Nach Dopingaffäre: Tennisprofi Jannik Sinner gewinnt US Open
9. September 2024"Es war ein bisschen in meinem Kopf, und ist es immer noch", gestand Jannik Sinner nach seinem Finalsieg bei den US Open. "Es ist nicht verschwunden." Zwar hatte der Italiener gerade seinen zweiten Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier errungen, jedoch war ihm noch zu deutlich in Erinnerung, wie viel Aufregung kurz vor den US Open um seine Person geherrscht hatte. Erst kurz vor Auftakt der Veranstaltung in New York war öffentlich geworden, dass Sinner im März zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet worden war.
Der Tennis-Weltranglistenerste durfte dennoch weiter spielen und erhielt wenige Tage vor seinem ersten Match bei den US Open den Freispruch, weil seine Erklärung als schlüssig betrachtet wurde. Sinners Physiotherapeut habe eine Schnittwunde am Finger mit einem verbotenen Medikament behandelt. Bei der Massage sei die Substanz dann ohne dessen Wissen in Sinners Körper gelangt.
Kritik - auch von der Konkurrenz
Dennoch gab es viele kritische Kommentare auch von der Konkurrenz. Unter anderen prangerte der 24-malige Grand-Slam-Sieger Novak Djokovic eine Ungleichbehandlung anderer Spieler in ähnlichen Fällen an. Dass Sinner jedoch wirklich mit Absicht gedopt und das Mittel wissentlich zur Leistungssteigerung eingenommen habe, glaubte aber kaum jemand.
Sinner haderte anfangs mit der Situation. "Ja, es gibt einige Reaktionen. Ich kann nicht kontrollieren, was sie denken und was sie reden", sagte er nach seinem Sieg in der 1. Runde, ohne ins Detail zu gehen. Allerdings freute er sich über den Zuspruch der Fans. "Insgesamt war es nicht so schlecht. Darüber bin ich froh."
Zwei Wochen später durfte er nach seinem klaren 6:3, 6:4, 7:5-Erfolg über den US-Amerikaner Taylor Fritz seine zweite Grand-Slam-Trophäe in die Höhe stemmen. Anfang des Jahres hatte Sinner die Australian Open in Melbourne gewonnen.
Anschließend gratulierte auch sein vorheriger Kritiker Djokovic. "Congratulazioni", schrieb er kurz nach dem Matchball auf Social Media. "Forza Jannik", kommentierte Tennis-Legende Boris Becker und lobte die "mentale Stärke" des Italieners. "Nach einigen schwierigen Monaten, in denen alles auf dem Spiel stand, hat dein unerschütterlicher Glaube in die Wahrheit den Unterschied gemacht."
Ablösung der "Großen drei"
Durch den Sieg Sinners geht nun erstmals seit 2002 eine Tennis-Saison zu Ende, ohne dass einer der sogenannten "Großen Drei" - der 37-jährige Djokovic, Rafael Nadal (38) und der bereits zurückgetretene Roger Federer (43) - einen Grand-Slam-Titel geholt haben. Stattdessen gingen jeweils zwei Trophäen an Sinner und den 21 Jahre alten Spanier Carlos Alcaraz, der bei den French Open in Paris und in Wimbledon gewann.
"Es ist schön, neue Champions, neue Rivalitäten zu sehen", sagte Sinner. "Es ist gut für den Sport." Es könnte auch im nächsten Jahr so weitergehen. Bei Nadal ist das Karriereende nur noch eine Frage des Zeitpunkts. Und auch bei Djokovic, der mit dem Olympiasieg von Paris das letzte große Ziel seiner Karriere erreicht hat, weiß man nicht, wie lange er noch weitermacht.
Sabalenka erfüllt sich Traum vom US-Open-Sieg
Bei den Frauen setzte sich Favoritin Aryna Sabalenka im Finale mit 7:5, 7:5 gegen die US-Amerikanerin Jessica Pegula durch. Für die Belarussin war es - genau wie bei Sinner - der zweite Grand-Slam-Erfolg des Jahres nach dem Sieg bei den Australian Open.
Die 26-Jährige ist damit erst die vierte Tennisspielerin der Geschichte, der innerhalb eines Jahres das Double bei den beiden Majors gelingt, die auf Hartplatz gespielt werden. Auch die Deutschen Steffi Graf (1988, 1989) und Angelique Kerber (2016) gehören zu diesem Kreis.
Insgesamt war es der dritte Grand-Slam-Erfolg Sabalenkas, aber der erste in New York. Im vergangenen Jahr hatte sie das Endspiel gegen die US-Amerkanerin Coco Gauff verloren. "Ich war so oft so nah dran an einem Titel bei den US Open", sagte Sabalenka nun. "Es bedeutet mir sehr viel. Wenn man wirklich hart arbeitet, erfüllt man sich eines Tages seine Träume."
asz/ck (SID, dpa)