Neuauszählung in Hessen mit möglichen Folgen
13. November 2018Die Landtagswahl in Hessen Ende Oktober hat auch international ein großes Echo gefunden. Denn ihr Ausgang wurde maßgeblich von der Bundespolitik bestimmt. Und obwohl am Ende die CDU mit rund 27 Prozent der Stimmen stärkste Partei blieb, bedeutete das doch einen herben Verlust für die Partei von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Denn 27 Prozent, das waren zehn Prozentpunkte weniger als bei der letzten Hessen-Wahl 2013. Und auch deshalb ließ Merkel am Tag danach wissen, dass sie nicht mehr für den CDU-Vorsitz auf dem nächsten CDU-Parteitag im Dezember kandidieren will.
900 Stimmen falsch ausgezählt.
Aber auch mehr als zwei Wochen danach ist die Hessen-Wahl noch in aller Munde. Kurz nach dem Wahlsonntag wurde bekannt, dass etwa 900 Stimmen in der Finanzmetropole Frankfurt, der größten Stadt in Hessen, falsch gezählt worden waren. "Ein technischer Fehler", sagt Landeswahlleiter Jan Schneider (CDU). Die zentrale Software soll zu langsam gearbeitet haben. "Keine Frage, das sind zu viele Stimmen. Aber das ist trotzdem kein Grund, die Wahl in Zweifel zu ziehen", so Schneider. In einigen Wahllokalen sind offenbar vor allem die Stimmen für die CDU und die Rechtspopulisten von der "Alternative für Deutschland" (AfD) unter den Tisch gefallen.
Zieht die SPD am Ende an den Grünen vorbei?
Die Panne könnte dennoch gravierende Folgen haben, vor allem für die mögliche nächste Regierung in Hessen: Die CDU jedenfalls gab schon mal bekannt, dass mögliche Koalitionsverhandlungen erst einmal vertagt werden, bis am kommenden Freitag das Ergebnis der Neuauszählung bekannt geben werden soll. Am Wichtigsten dabei: Bleibt es bei dem hauchdünnen Vorsprung der Grünen als zweitstärkste Kraft vor den Sozialdemokraten? Beide kommen bisher auf 19,8 Prozent der Stimmen und die gleiche Anzahl von Mandaten, nämlich 29. Die Grünen haben gerade einmal 94 Stimmen Vorsprung zu Zeit. Zur Einordnung: Beide Parteien haben rund 570.000 Zweitstimmen erhalten, die für die Mandatsverteilung wichtig sind. In den vergangenen fünf Jahren haben die Grünen an der Seite der CDU Hessen mitregiert. Und beide wollen dieses Bündnis am liebsten fortsetzen. Aber jetzt ist es möglich, dass die SPD nach der Neuauszählung doch noch an den Grünen vorbeizieht. Und dann würden sich ganz neue Perspektiven ergeben.
Ampelkoalition
Eine Ampelkoalition wäre eine schlimme Niederlage für Merkels CDU: Die Sozialdemokraten könnten sich mit den Grünen und den Liberalen von der FDP zusammentun. Und die CDU, obwohl stärkste Partei, wäre nach fast zwei Jahrzehnten an der Macht in Hessen aus dem Spiel. "Wir würden nochmal auf die Grünen zugehen in der nächsten Woche", sagte der hessische SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümpel nach einem Treffen mit der FDP in Wiesbaden. Und die FDP zeigt sich offen für eine mögliche Regierung. "Wir werden wirklich ernsthaft prüfen, ob es möglich ist, eine Regierung mit SPD und Grünen zu bilden", sagte Hessens FDP-Chef Stefan Ruppert. Und machte zugleich deutlich, dass seine Partei nur unter einem SPD-Ministerpräsidenten mitregieren will. Also nur, wenn die SPD am Ende tatsächlich vor den Grünen liegt.
Jamaika-Koalition
Sollten die Grünen tatsächlich auf der dritten Platz zurückfallen, könnte es auch dazu kommen, dass CDU und Grüne ihre hauchdünne Mehrheit von einem Sitz im Landtag in Wiesbaden verlieren. Dann wäre auch denkbar, dass die CDU mit Ministerpräsident Volker Bouffier eine Koalition mit den Grünen und der FDP bildet. Allerdings glaubt Landeswahlleiter Schneider, dass auch eine Stimmen-Neuauszählung an der Verteilung der Mandate kaum etwas ändert. Dazu ist die Anzahl der falsch ausgezählten Stimmen wohl zu gering. Eine Jamaika-Koalition würde der CDU und ihrem Ministerpräsidenten die Macht in Hessen sichern.
Große Koalition
Und natürlich ist auch eine Große Koalition aus CDU und SPD in Hessen möglich - ein Spiegelbild also der Regierung, die Angela Merkel gerade für ganz Deutschland in Berlin anführt. Die "GroKo" ist auch schon jetzt, vor der Neuauszählung der Stimmen möglich, denn SPD und Grüne verfügen über die gleiche Anzahl an Mandaten. Aber wenig spricht dafür, dass die CDU eine eigentlich erfolgreiche Regierungskonstellation ohne Not ändern sollte. Es sei denn, die SPD gewinnt doch ein Mandat hinzu. Am kommenden Freitag soll das Ergebnis der Neuauszählung veröffentlicht werden.