1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

NATO will keine neuen Atomwaffen in Europa

2. Februar 2019

Die Aussetzung des INF-Vertrags verunsichert vor allem die Europäer - sie fürchten ein Wettrüsten auf ihrem Boden. NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat der Stationierung von Atomwaffen in Europa nun eine Absage erteilt.

https://p.dw.com/p/3Cb9s
Nato Gipfel Stoltenberg und Pompeo
Im Streit mit Russland Seit' an Seit': NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und US-Außenminister Mike PompeoBild: picture-alliance/dpa/Y. Pingan

Den USA, Russland und der NATO stehen sechs intensive Monate bevor: So lange ist noch Zeit, den INF-Vertrag zu retten, den die USA aufgekündigt haben. Ihr Vorwurf: Russland verletze mit seinen Mittelstreckeraketen seit Jahren den 1987 geschlossenen Abrüstungsvertrag. Viele fürchten ein neues Wettrüsten zwischen Moskau und Washington.

Deswegen schauen besonders die europäischen Staaten mit Sorge auf die Entwicklung. Einig ist man sich dabei nicht: Die baltischen und osteuropäischen Länder fühlen sich von Russland stärker bedroht und zweifeln an der Verteidigungsbereitschaft ihrer westlichen Nachbarn. Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz sagte dem "Spiegel", es sei in Europas Interesse, dass amerikanische und Truppen und Atomraketen auf dem Kontinent stationiert seien. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hält davon nichts: Er hat sich dagegen ausgesprochen, dass in Deutschland wieder Atomraketen stationiert werden. "Der Kalte Krieg ist vorbei", antwortete Maas auf die Frage, ob Geschichte sich in Europa wiederholen könnte. "Die Antworten aus dieser Zeit sind völlig ungeeignet, die heutigen Herausforderungen zu beantworten".

Keine neuen Atomwaffen in Europa

Ähnlich sieht das auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. In einem Interview mit dem ZDF sagte er, die Verteidigungsallianz habe nicht die Absicht, neue Atomwaffen "bodengestützter Art" in Europa zu stationieren. Vielmehr müsse um die Erhaltung des INF-Vertrages gekämpft werden. Man wolle in den nächsten sechs Monaten weiter mit Russland sprechen. Gleichzeitig müsse man sich auf den Fall vorbereiten, dass der Vertrag nicht erhalten bleibe. "Wir müssen sicherstellen, dass wir eine glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung haben." Man werde sich verschiedene Optionen anschauen. "Es ist noch zu früh zu schlussfolgern, was das Ergebnis des Prozesses sein wird. Aber ich kann jetzt schon sagen, dass wir verantwortlich handeln werden. Das wird eine angemessene Reaktion sein, defensiv, und im Verhältnis stehen, wird aber nicht notwendigerweise widerspiegeln, was Russland gerade tut. Und wir werden uns weiterhin auch neue Rüstungskontroll-Initiativen anschauen."

Die NATO hatte sich umgehend hinter die amerikanische Entscheidung gestellt, aus dem Abkommen auszutreten. Stoltenberg sagte, Russland verletze den Vertrag seit Jahren. Bisher seien alle Versuche, Moskau zum Einlenken zu bewegen, gescheitert. Russland weist den Vorwurf zurück. Die in der Kritik stehenden Raketen vom Typ 9M729 (NATO-Code: SSC-8) hätten lediglich eine Reichweite von knapp unter 500 Kilometern und seien deswegen vertragskonform. NATO-Generalsekretär Stoltenberg hingegen sieht es wie die USA: Demnach sollen die Raketen mindestens 2600 Kilometer weit fliegen können. "Sie können europäische Staaten erreichen", sagte Stoltenberg. 

Was ist mit China?

Moskau drohte nach der Ankündigung der USA mit Konsequenzen. Konkrete Schritte nannte eine Sprecherin des russischen Außenministeriums jedoch nicht. US-Präsident Donald Trump erklärte in einer schriftlichen Mitteilung, die USA gingen nun bei der "Entwicklung eigener militärischer Antwort-Optionen" voran. Das Pentagon hat bereits Ende 2017 die Grundlage gelegt,
Forschungspläne für ein neues mobiles landgestütztes System vorantreiben zu können. Aus US-Regierungskreisen hieß es aber, man sei noch ein Stück weit von konkreten Schritten entfernt. Kritiker unterstellen den USA, selbst kein großes Interesse mehr am INF-Vertrag in seiner jetzigen Form zu haben. Grund dafür: Der aus der Zeit des Kalten Kriegs stammende Deal bindet nur die USA und Russland, aber nicht aufstrebende Militärmächte wie etwa China.

Der INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (Intermediate Range Nuclear Forces) war 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossen worden. Er verpflichtet beide Seiten zum Verzicht auf landgestützte ballistische Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern. Zugleich untersagt er auch die Produktion und Tests solcher Systeme.

cvo/haz (dpa, afp, ZDF)