Proteste gegen "Kolonial-Währung"
19. September 2017Sie strecken die Fäuste aus Protest in die Luft. "Nieder mit dem CFA", steht auf ihren T-Shirts. In Senegals Hauptstadt Dakar feiern Hunderte die Freilassung von Aktivist Kemi Seba. Mit seiner Bewegung "Urgences Panafricanistes" ("Wacht auf, Pan-Afrikanisten") organisiert der gebürtige Beniner den Protest gegen die Währung Franc-CFA, die in West- und Zentralafrika genutzt wird.
Im August verbrannte Seba in Dakar, dem Sitz der westafrikanischen Zentralbank, öffentlich einen 5000-CFA-Schein (umgerechnet ca. sieben Euro) - und entfachte damit eine alte Debatte neu. Der Aktivist, der auch in Frankreich lebt, wurde vorübergehend festgenommen. "Ich habe den Geldschein verbrannt, um öffentlich Aufmerksamkeit zu erregen", sagte Seba bei seiner Anhörung vor Gericht, "nicht etwa aus mangelndem Respekt". Inzwischen ist der 35-Jährige wieder auf freiem Fuß, wurde aber aus dem Senegal ausgewiesen - nach Frankreich.
Mobilisierung über soziale Medien
In sozialen Netzwerken wird er von der Anti-CFA-Front gefeiert. Auf seiner Facebook-Seite schreibt Kemi Seba, die Mitgliedsländer der Währungsunion sollten ihr eigenes Geld einführen, um sich von den wirtschaftlichen Fesseln der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich zu befreien. Tausende Menschen von der Elfenbeinküste bis zum Tschad unterstützen seinen Aufruf. Sie beschuldigen Frankreich, die 14 afrikanischen Mitgliedsländer der Franc-CFA-Zone in ökonomischer Sklaverei zu halten. Sebas Facebook-Seite hat rund 370.000 Fans. Inzwischen soll er ein Netzwerk von aktiven Unterstützern in mehr als 30 Ländern unterhalten.
Doch Seba ist umstritten: Laut Medienberichten hat er Verbindungen zu rassistischen und anti-semitischen Gruppierungen in Frankreich. "Er mag kontrovers sein, aber er ist ein Symbol für das Vakuum in den politischen Führungen Afrikas", sagt Ndongo Samba Sylla, Ökonom und Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Dakar. Auch Sylla hält den CFA für überholt. Die Währungszone entstand 1945 in insgesamt 14 Ländern. Anlass war der schwache Franc - die Währung der früheren Kolonialmacht Frankreich wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges abgewertet. Nach der Einführung des Franc-CFA konnte Frankreich günstig aus seinen Kolonien importieren.
"Das afrikanische Volk profitiert nicht"
In Westafrika zählen Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Guinea-Bissau, Mali, Niger, Senegal und Togo zur CFA-Währungsunion. In Zentralafrika kommen noch Kamerun, die Zentralafrikanische Republik, Tschad, Kongo, Äquatorial-Guinea und Gabun dazu. Diese Länder haben die niedrigsten Einkommen der Welt und sind bitterarm. Der CFA war zunächst an den französischen Franc gebunden, jetzt an den Euro.
Der Franc-CFA nutzt "in erster Linie französischen Firmen, afrikanischen Eliten und Import-Geschäften. Aber das afrikanische Volk profitiert nicht davon", sagt Ökonom Ndongo Samba Sylla. Frankreich werde in der Währungsfrage nicht mehr gebraucht, es gehe um die Souveränität der afrikanischen Staaten - das ist im Kerm das Argument des Aktivisten Kemi Seba. "Frankreich garantiert zwar die Parität der Währung, aber die afrikanischen Länder haben genug ausländische Reserven angehäuft, die in den Tresoren in Paris liegen", sagt Ndongo Samba Sylla. Das ehemalige Mutterland sichere sich durch die Partnerschaft einen Markt für seine Produkte, Zugang zu billigen Rohstoffen sowie politischen und militärischen Einfluss. Für die Afrikaner bedeute die Partnerschaft hingegen hohe Zinssätze, Schuldenberge, Handelshemmnisse und ein geringes Wirtschaftswachstum.
Für viele afrikanische Ökonomen ist der CFA ein Instrument der "monetären Repression Afrikas". Die Franzosen sind im Vorstand der beiden Zentralbanken von West- und Zentralafrika vertreten und haben ein Vetorecht. Laut Sylla solle Afrika nach einem Austritt aus der Zone über eine eigene gemeinsame Währung in Zentral- und Westafrika nachdenken. Langfristig könne auch eine weniger starke Währung mehr Anreize für Wachstum und Arbeitsplätze schaffen. "Frankreich stellt aber sicher, dass die Ökonomien nicht wachsen und sie sich nicht emanzipieren können", so der Wirtschaftsexperte.
"Besser in der CFA-Zone, als draußen"
Gabuns Premierminister Casimir Oye Mba ist anderer Meinung. Er war der erste afrikanische Gouverneur, der von 1978 bis 1990 die Bank der Zentralafrikanischen Staaten (BEAC) leitete. "Die Idee, dass wir zu dieser Währungszone zählen, weil wir von Frankreich dazu gezwungen wurden, ist lächerlich", sagte er im Interview mit der DW. Als Madagaskar die CFA-Zone 1972 verließ, habe Frankreich seine diplomatischen Beziehungen nicht abgebrochen, fügt er hinzu. Die französischen Firmen seien dort noch anwesend. Allerdings hatte der Austritt Madagaskars eine Abwertung der eigenen Währung über Jahre hinweg zur Folge. Diese Erfahrung gilt auch für Mauretanien, das 1973 aus der Zone austrat. Laut Casimir Oye Mba könnten alle Länder die Franc-Zone sofort verlassen. Sie glaubten jedoch, es sei in ihrem Interesse, Mitglied der Union zu bleiben.
Auch Mali hatte in der Vergangenheit einen Alleingang gewagt: Der Mali-Franc wurde 1962 nach der Unabhängigkeit eingeführt. Aber sein Land habe schlechte Erfahrungen mit dem Austritt gemacht, sagt der malische Oppositionsführer Soumaïla Cissé im Gespräch mit der DW. Er war von 2004 bis 2011 Präsident der UEMOA, der Kommission der Westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion. Da der Mali-Franc nie Akzeptanz fand, kehrte das Land 1984 zum CFA-Franc zurück. Von Vorteil ist laut Cissé, dass in der Währungszone die Inflation nur ca. 2,3 Prozent betrage. Die Länder mit eigener Währung hätten eine Inflation von rund 15 Prozent.
Trotzdem bleibt die Kritik. Tschads Präsident Idriss Déby etwa stellt sich immer wieder öffentlich gegen den Franc-CFA und das kleine Guinea, das bereits 1958 mit Frankreich brach, hat mit dem Franc Guineén schon lange seine eigene Währung.
Frankreich stellt den ehemaligen Kolonien die Entscheidung frei. Noch im Juli hatte der französische Präsident Emmanuel Macron bei seinem Besuch in Mali zum G5-Sahel-Gipfel bekräftigt: Wer nicht glücklich sei in der Zone, solle sie verlassen.