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Milliarden für mehr Klimaschutz

Sabine Kinkartz, Berlin19. Mai 2015

Zwei Tage wurde in Berlin die UN-Klimakonferenz vorbereitet, die Ende des Jahres in Paris stattfinden wird. Zum Abschluss sagte die Bundeskanzlerin mehr finanzielle Unterstützung für die Entwicklungsländer zu.

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Deutschland 6. Petersberger Klimadialog in Berlin (Greenpeace Demonstration) (Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images).
Bild: T. Schwarz/AFP/Getty Images

Sechs Meter misst das zu einem Windrad umgebaute Modell des Pariser Eiffelturms, mit dem Greenpeace vor dem Brandenburger Tor für eine globale Energiewende ohne Atom und ohne Kohle demonstriert. Den Eiffelturm hat die Umweltschutzorganisation gewählt, weil Ende des Jahres in Paris die Welt-Klimakonferenz der Vereinten Nationen stattfindet. Was dort beschlossen werden kann, soll und muss, darüber gehen die Meinungen noch weit auseinander. Wie weit, das zeigt der "6. Petersberger Klimadialog".

Zwei Tage debattierten 37 Minister aus allen Ländergruppen dieser Welt auf dem informellen Treffen in Berlin. Grundsätzlich sind sich Industrieländer, Schwellen- und Entwicklungsländer einig, dass die Erderwärmung auf zwei Grad - gemessen an den Durchschnittstemperaturen zu Beginn der Industriealisierung - begrenzt werden müsste. Es gebe den politischen Willen, zu einem Erfolg zu kommen, resümierten Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und der französische Außenminister Laurent Fabius. Aber wer soll am meisten Verzicht üben, um dieses Ziel zu erreichen? Wem kommt die meiste Verantwortung zu? Wer soll für den Klimaschutz bezahlen?

Merkel und Hollande wollen Verbindlichkeit

Fragen, die einstimmig beantwortet werden müssen, denn ein neues Weltklimaabkommen kann nur in Kraft treten, wenn der Vertrag von allen der rund 195 Staaten weltweit unterschrieben wird. 2009, bei der Klimakonferenz in Kopenhagen ging das schief, die Konferenz endete im Streit. Ein Desaster für den Klimaschutz, das sich in Paris nicht wiederholen soll. Frankreich und Deutschland wollen die nächste Weltklimakonferenz zu einem Erfolg machen. Deswegen kamen der französische Präsident Francois Hollande und Bundeskanzlerin Angela Merkel auch persönlich auf den "Petersberger Klimadialog".

"Wir haben die Pflicht, zum Erfolg zu kommen", sagte Hollande in Berlin. "Wir können es schaffen, dass Paris ein Erfolg wird", gab sich die Kanzlerin optimistisch. Die Preise für Wind- und Solarparks seien weltweit drastisch gesunken, erneuerbare Energien somit erschwinglich geworden. Trotzdem bleibe die große Frage, wie die Welt den Weg zu einer emissionsfreien Entwicklung schaffen könne. Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass die weltweite Wirtschaft ab Mitte des Jahrhunderts weitgehend kohlenstoffneutral arbeiten muss, um das Zwei-Grad-Ziel bis zum Ende des Jahrhunderts erreichen zu können.

Deutschland 6. Petersberger Klimadialog in Berlin: Angela Merkel (R) und Francois Hollande (L) (Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images).
Merkel und Hollande wollen die Klimakonferenz in Paris zu einem Erfolg machenBild: T. Schwarz/AFP/Getty Images

Zu viele Emissionen

Noch liegt der Ausstoß der schädlichen Treibhausgase weit über dem anvisierten Ziel. Bis zum Sommer sollte daher jeder Staat ambitionierte nationale Klimaschutzziele vorlegen. Offiziell haben 40 Länder - darunter die EU-Staaten - ihre Pläne benannt, die in dem künftigen globalen Abkommen aufgeführt werden sollen. China und Japan wollen ihre Pläne im kommenden Monat präsentieren, Brasilien im August.

Die EU-Mitgliedsstaaten wollen ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 verringern. Dafür soll der Anteil der erneuerbaren Energien auf mindestens 27 Prozent gesteigert werden. Gleichzeitig soll die Energieeffizienz ebenfalls um 27 Prozent erhöht werden. Diese Ziele seien aber nur die Basis für den Beitrag der Europäischen Union zum internationalen Klimaschutzabkommen, erklärt Merkel. "Das Wort 'mindestens' hält in jedem Fall die Tür offen, im Lichte der internationalen Verhandlungen auch noch einmal zu überlegen, ob wir über die internen Ziele der EU hinaus gehen können, zum Beispiel durch die Nutzung internationaler Emissions-Gutschriften."

