Ukraine-Bericht im Europarlament
18. April 2013Das Europäische Parlament lässt die politische Lage in Kiew weiter beobachten. An diesem Donnerstag (18.04.2013) stellten der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Pat Cox, und der polnische Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski im Europäischen Parlament ihren Ukraine-Bericht vor. Die Mission der beiden Politiker wurde bis mindestens September 2013 verlängert. Von den Ergebnissen wird wesentlich abhängen, ob das geplante EU-Freihandels- und Assoziierungsabkommen mit der Ukraine doch noch unterzeichnet wird. Wegen der innenpolitischen Lage in der Ukraine liegen die Verträge seit Monaten auf Eis.
Als positive Folge der Cox-Kwasniewski-Mission bewerten Beobachter vor allem die Begnadigung des ehemaligen Innenministers Jurij Luzenko. "Der Name Luzenkos wurde als eines der Hauptziele der Mission von Cox und Kwasniewski genannt", sagte Walerij Tschalyj vom Kiewer Rasumkow-Zentrum im Gespräch mit der Deutschen Welle. Luzenko ist ein enger Vertrauter der inhaftierten ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Erst Anfang April hatte Präsident Viktor Janukowtsch neben Luzenko fünf weitere Verurteilte begnadigt, unter anderem auch den ehemaligen Umweltminister Georgi Filiptschuk. EU-Vertreter hatten wiederholt eine selektive Justiz gegen Oppositionspolitiker und als eines der Haupthindernisse für die Unterzeichung der Abkommen mit der Ukraine bezeichnet.
EU erwartet mehr von Kiew
Cox und Kwasniewski haben im Auftrag des Europaparlaments der Ukraine in den letzten Monaten zahlreiche Besuche abgestattet. Elmar Brok, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, bewertet das Ergebnis der Mission positiv. Doch er erwartet mehr von der Führung in Kiew. "Ich bin enttäuscht von der Haltung der ukrainischen Regierung, die viel zu langsam den Prozess der EU-Annährung betreibt", sagte er der DW. Die selektive Justiz müsse beseitigt, das Wahlrecht und bestimmte Regelungen des Strafrechts neu gefasst werden. Insbesondere die bestehenden Regelungen zum Amt des Generalstaatsanwalts würden den europäischen Standards nicht entsprechen, so Brok. Er glaubt, die Cox-Kwasniewski-Mission könnte in diesen Fragen weiter von Nutzen sein. Ihr Mandat sollte verlängert und mit diesen Aufgabenstellungen verbunden werden.
Auch der deutsche Politologe Andreas Umland meint, die Erwartungen der europäischen Politiker an die Ukraine seien größer. Luzenkos Begnadigung habe die Atmosphäre verbessert. Denn in den letzten Monaten habe Kiew lange nur negative Signale gesendet: Dazu gehörten Unregelmäßigkeiten bei den Parlamentswahlen, neue Strafverfahren gegen Timoschenko und die Aberkennung des Abgeordnetenmandats ihres Verteidigers Sergej Wlasenko. "Wenn jetzt aber nach Luzenko auch Timoschenko freigelassen würde, dann wird es im Mai wahrscheinlich eine positive Entscheidung der Europäischen Kommission geben", sagt Umland im DW-Gespräch.
Die Zeit drängt
Geht es nach den Plänen der EU muss die Ukraine bereits bis Mai die Bedingungen der EU erfüllen. Dann könnte die Kommission empfehlen, bis Ende des Jahres das Assoziierungs- und Freihandelsabkommen zu unterzeichnen. Wolodymyr Fesenko vom Zentrum für politische Studien "Penta" in Kiew ist skeptisch. Er geht davon aus, dass Timoschenko im Gefängnis bleibt. Ferner rechnet er mit einem Scheitern der Wahlrechts-Reform. "Die gegenwärtigen Beziehungen zwischen der Opposition und der Parlamentsmehrheit werden keinen Kompromiss in solch komplexen Fragen zulassen", sagte Fesenko der DW.
Wie die Reaktion der EU ausfallen wird, wenn Timoschenko weiter inhaftiert bleibt und auch andere Bedingungen nicht erfüllt werden, das ist im Moment unklar. Fesenko hält es für möglich, das geplante Abkommen über Freihandel von der Frage der EU-Assoziierung abzutrennen. Auf diese Weise könnten strittige politische Fragen erst einmal außen vor bleiben.
Fesenko kann sich aber auch vorstellen, dass beide Abkommen doch noch in diesem Jahr unterzeichnet werden. Durch den Ratifizierungsprozess, den die Verträge in den EU-Mitgliedsländern durchlaufen müssten, könne der Druck auf die ukrainische Führung auch in politischen Fragen aufrecht erhalten bleiben", so der Experte.