Netanjahu scheitert mit Regierungsbildung
21. Oktober 2019Der rechtskonservative Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat es nach der Parlamentswahl Ende September nicht geschafft, ein neues Regierungsbündnis zu schmieden. Er gab ein entsprechendes Mandat an Staatspräsident Reuven Rivlin zurück. Rivlin kündigte am Abend nach Medienberichten an, er wolle nun Ex-Militärchef Benny Gantz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen. Netanjahus Herausforderer habe vier Wochen Zeit für die schwierige Mission, eine Koalition zu bilden.
Netanjahu war bereits nach der vergangenen Wahl im April mit der Regierungsbildung gescheitert. Der Premier, der seit 2009 ununterbrochen regiert, erklärte in einer Stellungnahme auf Facebook, es sei ihm nicht gelungen, Gantz an den Verhandlungstisch zu bringen. Netanjahu und Gantz hatten sich bereits in den vergangenen Wochen gegenseitig für die Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung verantwortlich gemacht.
Wechselseitige Blockade
Der Likud hatte Blau-Weiß zuletzt eine Blockadehaltung gegenüber einer Einheitsregierung mit paritätischer Aufteilung unter den Partnern vorgeworfen. Gantz hatte dagegen betont, seine Partei werde nicht in einer Regierung sitzen, "deren Vorsitzender sich einer schwerwiegenden Anklage stellen muss". Netanjahu droht eine Anklage in drei Korruptionsfällen wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs. Nach einer viertägigen Anhörung zu den Vorwürfen will der Generalstaatsanwalt nun bis Jahresende über eine Anklage entscheiden.
Außerdem hatte Netanjahu direkt nach der Wahl einen Block mit den rechten und religiösen Parteien gebildet. Er besteht darauf, diese in ein Regierungsbündnis aufzunehmen. Gantz strebt jedoch eine säkulare große Koalition an. Rund eine Woche nach der Wahl am 17. September hatte Rivlin Netanjahu den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt.
Fast gleich starke Lager
Blau-Weiß war bei der Wahl mit 33 Mandaten zwar stärkste Kraft geworden. Der Likud kam nur auf 32 Mandate. Netanjahu erhielt allerdings 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten - Gantz dagegen nur 54. Weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager hat eine Mehrheit zur Regierungsbildung.
In der 22. Knesset mit seinen 120 Abgeordneten sind neun Parteien vertreten. Die drittgrößte Fraktion ist die Vereinigte Arabische Liste, die bei der Wahl 13 Mandate erhielt. Rund 20 Prozent der Bevölkerung sind Araber.
kle/qu (dpa, afp, rtre)