Monsterfeuer in Australien vereinigen sich
10. Januar 2020Die Hiobsbotschaften aus den Brandgebieten in Australien reißen nicht ab: Angefacht durch starke Winde verschmolzen drei Feuer zu einem Großbrand von enormen Ausmaßen. Er erstreckt sich über ein Gebiet von mehr als 600.000 Hektar - eine Fläche mehr als doppelt so groß wie das Saarland. Nach Einschätzung der Feuerwehr begünstigen Trockengewitter den Brand zusätzlich.
In fünf der sechs Bundesstaaten Australiens toben immer noch Hunderte Feuer. "Wir sind weit entfernt vom Ende der Krise und dieser Katastrophe", sagte Premierminister Scott Morrison. Böen mit Geschwindigkeiten bis zu 90 Kilometern pro Stunde sollten laut Vorhersage über das Land fegen. In New South Wales und Victoria gilt in mehreren Regionen weiter der Ausnahmezustand. Die Behörden ordneten Evakuierungsmaßnahmen im Grenzgebiet beider Staaten an.
"Die Bedingungen werden schwierig", erklärte Feuerwehr-Chef Shane Fitzsimmons, der für die ländlichen Regionen von New South Wales zuständig ist. "Die größte Herausforderung sind die heißen, trockenen Winde." Laut der Regierung des Bundesstaates gab es zuletzt 130 Brände, von denen rund 50 nicht unter Kontrolle waren.
In Sydney, Melbourne und anderen Städten gingen erneut Zehntausende Menschen auf die Straße. Sie forderten die Regierung des konservativen Premiers auf, mehr gegen die Erderwärmung zu unternehmen und Australiens massiven Kohleexport zurückzufahren. "Ändere die Politik, nicht das Klima", war auf Schildern der Demonstranten zu lesen.
Regierungschef Morrison wich Fragen von Journalisten aus, die wissen wollten, ob derartige Buschfeuer angesichts des Klimawandels in Zukunft zur Normalität würden. "Sehen Sie, wir haben darüber jetzt schon oft genug geredet", sagte er lediglich.
Der Premierminister bestreitet inzwischen zwar nicht mehr einen Zusammenhang zwischen den Bränden und dem Klimawandel. Er bekräftigte zuletzt jedoch seinen Widerstand gegen eine klimafreundlichere Wirtschaftspolitik.
Australiens Kohleindustrie produziert rund ein Drittel der weltweiten Exporte und schafft Arbeitsplätze in wichtigen Wahlbezirken mit traditionell wechselnden Mehrheiten.
Wegen der Brände steht auch der deutsche Siemens-Konzern unter Druck. Klimaaktivisten und die Grünen verlangen von dem Unternehmen, einen Auftrag zur Lieferung einer Schienensignalanlage für eine geplante Kohlemine in Queensland zu stornieren. Dort soll eines der größten Kohlebergwerke der Welt entstehen, das pro Jahr bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle fördern könnte. Das Projekt wird von Umweltschützern seit Jahren bekämpft.
Siemens-Chef Joe Kaeser erklärte nach einem Gespräch mit Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer, der Konzern werde bis Montag über die geplante Lieferung entscheiden. Der Vorstandsvorsitzende bot Neubauer zugleich einen Sitz in einem Aufsichtsgremium des künftigen Unternehmens Siemens Energy an, in dem das Energiegeschäft gebündelt werden soll.
In Australien wird derweil eine gezielte Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Hinblick auf die Brände beklagt. Forschern zufolge gibt es eine "beispiellose" Desinformationskampagne im Internet. Timothy Graham von der Queensland University of Technology sagte, in Online-Netzwerken werde mit großem Einsatz versucht, den Zusammenhang zwischen Klimawandel und den Bränden zu verschleiern.
2019 war das trockenste Jahr in Australien seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die extreme Dürre ist einer der Hauptgründe für die Buschbrände im Land. Sie wird von vielen Australiern mit dem globalen Klimawandel in Zusammenhang gebracht.
Durch die Brände sind bislang mindestens 26 Menschen ums Leben gekommen. Die Flammen zerstörten eine Fläche von rund zehn Millionen Hektar - fast so groß wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Mehr als 2000 Häuser wurden zerstört. Laut einer Schätzung der Universität Sydney verendeten zudem mehr als eine Milliarde Säugetiere, Vögel und Reptilien in den Flammen.
Der Rat der Versicherungen von Australien schätzt den materiellen Schaden nach neuen Angaben vorläufig auf rund 939 Millionen australische Dollar (rund 582 Millionen Euro).
jj/pg (dpa, afp)