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München ruft um Hilfe

13. September 2015

München kann den Andrang von Flüchtlingen kaum noch bewältigen. Die örtliche Verwaltung ruft nach Hilfe aus den anderen Bundesländern. Das bayerische Kabinett berät die Lage auf einer Krisensitzung.

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Polizisten begleiten Flüchtlinge nach ihrer Ankunft aus Budapest durch den Bahnhof (Foto: dpa)
Polizisten begleiten Flüchtlinge nach ihrer Ankunft aus Budapest durch den BahnhofBild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Die Flüchtlingskrise bringt München ans Limit: Erstmals seit Beginn der großen Flüchtlingswanderung vor einer Woche konnte die bayerische Landeshauptstadt nicht mehr garantieren, dass alle Ankommenden sicher eine Notunterkunft bekommen. Angesichts der massenhafter Flüchtlingsankünfte in München suchen die Behörden nach neuen Lösungen. Zeltstädte und die Olympiahalle sollen als Notunterkünfte bereitgestellt werden.

Auch am Abend trafen weitere Züge ein. Bis Mitternacht kamen nach Angaben der Polizei 12.200 Menschen am Münchner Hauptbahnhof an. Manche legten sich im Hauptbahnhof mit Decken und Schlafsäcken auf den Boden. Bis Sonntag mittag seien "mehrer hundert Menschen" hinzugekommen, sagte ein Polizeisprecher.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte gemutmaßt, an diesem Wochenende würden 40.000 neue Einwanderer in Deutschland eintreffen. So viele schienen es nicht zu werden, doch seien die Aufnahmekapazitäten völlig ausgeschöpft, sagte eine Sprecherin des Regierungsbezirks Oberbayern.

Seehofer ruft Kabinett zusammen

Wegen der sich dramatisch zuspitzenden Lage kommt das bayerische Kabinett an diesem Sonntag zu einer Sondersitzung zusammen, um weitere Sofortmaßnahmen zu beschließen.

Neuankömmlige warten auf einen Bus, der sie in eine der Erstaufnahmeeinrichtungen fahren soll (Foto: dpa)
Neuankömmlige warten auf einen Bus, der sie in eine der Erstaufnahmeeinrichtungen fahren sollBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Nach Informationen von ehrenamtlichen Helfern übernachteten einige Menschen auch am Zentralen Busbahnhof. Die Lage werde gerade geprüft, sagte Marina Lessig, Koordinatorin für das ehrenamtliche Engagement, kurz vor Mitternacht. "Wir sind zuversichtlich, dass wir zumindest alle mit dem Notwendigsten versorgen können: Decken, Wasser, Nahrung." Ehrenamtliche und Feuerwehr hätten bereits begonnen, eine Zeltstadt aufzubauen, sagte Lessig. Auch in der Olympiahalle liefen bereits die Vorbereitungen, um dort Flüchtlingen vorübergehend aufzunehmen.

Auch die Bundeswehr half beim Einrichten der Notlager. Feldbetten seien kaum noch zu bekommen, hieß es. Am Abend hatten Helfer die Münchner über die sozialen Medien aufgerufen, Schlafsäcke und Isomatten zu bringen. "Wir haben weit mehr bekommen, als wir brauchen", sagte Lessig. "Wir werden den Aufruf aber noch nicht stoppen, weil wir nicht wissen, was morgen los ist."

"Einfach lächerlich"

Die Lage hatte sich bereits den ganzen Tag über abgezeichnet. "Sie sehen uns durchaus sehr besorgt vor sich", hatte der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand am Abend bereits gesagt. Oberbürgermeister Dieter Reiter kritisierte erneut die mangelnde Unterstützung aus anderen Bundesländern. Außer nach Nordrhein-Westfalen seien am Samstag lediglich acht Busse mit insgesamt 400 Menschen in andere Bundesländer gestartet. "Das ist einfach lächerlich", sagte der Sozialdemokrat. München übernehme gerade eine nationale Aufgabe. Die Situation sei seit Tagen absehbar gewesen. Dennoch habe sich nichts getan. Er sei "bitter enttäuscht, dass es nun auf ein Situation zuläuft, in der wir sagen müssen: Wir haben für ankommende Flüchtlinge keinen Platz mehr." Er finde es seitens der anderen Bundesländer nach zehn Tagen "absolut dreist, zu sagen: wir sind am Anschlag". Wer so spreche, solle sich in München ansehen, was "am Anschlag" bedeute.

Reiter und Hillenbrand wiederholten ihren Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen Bundesländer, München und die Region nicht alleinzulassen. Jeder Zug mit Flüchtlingen, der in einer anderen Kommune ankomme, sei eine Entlastung für München. Denn Tausende weitere Menschen sind auf dem Weg. Die Balkanroute sei voller denn je, hieß es.

Einem Medienbericht zufolge gibt es aus den Bundesländern parteiübergreifend Kritik an Merkel. Mehrere Landesinnenminister hätten in vertraulichen Telefonkonferenzen bemängelt, dass die Länder von Merkels großzügiger Einreiseerlaubnis für Flüchtlinge ohne jede Abstimmung "überrumpelt" worden seien, berichtete die "Welt am Sonntag". Die Ressortchefs warnten vor Chaos bei der Unterbringung der Flüchtlinge und vor Sicherheitsrisiken. "Die Länder sind völlig überrascht worden von der Einreiserlaubnis der Kanzlerin", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Roger Lewentz (SPD). "Wir hätten Zeit für Vorbereitungen gebraucht. Und wir hätten vorher davon wissen müssen." Die Länder seien "in großer Not, weil sie bei der Unterbringung von Flüchtlingen am Limit sind".

Merkel forderte unterdessen erneut, dass sich alle EU-Staaten an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen. "Dies ist nicht nur eine Verantwortung Deutschlands, sondern aller Mitgliedstaaten der EU." Zu den Aufgaben der EU gehöre auch der Schutz ihrer Außengrenzen - auch der Schutz zwischen Griechenland und der Türkei. Merkel rief Griechenland auf, "seiner Verantwortung gerecht zu werden".

stu/wl/kle (afp, dpa, epd)

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