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Mit Max Kruse zu Olympia in Tokio

6. Juli 2021

DFB-Trainer Stefan Kuntz beruft Max Kruse in den Olympia-Kader und gibt ihm damit eine neue Chance im DFB-Trikot. Der 33 Jahre alte Stürmer des 1. FC Union Berlin gilt als Type - aber nicht unbedingt als pflegeleicht.

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1. FC Union Berlin v DSC Arminia Bielefeld - Bundesliga | Max Kruse
Bild: Maja Hitij/Getty Images Europe/dpa/picture alliance

Typisch Max Kruse. Aus dem Whirlpool im Urlaub in Mexiko analysierte der Profi des Bundesligisten 1. FC Union Berlin auf dem Live-Streaming-Videoportal Twitch die 0:1-Niederlage der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Zwischendurch zog Kruse immer wieder an einer Wasserpfeife, ab und zu lächelte seine Freundin im luftigen Sommer-Look in die Kamera. Schließlich brachte sich der 33-Jährige selbst ins Spiel: "Der Kruse hat gefehlt. So ist das. Aber wenn wir Glück haben, können wir den Kruse bei Olympia sehen. Das wäre geil."

Und genauso wird es jetzt kommen. DFB-Trainer Stefan Kuntz, der kürzlich die deutsche U21-Auswahl zum EM-Titel geführt hatte, berief den exzentrischen Stürmer in seinen Kader für die Olympischen Spiele in Tokio. "Die Bereitschaft, das Olympia-Team zu unterstützen, war in der Bundesliga unterschiedlich", beschwerte sich Kuntz. "Einige große Vereine wollten leider nicht so wie erhofft helfen, umso mehr freue ich mich über die Unterstützung der restlichen Vereine." Wie den 1. FC Union Berlin, der neben Kruse auch Cedric Teuchert abstellt.

Viel Talent, schillernde Persönlichkeit

Kruse ist der Älteste der 19 Spieler im DFB-Team, die versuchen werden, eine weitere olympische Erfolgsgeschichte zu schreiben. Bei den Spielen in Rio de Janeiro 2016 hatte sich die von Horst Hrubesch trainierte DFB-Auswahl im Finale Gastgeber Brasilien mit Superstar Neymar erst nach Elfmeterschießen geschlagen geben müssen. In der Regel dürfen die Fußballer bei Olympischen Spielen nicht älter als 23 Jahre sein, jeder Trainer darf jedoch für seine Mannschaft drei ältere Spieler nominieren. Neben Kruse sind das im Team für Tokio der 24 Jahre alte Nadiem Amiri und der 27 Jahre alte Maximilian Arnold, die 2017 unter Trainer Kuntz U21-Europameister geworden waren. Max Kruses DFB-Karriere verlief bislang eher ruhmlos - was auch an seiner - um es vorsichtig zu formulieren - schillernden Persönlichkeit lag.

1. Bundesliga SC Freiburg gegen Borussia Mönchengladbach Max Kruse
Max Kruse in seiner Zeit beim Bundesligisten SC FreiburgBild: picture-alliance/dpa

Als junger Spieler galt der in der Kleinstadt Reinbek bei Hamburg geborene und aufgewachsene Kruse als eines der vielversprechendsten deutschen Sturmtalente. 2013, damals in Diensten des Bundesligisten SC Freiburg, wurde er zum "Newcomer der Saison" gewählt. Am 29. Mai 2013 gab er unter Bundestrainer Joachim Löw sein Debüt in der A-Nationalmannschaft: in einem Testspiel gegen Ecuador. Wenige Tage später erzielte er gegen die USA das erste seiner insgesamt vier Tore für das DFB-Team. Obwohl Kruse auch bei seinem neuen Verein Borussia Mönchengladbach eine starke Saison spielte, nahm ihn Löw nicht mit zur WM 2014. Die Boulevard-Presse vermutete den Grund darin, dass Kruse während einer Länderspielreise im November 2013 Damenbesuch erhalten habe.

Von Löw aussortiert

Nach der WM in Brasilien bestritt Kruse noch einige Länderspiele, ehe ihn Löw im März 2016 aus disziplinarischen Gründen nach 14 Auftritten im Nationaltrikot endgültig aussortierte. Kruse habe sich "zum wiederholten Male unprofessionell verhalten", sagte Löw. "Das akzeptiere ich nicht." Der Bundestrainer bezog sich auf zwei Vorfälle innerhalb weniger Tage. Zunächst verlor Kruse bei einer nächtlichen Taxifahrt in Berlin 75.000 Euro, angeblich Geld aus einer Pokerrunde. Kruse ist ein begeisterter Pokerspieler. Wenige Tage später entriss er in einer Berliner Diskothek einer Boulevard-Reporterin ihr Handy und versuchte Bilder zu löschen, die sie von dem feiernden Profi gemacht hatte.

Fußball Euro 2016 Qualifikation Deutschland Georgien
Max Kruse (Mitte) 2015 im Trikot der deutschen Nationalmannschaft Bild: Getty Images/Bongarts/M. Hangst

"Was viele Leute denken, ist mir relativ egal", sagte Kruse, nachdem er 2020 seinen Vertrag bei Fenerbahce Istanbul kündigte: wegen ausstehender Gehaltszahlungen. Der Verein verklagte den Stürmer, der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich und einer Nachzahlung an Kruse, angeblich in Höhe mehrerer Millionen Euro. Kruse hat in seiner Karriere außer für Union, Freiburg und Mönchengladbach auch für Werder Bremen gespielt, den FC St. Pauli und den VfL Wolfsburg - mit Aufs und Abs, gefeiert und verflucht, immer wieder auch mit Eskapaden.

Sicherer Elfmeterschütze

Bei Union Berlin, wo Kruse seit mehr als einem Jahr sein Geld verdient, gehört der Routinier zu den Leistungsträgern: In der vergangenen Saison erzielte er elf Treffer und gab vier Torvorlagen. Kruse gilt übrigens als extrem treffsicherer Elfmeterschütze. Das könnte für die Olympia-Auswahl beim Turnier in Tokio von großem Nutzen werden. Kruse ist jedenfalls bis in die Fußspitzen motiviert. Die Nominierung sei die "Krönung meiner bisherigen Karriere", sagte Kruse. "Im Trikot der deutschen Nationalmannschaft ein Turnier zu spielen, ist eine große Ehre." Die ihm bisher nicht vergönnt war, weil er sich allzu oft selbst im Weg stand.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter