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Moderne Sklaverei

Lisa Häuser26. September 2002

Westeuropa wird zunehmend zu einem Zentrum des internationalen Menschenhandels. Hunderttausende Frauen und Kinder werden zur Prostitution gezwungen oder als Haushaltshilfen ausgebeutet.

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Besonders betroffen: Kinder und FrauenBild: AP

"Menschenhandel umfasst nicht nur das Schmuggeln von Menschen über Ländergrenzen, sondern auch das Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnis der Geschmuggelten vor Ort," erklärt Manfred Profazi, Koordinator der Internationalen Organisation für Migration (IOM), im Gespräch mit DW-WORLD. So werden die über die Grenze geschleusten Personen zum Beispiel an Bordelle weitervermittelt und müssen dort für die Menschenhändlerbanden arbeiten. "Etwa 500.000 bis 800.000 Menschen werden weltweit jährlich gehandelt", schätzt Profazi, "vor allem Frauen und Kinder". Das Geschäft mit der "Ware Mensch" lohnt sich: Nach einer Schätzung des amerikanischen Geheimdienstes CIA setzen die Menschenhändler jährlich 7 bis 12 Milliarden Dollar um. Damit ist der Handel mit Menschen nach Drogen- und Waffenhandel das drittlukrativste kriminelle Geschäft weltweit.

"Westeuropa im Zentrum des Sklavenhandels"

Um diesem Misstand entgegenzuwirken, trafen sich letzte Woche mehr als 1000 Teilnehmer zur "Internationalen Konferenz zur Vorbeugung und Bekämpfung des Menschenhandels" in Brüssel. Die IOM hatte die Konferenz in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament ins Leben gerufen. Das bisher größte Treffen zu diesem Thema konzentrierte sich auf drei Themenschwerpunkte, die auch in der Abschlusserklärung, der sogenannten "Brüsseler Erklärung" verankert wurden: Vorbeugung des Menschenhandels durch Beseitigung der Ursachen, Schutz und Hilfe für die Opfer und stärkere Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den Gerichten in Europa.

Warten auf Kundschaft
Bild: Bilderbox

Eine europäische Initiative ist dringend nötig, denn auch Europa ist vom Menschenhandel direkt betroffen. Nach Ansicht der EU-Kommissarin Anna Diamantopoulou steht Westeuropa im Zentrum eines modernen Sklavenhandels. Bis zu einer halben Million Frauen und Kinder würden jährlich in Länder wie Deutschland, Belgien und Italien verschleppt. "Dort werden sie zur Prostitution gezwungen, als Haushaltshilfen ausgebeutet oder zum Schein verheiratet", so Diamantopoulou. Ein Großteil der Frauen, die im Prostituierten - Millieu arbeiten, kommt aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion. "Die Hauptgründe, die Frauen dazu bringen, sich Menschenhändlern anzuvertrauen, sind Armut, mangelnde Chancen auf dem Arbeitsmarkt und sexuelle Diskriminierung in ihren Heimatländern", erklärt Diamantopoulou. Zudem seien sie nicht über die Gefahren informiert.

Falsche Versprechungen

"Händler versprechen Eltern häufig, dass sie ihren Kindern die Möglichkeit geben, eine Ausbildung zu machen oder einen Job zu finden", erläutert Claudia Berker, die Sprecherin der Kampagne gegen Kinderhandel von terre des hommes, gegenüber DW-WORLD. "Der Kinderhandel nach Westeuropa hat alarmierende Ausmaße angenommen", fährt sie fort. Kinder aus Westafrika, Osteuropa und den ehemaligen Sowjetrepubliken werden zur Prostitution und Pornoproduktion gezwungen, oder zum Betteln und Stehlen eingesetzt.

Werden sie von der Polizei aufgegriffen, droht den Illegal Beschäftigten die Abschiebung. Doch das löst nicht das Problem. "Die Kinder fallen in ihren Heimatländern häufig erneut Menschenhändlern zum Opfer", gibt Berker zu Bedenken. Diamantopoulou berichtet, dass geschmuggelte Frauen oft Geld geliehen hätten, um ihr Land zu verlassen. "Diese Schulden können sie oft nicht begleichen. Deshalb fürchten die Frauen, von ihren Familien geächtet zu werden." Zudem drohe ihnen in ihren Heimatländern Festnahmen oder Schikanen seitens der Behörden.

Opferschutz verstärken

Eine Forderung der "Brüsseler Erklärung" ist es deshalb, den Opferschutz zu verstärken. Eine sofortige Abschiebung soll vermieden werden, wenn die Opfer besonderen Schutz benötigen oder zur Ergreifung der Täter beitragen können. "Die letztere Forderung ist in Deutschland schon Gang und Gäbe," erläutert Profazi von der IOM. Vielen Nichtegierungsorganisationen ist das allerdings nicht genug. So fordert "terre des hommes", dass jugendlichen Flüchtlingen die freiwillige und sichere Rückreise in ihr Heimatland garantiert werden müsse.