NDR zieht Xavier Naidoos ESC-Nominierung zurück
21. November 2015Es sei klar gewesen, dass Naidoo polarisiere, doch die Wucht der Reaktionen habe überrascht, begründet Thomas Schreiber, ARD-Unterhaltungskoordinator und Programmbereichsleiter beim NDR, den Rückzieher. Der Eurovision Song Contest sei ein fröhlicher Event, bei dem Musik und Völkerverständigung im Mittelpunkt stehen sollten, so Schreiber weiter: "Dieser Charakter muss unbedingt erhalten bleiben. Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden. Aus diesem Grund wird Xavier Naidoo nicht für Deutschland starten."
Seit Bekanntgabe von Naidoos Nominierung am 19.11 hatte sich heftiger Widerstand gegen seine Teilnahme geregt. Im Internet liefen gleich mehrere Petitionen gegen die ARD-Pläne, Naidoo konkurrenzlos für den ESC antreten zu lassen. Allein auf der Internetseite "change.org" hatten bis Freitagmittag mehr als 13.000 Menschen gegen Naidoos Teilnahme unterzeichnet.
Naidoos Verschwörungstheorien stoßen auf Kritik
Nicht nur wegen seiner religiösen Liedtexte, sondern vor allem wegen seines umstrittenen Weltbilds war der sechsfache Echo-Preisträger in den letzten Jahren häufig in die Kritik geraten. So behauptet er etwa, dass Deutschland gar kein souveräner Staat, sondern immer noch von den Alliierten des Zweiten Weltkriegs besetzt sei. Auf großes Unverständnis bei seinen Kritikern stößt auch seine These, dass die Terroranschläge des 11. September 2001 gar nicht so stattgefunden hätten wie offiziell dargestellt. Er schont auch deutsche Politiker nicht - so erstattete er 2011 Strafanzeige gegen den Bundespräsidenten und hochrangige Regierungsvertreter - wegen Hochverrats: Sie seien mit Schuld an der internationalen Finanzkrise von 2007. Die Klage wurde abgewiesen.
Nach den Misserfolgen der letzten Kandidaten beim Eurovision Song Contest hatte man bei der ARD offenbar gedacht, man setze mit Naidoo nun auf Bewährtes. Schließlich hat der Sänger mit den indischen und afrikanischen Wurzeln 20 Jahre Bühnenerfahrung, hat alle großen Festivals bespielt und bringt seit 1998 millionenfach verkaufte Alben raus. Naidoo selbst weist jede Kritik zurück. Er setze sich für Meinungsfreiheit und Toleranz ein, erklärte er auf der NDR-Webseite "eurovision.de". Keiner, der ihn kenne, habe ihm "jemals auch nur annähernd das Gegenteil vorgeworfen."
Rückendeckung bekommt er auch von ARD-Unterhaltungskoordinator Schreiber: "Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung weder Rassist noch homophob ist." Wen die ARD als nächstes ins Rennen schicken möchte, steht noch nicht fest. Es solle aber so schnell wie möglich entschieden werden, so Schreiber.
as/hf (dpa, eurovision.de)