peking. Wer einen russischen Pass erhält, soll auch Anspruch auf Rente und Sozialhilfe aus Russland haben. Moskau werde seiner "sozialen Verantwortung für unsere neuen russischen Bürger" gerecht werden, versprach Putin.
"Eskalation des Chaos"
Der ständige Vertreter der ukrainischen Regierung beim Europarat, Dmytro Kuleba, verurteilte Putins Pläne. Russland wolle eine "weitere Eskalation und Chaos in der Ukraine", schrieb er im Kurzbotschaftendienst Twitter. Daher sei Moskau darauf aus, "die Spielregeln immer komplizierter zu machen", kritisierte Kuleba weiter.
Sprachgesetz steht Einbürgerungswelle im Wege
Nach dem am Donnerstag vom Parlament in Kiew verabschiedeten Sprachgesetz setzt die Einbürgerung jedoch Kenntnisse der ukrainischen Sprache voraus. Selenskyj, der bisher im Parlament kaum über Unterstützer verfügt, hat angekündigt, das Gesetz bei Amtsantritt prüfen zu wollen.
Deutschland, Frankreich und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hatten bereits die ursprüngliche Ankündigung Russlands verurteilt.
stu/AR (dpa, afp)