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Nestle: "Energiewende ist große Chance"

Gero Rueter4. Oktober 2013

Das Bundesland Schleswig-Holstein ist Vorreiter der Windenergie. Der forcierte Ausbau ist kostengünstig und fördert die ländliche Entwicklung sagt Ingrid Nestle, Staatssekretärin für Energiewende und Landwirtschaft.

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Ingrid Nestle Staatssekretärin im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt- und ländliche Räume im norddeutschen Bundesland Schleswig-Holstein. Schleswig-Holstein ist Vorreiter bei der Windenergie und der Energiewende. Das Bundesland Schleswig-Holstein will 2015 den Strombedarf zu 100% aus erneuerbaren Energien decken. 2020 will Schleswig-Holstein sogar das Drei- bis Vierfache des eigenen Strombedarfs mit erneuerbaren Energien erzeugen. Die überschüssige Energie soll exportiert werden, vor allem Hamburg mit Strom versorgen (Bild: Gero Rueter)
Bild: DW/G. Rueter

Deutsche Welle: Frau Nestle, ihr Bundesland Schleswig-Holstein will 2015 den Strombedarf schon zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken. 2020 will Schleswig-Holstein sogar das Drei- bis Vierfache des eigenen Strombedarfs mit erneuerbaren Energien erzeugen. Die überschüssige Energie soll exportiert werden, vor allem Hamburg mit Strom versorgen. Wie wollen Sie diese Ziele erreichen?

Ingrid Nestle: Wir haben hier verschiedene Potenziale: Solarkraft, Biomasse und Windenergie auf dem Meer und vor allem die Windenergie an Land. Wir haben hier viel Wind und können so viel und kostengünstig Strom produzieren, günstiger als im Bundesdurchschnitt.

Was heißt kostengünstig?

Die Kosten für Windstrom sind hier an der Küste und auf dem Binnenland unterschiedlich. Aber für sechs, sieben Cent pro Kilowattstunde kann hier Windstrom produziert werden.

Wie ist Ihre Strategie?

Wir wollen einen guten Beitrag zur Energiewende leisten. Auf Landesebene ist es vor allem wichtig, die Rahmenbedingungen zu schaffen, dass es Standorte für Windanlagen gibt. Jetzt haben wir dafür gesorgt, dass es neue Flächen gibt. Das Bundesgesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien (EEG) ermöglicht die Finanzierung. So kann an diesen Standorten jetzt auch gebaut werden.

Warum wollen Sie mehr erneuerbaren Strom erzeugen als sie verbrauchen?

Es stimmt. Wir wollen viel erneuerbaren Strom produzieren. Es ist allerdings nicht mehr als früher. Als Schleswig Holstein noch drei Atomkraftwerke hatte, war es auch ein Stromexportland. Wir möchten das wieder erreichen, aber diesmal nicht mit dreckigem Atomstrom, sondern mit sauberen, erneuerbaren Energien.

Für Strom aus neuen Wind- und Solarkraftwerken werden Leitungen gebraucht. Wie funktioniert hier der Ausbau?

Auch hier werden wir oft als Vorreiter gesehen, weil wir besonders früh und intensiv die Bürger in die Planung einbeziehen. Wir haben große Konferenzen, aber auch viele kleine Veranstaltungen entlang der geplanten Stromtrasse, um wohnortnah mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Wir versuchen, die Fragen der Menschen vor Ort aufzugreifen, suchen einen Dialog in beide Richtungen, wo wir informieren und zuhören. Die Bürger vor Ort kennen ihre Region am besten und haben oft sehr schlaue Ideen. Diese nehmen wir für die Planung auf.

Für viel Wind- und Sonnenstrom werden Speicher gebraucht, in Deutschland spätestens ab 2020. Wie weit ist die Entwicklung?

Der Einsatz und die Entwicklung von Speichern ist wichtig und ein Schwerpunkt unserer Politik. Ich hoffe, dass wir 2020 eine dicke Stromleitung auch nach Norwegen haben. Dort gibt es viele Stauseen. Das sind schon heute riesige Speicher, die in diesem Maße bisher überhaupt nicht gebraucht werden. Das wird sicherlich für 2020 der wichtigste Beitrag sein.

Schleswig Holstein ist sehr ländlich. Welche Bedeutung haben hier die erneuerbaren Energien?

Eine große Bedeutung. Für viele Landwirte sind die erneuerbaren Energien ein zweites finanzielles Standbein geworden. Sie haben Flächen, auf denen Anlagen für Erneuerbare-Energien stehen, sie sind an der Finanzierung dieser Anlagen beteiligt oder liefern auch Rohstoffe für Bioenergieanlagen. Es ist ein sehr, sehr wichtiger Part, der tatsächlich das Einkommen im ländlichen Raum wieder deutlich verbessert hat.

Sie sind in Deutschland und auch weltweit Vorreiter bei den erneuerbaren Energien. Was ist Ihr Tipp für Nachahmer?

Es ist wichtig, verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen und alle Leute mitmachen zu lassen. Der Tipp aus Schleswig-Holstein ist wirklich: Bürgerwindparks und Investitionsmöglichkeiten für die Menschen vor Ort. Dann sind sie nicht nur Anwohner, sondern tatsächlich die Macher, die Mitmacher. Das führt zu Akzeptanz und auch zu ganz viel Aktivität. Da wird dann Geld mobilisiert, neu geplant und es werden neue Ideen entwickelt. Ich glaube, hier liegt die große Chance.

Das Interview führte Gero Rueter.

Ingrid Nestle ist Staatssekretärin im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume im Bundesland Schleswig-Holstein.