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Politik

Mit "German Angst" ins neue Jahr

9. Januar 2020

Sechs von zehn Deutschen gehen besorgt ins Jahr 2020. Das geht aus dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend hervor. Migration und Klimaschutz sind die wichtigsten Themen für die Bürger.

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Gewitterwolken, Regenbogen, Reichstag, Berlin
Bild: picture-alliance/Global Travel Images

Immer weniger Flüchtlinge kommen nach Deutschland, dafür mehr Studenten und Arbeitnehmer. So geht es aus dem aktuellen Migrationsbericht der Bundesregierung hervor. Trotzdem ist und bleibt das Thema Zuwanderung für die Bürger das wichtigste Problem, mit dem sich die Politik ihrer Meinung nach beschäftigen soll. Das ist aus dem ersten ARD-Deutschlandtrend im Jahr 2020 zu entnehmen.

Allerdings haben sich in der Liste der drängenden Probleme die Gewichte verschoben. Waren vor zweieinhalb Jahren noch fast die Hälfte der Deutschen der Meinung, dass die Migration ein drängendes Problem ist, sind es jetzt nur noch ein Drittel der vom Meinungsforschungsinstitut infratest dimap Befragten. Dafür hat die Zahl derjenigen, die den Klimaschutz als sehr wichtig einschätzen, deutlich erhöht.

Infografik DT20 01 Wichtige Fragen DE

Wird alles besser? Eher nicht

Insgesamt geht nur ein Drittel der Deutschen zuversichtlich ins neue Jahr. Die Mehrheit, nämlich 60 Prozent, blicken besorgt in die Zukunft. Neu ist das nicht. Auch zu Beginn des Jahres 2019 überwogen die Skeptiker. Die "German Angst" ist und bleibt fast konstant. Weniger Sorgen machen sich die Bürger über die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Daran ändert auch die zuletzt stockende Konjunktur wenig. Die arbeitsmarktpolitischen Erwartungen bleiben entsprechend positiv. Unter den Erwerbstätigen überwiegt die Einschätzung, dass ihre Chancen auf Erhalt ihres jetzigen Arbeitsplatzes oder auf den Wechsel in eine neue und bessere Tätigkeit in den kommenden Jahren eher steigen als sinken werden.

Weniger optimistisch sind die Deutschen, wenn es um die Entwicklung des eigenen Lebensstandards geht: 40 Prozent rechnen mit einem wachsenden Lebensstandard, ein gutes Drittel dagegen mit einem sinkenden. In Fragen der Digitalisierung zeigen sich die Deutschen zu Beginn des neuen Jahrzehnts alles andere als technikskeptisch: Sechs von zehn erwarten, dass die Digitalisierung ihren Alltag in den kommenden Jahren erleichtern statt erschweren wird.

Die große Koalition kann nicht überzeugen

Die Sicht der Deutschen auf die Bundespolitik fällt zu Beginn des neuen Jahrzehnts erneut nüchtern aus. Auch wenn die schwarz-rote Koalition im Urteil leicht besser abschneidet als zum Jahresende, üben nach wie vor knapp zwei Drittel der Bundesbürger Kritik an der Regierungsarbeit, nur ein gutes Drittel äußert sich zufrieden.

Infografik DT20 01 Zufriedenheit mit der Regierung DE

Gemessen an ihren gemeinsamen Kompetenzwerten leiden die Berliner Regierungsparteien vor allem in den Bereichen Umwelt, Zuwanderung und Digitalisierung unter Vertrauensdefiziten. In Fragen der Digitalisierung überzeugen Unionsparteien und Sozialdemokraten zusammen nur knapp ein Drittel der Befragten, in der Zuwanderungspolitik nur unwesentlich mehr. In der Umwelt- und Klimapolitik setzt aktuell sogar nur jeder fünfte Wahlberechtigte auf Union und SPD.

Wie kompetent sind die Parteien?

Ein vergleichsweise großes Sachvertrauen in die Volksparteien haben die Bürger insbesondere in Fragen der Außen-, Familien- und Wirtschaftspolitik, ebenso bei der inneren Sicherheit und der Terrorbekämpfung. Hier vertraut jeweils mindestens die Hälfte der Bundesbürger auf Union und SPD.

Infografik DT20 01 Parteikompetenz I DE

Gegenüber der letzten Bundestagswahl haben beide Koalitionspartner in der Bevölkerung an sachpolitischem Rückhalt verloren. Die Sozialdemokraten deutlich stärker, sie verlieren in fast allen Bereichen. Die Bundestagsopposition kann diese Kompetenz-Vertrauenseinbußen nur zum Teil kompensieren. Der Anteil der Bundesbürger, die keiner Partei Lösungen in den einzelnen Politikfeldern zutraut, ist gegenüber der Bundestagswahl durchweg gestiegen.

Infografik DT20 01 Parteikompetenz II DE

Bei der inneren Sicherheit und der Terrorbekämpfung überzeugt die AfD derzeit mehr Wahlberechtigte als die Sozialdemokraten, ebenfalls in der Ausländer- und Zuwanderungspolitik. In Wirtschafts- und Digitalisierungsfragen setzen momentan mehr Bürger auf die Liberalen, in der Verkehrspolitik mehr auf die Grünen.

Union gewinnt, SPD bleibt im Tief

Die politische Stimmung in Deutschland ist zum Jahresauftakt weitgehend stabil. Wenn am kommenden Sonntag ein neuer Bundestag gewählt würde, könnte die Union im Vergleich zum Dezember um zwei Prozentpunkte zulegen. Zweitstärkste Kraft würden die Grünen werden, die nach wie vor hohe Zustimmungswerte erreichen.

Infografik DT20 01 Sonntagsfrage DE

Die SPD kommt nach wie vor nur auf magere 13 Prozent. Das ist bitter für die Sozialdemokraten, die Anfang Dezember mit großem Aufwand und einem Mitgliederentscheid eine neue Parteiführung gewählt haben. Obwohl die Doppelspitze aus Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sich seitdem häufig politisch zu Wort gemeldet hat, sind beide in der Bevölkerung noch weitgehend unbekannt. Nicht einmal jeder zweite Deutsche kennt Esken, die im ARD-Deutschlandtrend in der Liste der beliebtesten Politiker auf Platz zwölf hinter AfD-Chefin Alice Weidel rangiert. Walter-Borjans wird gar nicht genannt.

Beliebteste Politikerin bleibt Bundeskanzlerin Angela Merkel. 53 Prozent der Befragten sind mit ihrer Arbeit zufrieden, das ist im Vergleich zum Dezember ein Plus von sechs Prozent. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer verliert weiter an Zustimmung. Nur noch 23 Prozent der Befragten bewerten sie positiv.