Mongolei - ein "guter Gefährte"
20. Oktober 2018Noch liegt Nebel über den Hügeln der Hauptstadt, die Sonne ist gerade erst aufgegangen. Am Flughafen von Ulan Bator wird Ursula von der Leyen bei ihrer Ankunft im Morgengrauen von mongolischen Militärs begrüßt. Es sind noch nicht die offiziellen militärischen Ehren, aber die Soldaten stehen bereits in Paradeuniform Spalier.
Es ist der erste Besuch der Bundesverteidigungsministerin in dem demokratischen Staat, der an den Ausläufern der Wüste Gobi zwischen der Volksrepublik China und Russland liegt. Die geographische Lage zwischen den beiden Großmächten ist für die Sicherheitspolitik der Mongolei eine Herausforderung. Deshalb versucht Ulan Bator nicht nur, die Beziehungen zu Moskau und Peking zu pflegen. Das Land fährt auch eine "Politik des dritten Nachbarn", wie die Regierung sie nennt: Die Mongolei engagiert sich in internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen sowie als Mittler zwischen der Region und Drittstaaten - wie zum Beispiel der Bundesrepublik Deutschland.
Von der Leyen: "Mongolei ist Stabilitätsanker"
"Für uns ist diese sehr enge Kooperation mit der Mongolei sehr wichtig", sagte Ministerin von der Leyen am Samstag in Ulan Bator. "Sie ist als gefestigte Demokratie in dieser Region ein wichtiger Stabilitätsanker." Umgekehrt, sagte der mongolische Verteidigungsminister Nyamaa Enkhbold, der Von der Leyen erst kurz zuvor in Berlin besucht hatte, habe Deutschland einen wichtigen Beitrag zur Schaffung der demokratischen Gesellschaft in der Mongolei geleistet." Dieses Verhältnis zu stärken, ist ein erklärtes Ziel der Reise Von der Leyens.
Deutschland und die Mongolei kooperieren in Afghanistan
Ausdruck dessen ist eine neue Kooperationsvereinbarung für die gemeinsamen Einsätze in Afghanistan, die beide Verteidigungsminister in Ulan Bator unterzeichnet haben. Bereits seit 2009 kooperieren beide Länder in Afghanistan, seit 2012 beispielsweise in Masar-i-Sharif.
Als "hochprofessionell" lobt von der Leyen das Engagement der mongolischen Armee, die Deutschland dort bei der Sicherung von Feldlagern unterstützt. 40 deutsche Soldaten unterstützen die Ausbildung von rund 1000 mongolischen Soldaten für diese Aufgaben in der Mongolei.
Vor Ort zeigen die mongolischen Streitkräfte der Verteidigungsministerin, was sie gelernt haben: Sanitäts-, Schieß- und Kontrollübungen. Unter den Auszubildenden sind auch einige Soldatinnen, die ersten Mongolinnen, die mit der Bundeswehr trainieren. "Sie sind Pionierinnen", sagt ihnen von der Leyen. "Sie können stolz sein, sie ebnen anderen den Weg."
Deutschlands Herausforderungen in der NATO
Es sind solche militärischen Kooperationen, mit denen sich die Bundeswehr international etabliert hat: Als eine Streitkraft, die sich auf Ausbildung und Friedenserhalt konzentriert. Doch internationale Stimmen fordern mehr von Deutschland, vor allem in seiner Rolle als NATO-Mitglied. Bei der Ende Oktober startenden NATO-Übung "Trident Juncture" in Norwegen wird die Bundeswehr mit rund 7000 Streitkräften einer der größten Teilnehmer sein. Doch das Manöver, in dem unter anderem die Mobilisierungsbereitschaft der Bündnispartner getestet werden soll, ist beispielhaft für die Probleme, die das deutsche Heer derzeit umtreiben. Es geht um Ausstattung und Finanzierung.
Deutschland hadert nach wie vor mit der NATO-Zielvorgabe, bis 2024 zwei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. Mit dieser Zielvorgabe reagierte die NATO unter anderem auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland. Die Mitglieder des Nordatlantikpakts wollen entsprechend reaktionsfähiger werden und die sogenannte Ostflanke ihrer Bündnisregion stärken.
Mongolei: Asiaten mit Hang zu Europa
Einst waren es mongolische Völker gewesen, gegen die Europa seine Ostflanke schützen musste. Heute such die Mongolei friedlichen Anschluss an den Kontinent. Das hat sie 2012 mit ihrem Beitritt zur OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) signalisiert. Doch sie pflegt auch ihre eigene, ihre zentralasiatische Tradition. Auf der Reise von der Leyens darf deshalb ein Termin nicht fehlen: Ein Besuch des Denkmals Dschingis Khans, jenes mongolischen Feldherrn, der einst Gebiete des eurasischen Kontinents eroberte, die heute von China über Vorderasien und Russland bis auf den Balkan reichen würden. Die Tugenden der mongolischen Reiterheere sind bis heute identitätsstiftend für das mongolische Heer, wenngleich die historische Figur ihres Anführers nicht unumstritten ist.
Die Symbolik zählt, und dazu gehört auch, dass von der Leyen anlässlich ihres Besuchs, wie viele Staatsgäste vor ihr, ein Pferd geschenkt bekommt. "Es heißt Andaa", erklärt die Ministerin, nachdem sie dem Tier seinen Namen der Tradition nach ins Ohr geflüstert hat. Das sei Mongolisch und bedeute auf Deutsch: "Guter Gefährte".