Neue Zahlen zu Hurrikan "Maria"
29. Mai 2018Die Zahl der infolge des Hurrikans "Maria" auf der Karibikinsel Puerto Rico im vergangenen Jahr ums Leben gekommenen Menschen soll laut einer unabhängigen Untersuchung um mehr als das 70-fache höher liegen als bislang offiziell bekanntgegeben. Eine im US-Wissenschaftsmagazin "New England Journal of Medicine" veröffentlichte Studie schätzt die Zahl der Todesopfer auf 4645. Die bislang von den US-Behörden veröffentlichte Bilanz geht dagegen von lediglich 64 Todesopfern aus.
Die enorme Diskrepanz resultiert unter anderem aus der aufwändigen Untersuchungsmethode, die von den Forschern der Harvard-Universität angewendet worden war. Die Forscherteams reisten laut dem Bericht im Januar und Februar durch das US-Außenterritorium und besuchten 3299 Haushalte, um nach dem Folgen des Sturms zu fragen.
Direkte Sturmopfer und Tote in den Monaten danach
Dabei dokumentierten sie nach eigenen Angaben unter anderem die verheerenden Folgen des weitgehenden Kollapses der Gesundheitsversorgung nach dem Wirbelsturm, der die Karibikinsel im September heimgesucht hatte. Rund ein Drittel der von den Befragten genannten Todesfälle seien "durch den verspäteten oder verhinderten Zugang zu medizinischer Untersuchung" verursacht worden, heißt es in dem Bericht.
Vor allem Stromausfälle sowie die Unterbrechung von Straßenverbindungen hatten die Gesundheitsversorgung in Puerto Rico in den Monaten nach dem Sturm massiv beeinträchtigt. Bis heute gibt es auf der Insel große Probleme mit der Stromversorgung.
"Vorsichtige Kalkulation"
Die von den Forschern genannte Opferzahl bezieht sich auf den Zeitraum zwischen dem 20. September, als der Sturm auf die Insel geprallt war, und dem 31. Dezember. Als Maßstab dafür, welche Todesfälle dem Hurrikan zugerechnet wurden, wendeten sie nach eigenen Angaben die Kriterien der US-Gesundheitsbehörde CDC an. Demnach werden neben umstürzenden Bäumen und herumfliegenden Trümmern auch durch einen Sturm verursachte prekäre Lebensbedingungen einbezogen, um die Opferzahl zu kalkulieren.
Die Harvard-Forscher betonten, sie seien bei ihrer Kalkulation vorsichtig vorgegangen. So hätten sie Menschen, die von ihren Familienmitgliedern als "vermisst" angegeben worden seien, nicht in die Totenbilanz aufgenommen. Als Ergebnisse ihrer Umfrage hielten sie unter anderem auch fest, dass die Haushalte in Puerto Rico nach "Maria" im Schnitt 84 Tage ohne Strom, 64 Tage ohne Wasser und 41 Tage ohne Mobilfunkverbindung gewesen seien.
US-Präsident Donald Trump hatte sich für seinen Umgang mit der Katastrophe viel Kritik eingehandelt. Bei einem Besuch der Insel im September bezeichnete er die Zahl der Todesopfer als vergleichsweise minimal. Der Hurrikan "Katrina" im Jahr 2005 im Süden der USA sei dagegen eine wirkliche "Katastrophe" gewesen, sagte er damals. Die Zahl der Toten durch "Katrina" wird auf 1833 geschätzt.
qu/hk (afp, dpa)