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Politik

USA wollen keine armen Einwanderer

Carla Bleiker Washington
17. August 2019

Mit schärferen Gesetzen will die US-Regierung verhindern, dass Einwanderer, die staatliche Unterstützung brauchen könnten, zu US-Bürgern werden. Experten kritisieren die neuen Regeln als ungerecht.

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USA Grenze zu Mexiko, Mauer & Stacheldraht
Auch die US-Grenzmauer soll Zuwanderung reduzieren - nun sind weitere Maßnahmen geplantBild: Imago Images/Zuma Press

Auf dem Weg zur US-Staatsbürgerschaft wird es bald eine neue Hürde für Einwanderer geben. Die Trump-Administration hat verkündet, dass ab dem 15. Oktober die "Public Charge"-Regel gelten wird. Sie soll verhindern, dass Einwanderer, die später möglicherweise dem Staat auf der Tasche liegen könnten, eine Green Card bekommen. Die Green Card ist eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Einwanderer, die dauerhaft in den USA leben möchten und planen, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu beantragen, müssen erstmal eine Green Card haben.

Der derzeitige Interimschef der U.S. Citizenship and Immigration Services (USCIS), Ken Cuccinelli, hat die Gesetzesänderung mit einprägsamen Worten zusammengefasst. Er dichtete kurzerhand die Botschaft um, die auf einer Plakette an der Freiheitsstatue zu lesen ist. Im Originalgedicht empfängt Lady Liberty Migranten aus aller Welt mit den Worten "Gebt mir eure Müden, eure Armen, eure geknechteten Massen, die frei zu atmen begehren."

Immigration Statue Gedicht
Aus dem Gedicht in der Freiheitsstatue: "Give me your tired, your poor, Your huddled masses yearning to breathe free, ...“ Bild: picture-alliance/AP Images/AP Photo/K. Willens

Cuccinelli passte diese Worte im Interview mit einem Radiosender an die Sichtweise der US-Regierung an: "Gebt mir eure Müden und eure Armen, die auf ihren eigenen Beinen stehen und die nicht zu einer Belastung für die Allgemeinheit werden."

Niedriges Einkommen als Ablehnungsgrund

"Public Charge" (etwa "öffentliche Belastung") Regeln gibt es im Einwanderungsgesetz schon lange. Aber jetzt konkretisiert und verschärft die US-Regierung die Vorschriften. Green Card Bewerber werden auf eine Liste von Faktoren überprüft, die zeigen sollen, ob die Kandidaten zum Zeitpunkt der Überprüfung oder in der Zukunft auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werden. Zu den Faktoren gehören neben Englischkenntnissen auch Alter, Gesundheitszustand sowie Ausbildungsstand - und das aktuelle Einkommen des Bewerbers.

Die amerikanische Green Card - Namen verpixelt
Objekte der Begierde: US-Green CardsBild: Getty Images/AFP/J. Watson

Diesen Punkt hält Julia Gellat von der unabhängigen Denkfabrik Migration Policy Institute für besonders problematisch. Aktuelles Einkommen könne zwar bis zu einem gewissen Grad zukünftiges Einkommen vorhersagen. Aber: "Einwanderer zeigen tendenziell eine Steigerung im Einkommen, nachdem sie richtig in den USA angekommen sind", sagte die Migrationsexpertin im DW-Gespräch. Von daher sei der Fokus aufs aktuelle Einkommen gerade bei Einwanderern wenig sinnvoll, wenn es darum geht vorherzusagen, ob eine Person in der Zukunft Unterstützung vom Staat braucht.

"Einwanderer haben US-Wirtschaft nach vorn gebracht"

Mit dieser Regelung werden arme Einwanderer, die auf eine Green Card hoffen, benachteiligt. Das Migration Policy Institute sagt, dass hauptsächlich Menschen aus Afrika und Lateinamerika betroffen sind, also genau die Menschen, die US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge sind. Einwanderer aus Europa, beispielsweise, fielen weniger unter die neue Regel. Und genau mit der Begründung der Gleichberechtigung haben nun mehrere US-Bundesstaaten Klage gegen die Regierung eingereicht: Kalifornien, Maine, Oregon, Pennsylvania und der Bundesdistrikt Washington. 

Abel Nunez, der Direktor des Central American Resource Center (CARECEN), einer Hilfsorganisation für Migranten aus Zentralamerika, kritisiert den Fokus aufs Einkommen ebenfalls. "Einwanderer als Gruppe haben die Wirtschaft der USA nach vorne gebracht", sagte Nunez der DW. "Sie nehmen Jobs am unteren Ende der Gesellschaft an und arbeiten sich von da nach oben, oder ermöglichen das ihren Kindern."

Viele Menschen, die in der Vergangenheit als Einwanderer in die USA kamen, hätten unter den neuen Regeln keine Chance gehabt, sagt Nunez. "Man muss sich nur die irischen Einwanderer anschauen. Diese Menschen waren am Verhungern, wirklich arme Leute. Aber sie haben einen großen Einfluss auf diese Nation gehabt. Heute gibt es keine Polizeistation und keine Feuerwehrwache in großen Städten, die nicht durch die irische Migration geprägt wurde."

Die Angst geht um

Ein weiterer Punkt, der unter der neuen Regel in Betracht gezogen werden wird, wenn es darum geht, wer eine Green Card bekommt: Hat der Bewerber jemals staatliche Unterstützung, beispielsweise in Form von Essensmarken oder dem Gesundheitsprogramm Medicaid, bekommen? Im Vergleich zum bisherigen Gesetz hat die neue "Public Charge" Regelung eine deutlich längere Liste von Unterstützungen, deren Inanspruchnahme Einwanderern im Bewerbungsprozess negativ ausgelegt werden kann.

Bildergalerie USA Armut
Wird disqualifiziert, wer auf Essensmarken angewiesen sein könnte?Bild: Getty Images

Die Krux dabei: Einwanderer, die noch nicht im Besitz einer Green Card sind, haben auf die meisten dieser Unterstützungen sowieso kein Anrecht. Und Programme wie gratis Mittagessen in der Schule für Kinder aus armen Familien, auf die Einwanderer ein Anrecht haben, stehen nicht auf der Negativ-Liste. Doch Immigrationsregelungen, alte wie neue, seien so unübersichtlich, dass jetzt die Angst vor der Green-Card-Disqualifizierung um sich greife, sagt Migrationsexpertin Gellat: "Viele Menschen sagen sich 'sicher ist sicher' und melden sich von allen Hilfsprogrammen ab."

Das hat auch Nunez in seiner Arbeit bei CARECEN bereits beobachtet. "Eine Auswirkung ist Angst", sagt er. "Dabei muss man auch an den Hintergrund denken, vor dem diese neue Regelung eingeführt wird. Es ist ein weiterer Angriff, dem sich die Einwanderergemeinde ausgesetzt sieht. Präsident Trump hat sie als Vergewaltiger und Räuber beschimpft und ihre Herkunftsländer als Dreckslöcher bezeichnet. Dann wurden die Asylgesetze [verschärft]. Das alles schafft das Gefühl, dass wir hier nicht erwünscht sind."

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker