NATO zeigt im Osten Flagge
18. Juni 2015Mit der ersten großen Gefechtsübung ihrer neuen schnellen Eingreiftruppe zeigt die westliche Militärallianz an diesem Donnerstag im Osten des Bündnisgebietes Flagge. Zu dem Manöver mit 2100 Soldaten im polnischen Sagan sind auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und drei weitere Verteidigungsminister angereist.
Mehr als 2000 Soldaten aus Deutschland und acht weiteren NATO-Ländern beteiligen sich mit Kampf- und Schützenpanzern sowie anderen schweren Waffen. Die neue NATO-Eingreiftruppe wird als Reaktion auf den Ukraine-Konflikt aufgebaut. Wenn nötig, sollen NATO-Soldaten künftig innerhalb von zwei bis fünf Tagen bereit für die Verlegung in ein Krisengebiet sein.
Die Übung findet vor dem Hintergrund neuer Spannungen zwischen dem Bündnis und Russland statt. Die USA erwägen laut "New York Times", schwere Waffen für bis zu 5000 Soldaten künftig in Osteuropa zu stationieren, darunter Kampfpanzer und Infanterie-Fahrzeuge. Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte eine Aufstockung seines Atomraketen-Arsenals an. 40 neue Interkontinentalraketen sollen bis zum Jahresende angeschafft werden.
Stoltenberg begrüßt deutsche Führungsrolle
In einem Interview der Tageszeitung "Die Welt" hob Stoltenberg die wachsende deutsche Rolle im Bündnis hervor. "Ich begrüße es, dass Deutschland in der NATO immer mehr eine Führungsrolle übernimmt und seine Rolle als Führungsnation mehr und mehr ernst nimmt", sagte er. "Der deutsche Beitrag ist für die Schnelligkeit, mit der die Eingreiftruppe aufgestellt wurde, entscheidend gewesen."
Stoltenberg betonte nochmals, die NATO sei nicht an einer Konfrontation mit Moskau interessiert. "Wir wollen keinen neuen Rüstungswettlauf", erklärte er in Sagan. Trotzdem müsse das Bündnis stark sein. "Die Nato wird sich weiter um Dialog und Kooperation bemühen, aber das kann nicht auf der Grundlage von Schwäche geschehen."
NATO berät über Verlegung von Kampfpanzern in den Osten
Der Generalsekretär kündigte an, dass die NATO-Verteidigungsminister in der nächsten Woche über die Stationierung von schwerem Militärgerät in den östlichen Mitgliedstaaten beraten würden. Das sei Teil des Plans für eine erhöhte Einsatzbereitschaft, der beim Gipfeltreffen in Wales im vergangenen September beschlossen worden sei.
NATO-Oberbefehlshaber Philip Breedlove machte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" deutlich, diese geplante Verlagerung schwerer Waffen verstoße nicht gegen die NATO-Russland-Akte. Der Vorschlag stimme mit den Verpflichtungen dieses Vertrages von 1997 überein, "weil die Einheit klein genug ist und über verschiedene Standorte verteilt wird".
"Eine Provokation zieht die nächste nach sich"
Dagegen werfen Politiker der Opposition der westlichen Militärallianz eine Provokation Russlands vor. Die stellvertretende Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte: "Die Ankündigung Russlands, sein Atomwaffen-Arsenal aufzurüsten, ist die Reaktion darauf, dass der Westen die Stationierung von schwerem Kriegsgerät in Osteuropa angekündigt hat." "Eine Provokation zieht die nächste nach sich. Das gefährdet ganz existenziell den Frieden in Europa."
se/nin (dpa, afp, rtr, welt)