Putschversuch im Niger gescheitert
31. März 2021Zwei Tage vor der offiziellen Amtseinführung des neuen Präsidenten im Niger kam es rund um den Präsidentenpalast zu einer Schießerei. Das berichtet DW-Korrespondent Abdoulkarim Mahamadou. Regierungssprecher Abdourahamane Zakaria gab in der Hauptstadt Niamey bekannt, dass am Mittwochmorgen gegen drei Uhr drei Lastwagen mit schwer bewaffneten Soldaten vor dem Präsidentenpalast vorgefahren seien. Nach einem halbstündigen Feuergefecht mit der Präsidentengarde hätten die Angreifer jedoch aufgegeben.
Als treibende Kraft hinter dem Putschversuch gilt der Luftwaffenoffizier Sank Saley Gourouza. Die Lage im Lande sei nun wieder unter Kontrolle, erklärte Zakaria. Mehrere Personen seien festgesetzt worden, nach weiteren werde gesucht. Die Lage sei unter Kontrolle.
Der Sprecher bezeichnete den Putschversuch als "feigen und rückschrittlichen Versuch, der darauf abzielt, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit zu gefährden, zu denen sich unser Land entschlossen bekennt". Dieses Bekenntnis hätten auch die jüngsten Präsidentschaftswahlen gezeigt, aus denen Regierungskandidat Mohamed Bazoum als Sieger hervorging.
Die US-Botschaft setzte ihre konsularischen Tätigkeiten bis auf weiteres aus und empfahl den US-Bürgern, zu Hause zu bleiben. Auch die französische Botschaft empfahl ihren Bürgern, das Haus nicht zu verlassen.
Oppositionsführer beansprucht Wahlsieg für sich
Am Freitag soll im Niger der neue Präsident Mohamed Bazoum in sein Amt eingeführt werden. Der ehemalige Außenminister war mit knapp 56 Prozent der Stimmen von der Wahlkommission zum Sieger erklärt worden. Herausforderer und Ex-Präsident Mahamane Ousmane spricht dagegen von Wahlbetrug und beansprucht den Sieg für sich. Das Verfassungsgericht hat den Erfolg Bazoums allerdings bestätigt.
Für Mittwoch hatte die Opposition eine Demonstration angekündigt. Es wurde dazu aufgerufen, sich vor dem Sitz des Parlaments zu versammeln, um den Sieg von Ousmane zu beanspruchen und die Freilassung von Oppositionsführer Hama Amadou sowie anderen Inhaftierten zu fordern.
Unterdessen kritisierte der Rechtswissenschaftler Bachirou Amadou Adamou aus Niamey, die internationale Gemeinschaft habe die Proteste der Opposition nach der Wahl nicht ernst genommen, sondern vorgegeben, nichts von der Krise nach den Wahlen im Niger mitzubekommen. Adamou sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle, der Putschversuch sei daher eine Warnung gewesen, eine "Botschaft, die sich nicht nur an die neue Regierung richtet, sondern auch an die internationale Gemeinschaft". Sehr oft würden "Wahlstreitigkeiten in Afrika eher der internationalen Gemeinschaft vorgelegt als lokalen Schlichtern".
Rätselraten über Putschisten
Derweil geht das Rätselraten weiter, wer hinter dem Putschversuch stecken könnte. "Dies ist bisher noch unklar", sagte Thomas Schiller, Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), der Deutschen Welle. "Es gibt unterschiedliche Berichte aus Niamey. Teilweise wird berichtet, es sei ein Offizier der Luftwaffe der Kopf, auch wird davon geredet, dass andere Teile der Armee dahinterstehen. Nach den mir vorliegenden Informationen sieht es so aus, dass die Ruhe wieder hergestellt ist. In den nächsten Tagen wird man dazu erst Genaues sagen können."
Schiller gab zu bedenken, dass das afrikanische Land schon seit Monaten "aufgrund der sehr dramatischen Sicherheitslage in einer sehr prekären Situation" sei. "Erst vor kurzem gab es eine dreitägige Staatstrauer aufgrund von neuen Attacken im Westen des Landes." Niger sehe sich aber "bereits seit mehreren Jahren auch im Osten des Landes, in der Region des Tschadsees, mit terroristischen Gruppen konfrontiert".
Wegen dieser Sicherheitssituation sei die Lage also ohnehin schon angespannt, so der Experte im DW-Gespräch. "Viele Nigrer werfen auch der Regierung unter Präsident Mahamadou Issoufou vor, nicht alle Mittel aufgewandt zu haben, diese Lage zu verbessern. Hier geht es vor allem um Skandale im Verteidigungsministerium, da geht es Vorwürfe der Veruntreuung."
Keine dritte Wahlperiode für Issoufou
Schiller sagte weiter, "dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass sich Präsident Issoufou gemäß der Verfassung nicht für eine dritte Wahlperiode zur Verfügung gestellt hat, sondern regulär nicht mehr angetreten ist. Deswegen wäre es aus meiner Sicht wichtig, dass die oppositionellen Kräfte mit Blick auf die Sicherheitslage nicht überschießen und ihre Proteste vor Gericht und friedlich vortragen."
Der Mitarbeiter der Adenauer-Stiftung äußerte sich auch zu der Frage, warum der Streit sich am künftigen Präsidenten Mohamed Bazoum entzünde. Dieser entstamme "der ultraminoritären Minderheit arabischen Ursprungs, das ist im Grunde ein gutes Zeichen, dass es auch einem Angehörigen einer sehr kleinen Ethnie möglich ist, Präsident in einem so vielfältigen Land zu werden." Bazoom sei Innen- und Außenminister gewesen. Man müsse zudem festhalten: " Bazoum gilt als ein enger Gefolgsmann des vorherigen Präsidenten Issoufou und daher als Fortsetzung der aktuellen Regierung. Der Übergang von Issoufou zu Bazoum wird von den Allermeisten im Niger als Kontinuität angesehen und nicht als wirklicher Machtwechsel."
cwo/djo/kle (DW, afpe, rtre, ape)