Infografik: Globale Treibhausgasemissionen nach Sektoren (Grafik: DW).
Eine emissionsfreie Entwicklung ist noch in weiter Ferne

Ohne Ehrgeiz geht es nicht

Deutschland habe den Ehrgeiz, die Emissionen bereits bis 2020 um 40 Prozent zu senken. "Bis 2050 wollen wir 80 bis 95 Prozent erreichen", verspricht Merkel. Ein anspruchsvolles Ziel, dessen Umsetzung noch mit vielen Fragezeichen versehen ist. Das räumt auch die Bundeskanzlerin unumwunden ein. "Wir arbeiten mit Hochdruck an der Umsetzung, denn wir sind noch nicht ganz am Ziel. Wir müssen es ja immer wieder schaffen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die ambitionierten Klimabeiträge zusammen zu bekommen."

Doch das geht nicht nur Deutschland so und auch Merkel weiß, dass die bislang vorgelegten nationalen Beiträge zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes bei weitem nicht ausreichen werden. "Wir werden in Paris erleben, dass es noch mehr Engagement brauchen wird, um das Zwei-Grad-Ziel wirklich zu erreichen, als wir heute auf dem Tisch haben." Die Kanzlerin, und auch der französische Präsident, sprechen sich dafür aus, sich in Paris auf eine Reduktion der Treibhausgase um mindestens 60 Prozent gegenüber 2010 als globales Langfristziel zu einigen.

Wo bleiben die versprochenen Milliarden?

Viele, vor allem arme Länder werden sich auf das Klimaschutzabkommen aber nur einlassen, wenn sie finanzielle Unterstützung erhalten. Die Industrieländer haben 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr zugesagt. Es sei wichtig für die Vertrauensbildung, dass endlich etwas bei den betroffenen Ländern ankomme, betonte Angela Merkel. "Viele Länder, die auf Gelder angewiesen sind, hören unentwegt von großen Summen, aber wenn man fragt, was ist jetzt wirklich angekommen, dann ist die Umsetzung noch sehr mangelhaft." Zehn Milliarden US-Dollar stehen aktuell für den grünen Klimafonds zur Verfügung. Die Kanzlerin drängt darauf, erste Projekte noch in diesem Jahr auszuwählen und zu starten. "Das ist dringend notwendig", so Merkel.

"Wenn wir es nicht schaffen, uns in der Frage der Finanzierung zu verständigen, wird es kein Abkommen in Paris geben", prophezeit der französische Präsident Hollande. Deutschland will nun mit gutem Beispiel vorangehen und einen deutlich höheren Anteil an der Finanzierung der weltweiten Klimaschutzziele beisteuern. Merkel kündigt an, den deutschen Anteil an der internationale Klimafinanzierung bis zum Jahr 2020 gegenüber 2014 zu verdoppeln. Das würde einer Steigerung von jährlich zwei auf vier Milliarden Euro entsprechen.

Merkel während einer Rede beim 6. Petersberger Klimadialog in Berlin (Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images).
Merkel will ärmere Länder mit mehr Milliarden-Hilfen unterstützenBild: T. Schwarz/AFP/Getty Images

Dazu käme noch die Verdoppelung der Kredite der staatlichen KfW-Bank auf drei Milliarden Euro von zuletzt 1,5 Milliarden Euro. "Deutschland steht zu seiner Zusage und wir werden einen fairen Anteil übernehmen", betont Merkel.

Klimakanzlerin Merkel?

Die Kanzlerin hat auch dafür gesorgt, dass das Thema Klimaschutz auf dem G7-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft Anfang Juni ganz oben auf der Tagesordnung stehen wird. Das war ursprünglich gar nicht vorgesehen, zumindest nicht an so zentraler Stelle. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace beeindruckt das wenig. Deutschland müsse viel mehr Einsatz zeigen und mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn die 35 ältesten Kohlekraftwerke in Deutschland abgeschaltet würden, könne Deutschland jährlich 70 Millionen Tonnen CO2-Austoß einsparen. Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse Farbe bekennen und sich entscheiden, ob sie als Klimakanzlerin oder als Kohlekanzlerin in die Geschichtsbücher eingehen wolle.