Neuer Transfer-Weltrekord
28. Januar 2015Wenn man nur die Zahlen betrachtet, könnte man an einen globalen organisierten Menschenhandel denken: Weltweit 13.090 Personen wechselten im vergangenen Jahr für 3,62 Milliarden Euro - nun ja - den Besitzer. Natürlich ist das alles ganz legal, sprich von nationalem, internationalem Recht sowie den Statuten des Fußball-Weltverbandes FIFA gedeckt. Doch selbst mancher Profi wie Weltmeister Christoph Kramer fühlt sich dabei "manchmal wie in einem modernen Menschenhandel" - und bereute diese Aussage übrigens kurz darauf öffentlich, warum auch immer.
Jedenfalls kommunizierte die FIFA nun in ihrem "Global Transfer Market Report 2015" jene schwindelerregende Zahl: 3,62 Milliarden Euro für Spielerkäufe, eine neue Bestmarke in der Geschichte des Fußballs. Zwar stiegen die Ausgaben relativ gesehen im Vergleich zu 2013 nur um 70 Millionen Euro, doch die Tendenz zeigt auf hohem Niveau eben weiter nach oben - auch dank teurer Stars wie Luis Suarez (81 Millionen Euro Ablösesumme), James Rodriguez (80 Millionen Euro) oder Angel di Maria (75 Millionen Euro), die im vergangenen Sommer den Verein wechselten.
Krise? Englands Fußball investiert eine Milliarde Euro
Spitzenreiter der Transferstatistik ist weiter unangefochten der englische Fußball: 1,04 Milliarden Euro gaben die Klubs der Profiligen auf der Insel für 585 Spieler aus. Der Abstand zum Zweitplatzierten im Ranking ist deutlich: Die spanischen Klubs investierten 624 Millionen Euro in 346 neue Profis. Die deutschen Profiligen (Bundesliga und 2. Liga) folgen auf Rang drei. Deutsche Vereine gaben für 356 Spieler insgesamt 291 Millionen Euro aus, was einem deutlichen Plus von 66 Millionen Euro entspricht. Auf Platz vier folgt der seit Jahren finanziell angeschlagene italienische Fußball. Dort wurden trotz der auch sportlich sich auswirkenden Krise 273 Millionen Euro in 387 Spieler investiert. Allerdings verzeichnen die Vereine von Seria A und B einen deutlichen Rückgang der Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 178 Millionen Euro.
Interessanter Aspekt des FIFA-Berichts: Die Summen spiegeln dabei noch nicht einmal alles wider, was an Transfersummen weltweit gezahlt wird. Bei der Auflistung handelt es sich nur um die internationalen Transfers, die Wechsel innerhalb eines Landes sind gar nicht berücksichtigt. Und noch ein anderer Aspekt verdeutlicht die Bewegung auf dem Transfermarkt: Lediglich bei zehn Prozent der Transfers wird überhaupt eine Ablösesumme fällig.
Ödegaard als Symbol für neue Ära?
Der aktivste Transfermarkt findet sich laut des FIFA-Reports jedoch außerhalb von Europa: Brasilianische Vereine verzeichneten 1.439 Spieleran- und -verkäufe. "Brasilianer sind die begehrtesten Spieler", erläuterte Mark Goddard, Direktor des Transferabgleichungssystem TMS im Auftrag der FIFA. Ein bestimmter Bereich des Transfermarktes steht seit kurzem unter stärkerer Beobachtung: Die Transfers von Jugendspielern. Nach Angaben der FIFA nahmen die spanischen Klubs die meisten Spieler unter 18 Jahren unter Vertrag: 352 von 400 beantragten Deals wurden genehmigt.
Transferbericht-Autor Goddard erklärte in einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern: "Wir sind zufrieden, dass die Vereine so viele Anträge einreichen. Wir können diese prüfen und die, die nicht die Regeln brechen, werden dann auch genehmigt." Erst kürzlich hatte Real Madrid das 16-jährige norwegische Wunderkind Martin Ödegaard gekauft - vielleicht ein Symbol für eine neue Ära auf dem Transfermarkt.
Spielerberater profitieren kräftig
Ein interessanter Nebenaspekt des Berichts ist die Frage, wer an den milliardenschweren Spielerverkäufen verdient. Neben Vereinen und Sponsoren sind dies bekanntermaßen auch die Spielerberater. Ihr Anteil am Geschäft ist in den vergangenen Jahren jedoch sprunghaft gewachsen. Weltweit flossen laut FIFA-Report 207 Millionen Euro an Berater und andere Spielervertreter. Im Jahr 2011 waren es weltweit lediglich 115 Millionen Euro an Gebühren gewesen. Eine Entwicklung, die sich auch in der Bundesliga erkennen lässt: Im Land des Fußball-Weltmeisters wurden rund 31 Millionen Euro an Agenten und Berater gezahlt. Im Jahr 2013 waren es noch rund 7,9 Millionen Euro. "Die Zahl steigt weiter", sagte Mark Goddard über die Ausgaben für Spielervermittler. "Wir müssen das weiter genau beobachten."