Neue Ehrung für Menschenrechtler
29. September 2013"Menschenrechtspreise sind den Diktatoren sehr unangenehm", sagt die weißrussische Journalistin und Menschenrechtlerin Irina Chalip. "Jeder, der so einen Preis erhält, fühlt sich moralisch gestärkt."
Die Korrespondentin der russischen Zeitung "Nowaja Gazeta" wurde 2012 mit dem Hermann-Kesten-Preis des deutschen Ablegers der internationalen Schriftstellervereinigung PEN ausgezeichnet. Irina Chalip stand damals in Minsk unter Hausarrest, weil sie mit ihrem Mann gegen Wahlmanipulationen durch den weißrussischen Machthaber Lukaschenko protestiert hatte. Die Auszeichnung, so berichtet sie im Gespräch mit der Deutschen Welle, habe sie moralisch gestärkt: "Mein Mann saß damals im Gefängnis, und ich hatte das Gefühl, mein Leben sei zerstört. Nachdem ich dann die Nachricht vom deutschen PEN-Zentrum erhielt, wusste ich, dass ich nicht alleine bin."
Moralische Unterstützung
Auch der Europarat will in diesem Jahr wieder einen Menschenrechtspreis verleihen. Von 1980 bis 1998 vergab er bereits alle drei Jahre den "Menschenrechtspreis des Europarats". 2009 und 2011 wurde er unter gleichem Namen wiederbelebt. Und nun soll es 2013 einen Neuanfang geben - mit einem neuen Namenspatron: Vaclav-Havel-Preis soll die Auszeichnung heißen.
"Vaclav Havel war ein großer Europäer und ein Freund des Europarats", sagt der Schwede Thomas Hammarberg, der in der Jury der neu geschaffenen Auszeichnung sitzt. "Das war wohl der maßgebliche Gedanke, als man beschloss, den Preis an sein Vermächtnis zu koppeln." Hammarberg selbst war schon Generalsekretär von Amnesty International und bis zum vergangenen Jahr als Menschenrechtskommissar des Europarats tätig.
Neuer Name - neue Partner
Der Europarat - eine von der Europäischen Union unabhängigen internationalen Organisation, in der alle Länder Europas außer Weißrussland vertreten sind - kämpft in den letzten Jahren mit Budgetkürzungen der Mitgliedsstaaten und mangelnder öffentlicher Aufmerksamkeit. Den Havel-Preis vergibt der Europarat nun gemeinsam mit der Prager Vaclav-Havel-Bibliothek und der tschechischen Charta-77-Stiftung. Der Preisträger wird mit 60.000 Euro belohnt.
Der neue Menschenrechtspreis des Europarats ist dabei nur einer unter vielen, das räumt auch Hammarberg ein. Wichtig sei, "einige wenige Preise mit Prestige und Würde zu etablieren". Ein hohes Ansehen genießen der Menschenrechtspreis der Vereinten Nationen und der von der Europäischen Union verliehene Sacharow-Preis. Daneben gibt es unzählige kleinere Preise, die von einzelnen Städten, Vereinen und Institutionen vergeben werden. Da entsteht schon der Eindruck, dass manche Organisationen Preise ausloben, um damit einmal in den Medien erwähnt zu werden - und eher selbst von der Bekanntheit der Preisträger zu profitieren als umgekehrt.
"Ihr seid nicht allein"
Thomas Hammarberg ist überzeugt, dass der Vaclav-Havel-Preis zu einer festen Größe wird: "Wir können den Politikern und Machthabern in den Ländern, aus denen die Preisträger stammen, zeigen, dass diese Menschenrechtsaktivisten oder -organisationen nicht alleine sind, sondern die Rückendeckung einer angesehenen Organisation wie dem Europarat haben."
Ob der Menschenrechtspreis darauf Einfluss hatte oder nicht - Tatsache ist, dass Irina Chalips Hausarrest mittlerweile aufgehoben ist und sie sich wieder frei bewegen darf. Sie freut sich bereits darauf, dieses Jahr nach Darmstadt zu reisen, um sich dort endlich für den Preis des PEN-Zentrums zu bedanken.