Dolomiten: Alle elf Opfer geborgen
9. Juli 2022Knapp eine Woche nach dem Gletscherabbruch in den Dolomiten ist der letzte noch vermisste Bergsteiger gefunden und tot geborgen worden. Damit stieg die Opferzahl des Unglücks auf elf. Alle seien identifiziert worden, sagte der zuständige Polizeibeamte Giampietro Lag. Es gebe derzeit "keine Hinweise", dass weitere Menschen verschüttet worden seien.
Der Sucheinsatz an der Marmolata in der norditalienischen Bergregion ging dennoch weiter: Auch am Wochenende sollten wieder Drohnen in der Nähe des Unglücksorts aufsteigen, teilte der Präsident der Provinz Trient, Maurizio Fugatti, mit. Von den nächsten Tagen an werden drei Teams in drei unterschiedlichen Zonen des Lawinenkegels arbeiten. Bislang hatte sich die Suche auf jeweils ein Gebiet beschränkt. Auch Hunde kamen zum Einsatz. Die Einsatzkräfte suchen weitere Leichenteile und anderes persönliches Material der Unfallopfer, sagte Fugatti.
Bei den Toten handelt es sich um sechs Männer und drei Frauen aus Italien sowie zwei tschechische Bergsteiger. Acht Menschen wurden verletzt, darunter ein Mann und eine Frau aus Deutschland.
Geröll mit 300 Stundenkilometern
Am vergangenen Sonntag war ein Teil des Marmolata-Gletschers abgebrochen, der auf der Nordseite des gleichnamigen höchsten Bergs der Dolomiten liegt. Die Lawine aus Eis, Gestein und Wasser bahnte sich mit einer Geschwindigkeit von mehr als 300 Stundenkilometern ihren Weg ins Tal und riss einige Alpinisten mit sich, die auf dem ausgewiesenen Wanderweg unterwegs waren.
Einige Angehörige von Opfern warfen den italienischen Behörden Fahrlässigkeit vor: Ihrer Ansicht nach hätte das gesamte Gebiet unterhalb des Gletschers abgesperrt werden müssen. Die Staatsanwaltschaft in Trient hat Ermittlungen zur Unglücksursache eingeleitet.
Der Einfluss der Klimakrise
In ganz Norditalien herrschen derzeit ungewöhnlich hohe Temperaturen und eine schwere Dürre - so muss bereits in etlichen Gemeinden in der Poebene das Trinkwasser rationiert werden. Zudem hatte es in den Dolomiten im Winter deutlich weniger Schnee als in den Vorjahren gegeben. Eine Decke aus Schnee schützt den Gletscher besser als dunkleres Eis oder Gestein vor Erwärmung durch die Sonne.
Hohe Temperaturen und geringere Niederschlagsmengen dürften im Zuge des menschengemachten Klimawandels in Zukunft häufiger werden. Experten befürchten, die Alpen könnten bis Ende dieses Jahrhunderts fast gänzlich eisfrei werden. Der Weltklimarat IPCC zählt die Gletscher- und Schneeschmelze zu den zehn schwersten Bedrohungen durch die Erderwärmung.
ehl/qu (dpa, afp, rtr)